+++Meinung+++
Einer aus der Redaktion sollte ja schon mal in die neue Animationsserie „Jurassic World: Neue Abenteuer“ auf Netflix reinschauen, nachdem sie kurz nach ihrem Start direkt in den Top-Ten des Streamingdienstes gelandet war. Na gut, also hab ich mich geopfert, obwohl ich nicht wirklich Lust hatte. Im Hinterkopf hatte ich noch, dass ich bei Sichtung des ersten Trailers laut lachen musste und „What the fuck“ vor mich hingemurmelt habe – und das nicht aus begeisterter Überwältigung!
Nein im Ernst, den Trailer fand ich so doof wie schon lange nichts mehr, ich fand, dass die Animationen (bis auf die Dinos) richtig schlecht aussahen. Und das Ganze wirkte für mich wie Kinderkram und das im schlechteren Sinne – denn gegen gut gemachte Serien für Kinder habe ich absolut nichts.
So habe ich also, der lieben Arbeit wegen, doch mal in „Jurassic World: Neue Abenteuer“ reingeschaut – und das war gut so! Denn die Serie hat mich positiv überrascht und ich habe tatsächlich nach Folge 1 weitergeschaut. Etwas, das ich in jüngster Zeit bei großen Vorzeige-Serien wie Netflix‘ „Biohackers“ und dem ARD-Event „Oktoberfest 1900“ NICHT getan habe (und das will schon was heißen, wenn ich eine Serie nach nur einer Folge abbreche).
„Jurassic World: Neue Abenteuer“ ist nämlich gar nicht mal so mies, wie es mich der Trailer vermuten ließ. Die Animation entpuppt sich als durchaus akzeptabel, vor allem die der Dinos ist sogar richtig gut, was sich ja auch schon in der Vorschau andeutete. Und das überrascht eigentlich nicht, denn hinter der Serie steht mit DreamWorks Animation immerhin Steven Spielbergs Animationsschmiede, die auch für Kino-Hits wie „Shrek“, „Drachenzähmen leicht gemacht“ und „Die Croods“ verantwortlich ist.
Echtes "Jurassic Park"-Flair
Viel wichtiger aber noch: Die Serie ist unterhaltsam und transportiert das – teils bedrohliche – „Jurassic Park“-Flair auf so überzeugende Weise, wie ich es in Erwartung einer „Kinderserie“ nicht vermutet hatte.
Das liegt nicht zuletzt an dem absolut überzeugenden Einsatz von Musik und Geräuschen – und den sehr vielen Verweisen auf das „Jurassic Park“- bzw. „Jurassic World“-Kino-Franchise, sodass man den Eindruck gewinnt, hier wirklich eine in das große Ganze eingebettete Geschichte zu sehen. Von John Hammond (Richard Attenborough) ist da die Rede und auch von Dr. Grant (Sam Neill) und Claire Dearing (Bryce Dallas Howard).
Ein Highlight ist aber die Musik von Leo Birenberg, die viele der ganz großen „Jurassic Park“-Themen von John Williams aufgreift. Und wenn der Velociraptor kreischt und der T-Rex brüllt, hört sich das genauso an wie im Kino. Das trägt ungemein zur Atmosphäre der Serie bei und lässt „Jurassic Park“-Fans in wohligen Erinnerungen schwelgen.
Nostalgiker werden gut bedient
Überhaupt „Jurassic Park“: Irgendwie fühlt sich „Jurassic World: Neue Abenteuer“ so an, als würde man noch einmal auf die allererste Reise in den Dino-Park geschickt werden, nur eben diesmal mit Kindern statt mit Erwachsenen – ein jüngeres Publikum kann hier noch einmal erleben, was dessen Eltern damals bei „Jurassic Park“ im Kino gefühlt haben dürften.
