+++ Meinung +++
Keine Ahnung, wo das herkommt, aber ich habe eine kleine Schwäche für dämliche, billige Horrorfilme. Es sollte nicht so billig sein wie Trash der Sorte „Ebola Rex“, einfach weil so was halt überhaupt nicht mehr gruselig ist (und ich so Trash mit Ansage eh nicht besonders sympathisch finde). Aber wenn mich eine Woche geschlaucht hat, dann hilft mir ein simpler, ambitionsloser Monster-Horrorfilm mit klaren Fronten vortrefflich dabei, mich von der Komplexität des Alltags zu entspannen.
Vergangenen Sonntagvormittag war mir also mal wieder nach einem dieser dämlichen Monsterfilme. Amazon Prime Video scheint dahingehend eine reichhaltige Auswahl zu bieten, und aus irgendeinem Grund bin ich dann beim Stöbern bei „Die Nacht der Vogelscheuche“ hängengeblieben (vielleicht, weil die Vogelscheuchen-Sequenz aus „Scary Stories To Tell In The Dark“, die ich ein paar Tage vorher gesehen hatte, noch das Beste an dieser lahmen Hochglanz-Horrorgurke war und meine Lust auf mehr Vogelscheuchen angefixt hat).
Auf dem bei Amazon sichtbaren Cover zu „Die Nacht der Vogelscheuche“* hält ein gruseliger Vogelschreck seine Mistgabel bedrohlich in Richtung des Betrachters und der Titel allein schon verspricht simplen Monster-Horror vom Feinsten. Die Vogelscheuche hatte mich am Haken (ok, diese Metapher passt nicht ganz, aber ihr wisst, was ich meine)!
Ich war also voll darauf eingestellt, einfach nur ein paar Mistgabel-Morde zu sehen, die sich mit langweiligen „Ich checke mal schnell Twitter“-Füll-Szenen abwechseln, was das perfekte Programm für meinen Sonntagmorgen gewesen wäre.
Stattdessen bekam ich eine vortrefflich inszenierte Rache-Geschichte über die Engstirnigkeit eines kleinen Dorfes, mit einer unschuldigen, berührenden Freundschaft mittendrin.
Horror-Juwel im Misthaufen
Ich war halt einfach unwissend, denn der fürs Fernsehen produzierte „Die Nacht der Vogelscheuche“ hat sich seit Erscheinen 1981 längst seine kleine, feine Fan-Gemeinde von Menschen aufgebaut, die eben mehr wollen als einen billigen Monsterfilm. Und wo ich nach wie vor nicht finde, dass an billigen Monsterfilmen irgendwas falsch ist, bietet „Die Nacht der Vogelscheuche“ halt viel mehr als das.
Kurz zum Plot, weil der durchaus wichtig ist: Die Geschichte des Horrorfilms, der auch unter den Titeln „Die Rache des Gelynchten“, „Nacht für Nacht“ und „Scarecrow – Ein Toter schlägt zurück“ vermarktet wurde, spielt in einem kleinen, ländlichen Dorf in den USA. Einerseits ist es dort wirklich schön, wenn Bubba Ritter (Larry Drake) und seine kleine Kumpel-Freundin Marylee (Tonya Crowe) zusammen vor hübscher Landkulisse Blumen suchen.
Andererseits wohnen auf dem Dorf Menschen, die den erwachsenen Bubba, der geistig auf dem Stand eines Kindes ist, für gefährlich und ohnehin Schuld an allem Übel der Welt halten.
Als Marylee in Bubbas Anwesenheit von einem Hund angegriffen wird, nimmt der besonders engstirnige Postbeamte Otis P. Hazelrigg (Charles Durning), zwei Dinge an, die beide nicht stimmen: Marylee sei tot und Bubba sei ihr Mörder (musste ja irgendwann passieren!). Otis trommelt einen Lynch-Mob zusammen, der Bubba tötet. Kurz darauf wird klar, dass Marylee noch lebt und Bubba ihr sogar das Leben rettete.
Eine berührende, gruselige Geschichte
Die Mitglieder des Lynch-Mobs kommen ungestraft davon, doch alsbald scheint eine höhere Macht für blutige Gerechtigkeit zu sorgen: Einer nach dem anderen werden Bubbas Häscher attackiert, womit – ihr könnt es euch denken – eine Vogelscheuche zu tun hat. Diese Horrorsequenzen sind stark, weil sich darin eine beklemmende Spannung beständig steigert und beim Morden auch gerne mal bäuerliche Gerätschaften – Stichwort Häxelmaschine – zum Einsatz kommen.
Vor allem aber ist „Die Nacht der Vogelscheuche“ ein beklemmender Film, weil einem die dargestellte dörfliche Engstirnigkeit den Atem raubt – ohne dass die ganze Dorfgemeinschaft als borniert rüberkäme. Und über allem steht die unschuldige Freundschaft zwischen Marylee und Bubba, die dem Vogelscheuchen-Horror eine ungeahnte Süße gibt.
Ihr könnt „Die Nacht der Vogelscheuche“ im Abo von Amazon Prime Video gucken*. Angeboten wird zwar nur die deutsche Fassung, aber die ist ok und außerdem schaltet der Film gegen Ende kurz auf Englisch um.
*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.