An so viele Szenen aus dem großen Original wird da direkt verwiesen, sei es der erste Anblick der majestätischen Insel, die Fahrt durch das große Tor, der erste Besuch im Labor mit einem schlüpfenden Dino und sogar ein riesiger Dunghaufen, durch den sich in „Jurassic Park“ Dr. Ellie Sattler (Laura Dern) wühlt. Und natürlich darf auch Mr. DNA nicht fehlen.
Bei so viel Nostalgie war die Geschichte für mich dann eher zweitrangig. Wie soll die auch schon aussehen: Menschen geraten auf der Dino-Insel in Gefahr, meist aus eigener Dummheit. Zunächst nervte es mich ein wenig, dass sich die Jugendlichen im Dino-Camp tatsächlich oftmals wie die letzten Idioten verhielten und sehenden Auges in ihr Unglück rannten – aber ehrlich gesagt verhält es sich mit den Erwachsenen in den Kinofilmen da auch nicht gerade anders. Und würde jeder immer nur brav den Regeln folgen, gäbe es eben auch kein Drama.
Animation ist Geschmackssache – aber die Dinos kommen gut!
An den recht detailarmen Animationsstil der menschlichen Figuren gewöhnt man sich schnell, ich bin da durch Pixar und Co. auch einfach verwöhnt. Schalte ich zwischendrin mal in eine der aktuellen Animationsserien für Kinder wie zum Beispiel „Feuerwehrmann Sam“ ein, rollen sich mir viel eher die Zehennägel hoch. Dafür sehen die Dinos und die Hintergründe eben echt gut aus!
Wichtiger als die Figurenzeichnung in der Animation ist mir da doch die Figurenzeichnung die Charaktere betreffend. Und siehe da, ich hätte es kaum für möglich gehalten, aber die Teens im Camp Kreidezeit mit ihren Problemen und Macken kommen glaubhaft rüber und haben mich amüsiert (der kotzende Ben mit seiner Keim-Phobie) und berührt (Darius mit seiner Vater-Geschichte).
Steven Spielberg: "Macht keine Kiddy-Serie!"
Dass mich die Serie dann doch auch angesprochen hat, dürfte auch daran liegen, dass sie sich mit ihrem hohen Tempo und den vielen lebensgefährlichen Situationen für die Protagonisten eben nicht ausschließlich an Kinder richtet – aufgrund ihrer teils doch recht angsteinflößenden Dino-Szenen dann doch eher an Jugendliche und junge Erwachsene. Dafür hat Steven Spielberg gesorgt – und wenn Spielberg für irgendwas bürgt, erweist sich das meiner Erfahrung nach meist als Qualitätssiegel.
So hat „Neue Abenteuer“-Showrunner Scott Kreamer gegenüber io9 bestätigt, dass Steven Spielberg bei der Serie ein Wörtchen mitzureden hatte und vor allem sichergestellt hat, dass diese nicht zu einer „Kiddy-Version“ von „Jurassic World“ verkommt.
Die Filmemacher-Legende gab von vornherein die Order, dass sich auch die Animationsserie wie die großen Vorbilder „Jurassic Park“ und „Jurassic World“ anfühlen müsse.
Fazit: Unterhaltsamer Snack für Dino-Fans
So, jetzt hört sich das alles wie ein große Loblied an – das ist es wiederum auch nicht. Meine Erwartungen waren nach den Trailern nur eben sehr, sehr niedrig und ich wurde positiv überrascht und gut unterhalten. Was lernen wir daraus? Nicht von Trailern in die Irre führen lassen!
Ich hab mich zwar nicht direkt verführt gefühlt, das Ganze am Stück durchzubingen (was ich als erklärter Serien-Junkie häufig tue).
Aber die mit ihren ca. 25 Minuten knackig gehaltenen Folgen sind ein unterhaltsamer Snack für alle, die das „Jurassic World“-Franchise mögen und sich bis zum Start von „Jurassic World 3: Dominion“ am 10. Juni 2021 die Zeit vertreiben wollen – und das ganz ohne ein Alibi-Kind neben sich auf dem Sofa sitzen haben zu müssen.
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