Als „Judge Dredd“ 1995 in die Kinos kam, war der Science-Fiction-Actioner mit Sylvester Stallone der Abschluss eines langen Prozesses, in den zwischenzeitig eine Vielzahl von Regisseuren, Drehbuchautoren und potenzielle Hauptdarsteller involviert waren. In der Traumfabrik Hollywood sind solche Produktionsgeschichten keine Seltenheit – aber normalerweise dauert es keine 25 Jahre, bis herauskommt, was hinter den Kulissen wirklich abgelaufen ist. Aber genau das ist nun bei „Judge Dredd“ der Fall.
Zwar wussten wir, dass auch Arnold Schwarzenegger mal für die Rolle im Gespräch war – aber das ist ja auch keine Überraschung, schließlich waren der „Terminator“-Star und Sylvester Stallone in den Neunzigern bei so ziemlich jedem Rollenangebot potenzielle Konkurrenten für den Part. Aber in was für einer Art von Film Schwarzenegger dann mitgespielt hätte, ist schon überraschend – und dieses Geheimnis wurde nun erst mit einem Vierteljahrhundert Verspätung gelüftet.
Der stärkste Bösewicht
Der Autor Peter Briggs, der Jahre später gemeinsam mit Guillermo del Toro das Skript zu „Hellboy“ geschrieben hat, erhielt Anfang der Neunzigerjahre den Auftrag, ein Drehbuch für „Judge Dredd“ zu schreiben – und in einem Interview mit dem Horrorportal BloodyDisgusting enthüllte er nun, wie seine Version der Comic-Adaption ausgesehen hätte:
„Ich wusste eigentlich schon, was ich mit der Story machen wollte. [...] Wenn man ‚Batman‘ macht, setzt man sich hin und nimmt den Joker. [...] Weil er der stärkste Bösewicht ist. Wenn die Chance besteht, dass man nur einen Film machen kann, dann nimmt man den stärksten Bösewicht. Also wollte ich von Anfang an Judge Death machen.“
Das steckt hinter Judge Death
Judge Death und seine sogenannten Dark Judges sind untote, interdimensionale Versionen der regulären Judges, zu denen auch Dredd gehört: „Sie sind die Antithese zu dem, wofür das Judge-System steht. Sie stammen aus einem Paralleluniversum, in dem alles Leben verboten ist. Leben ist das ultimative Verbrechen und Tod ist die Strafe!“
In seinem Skript wollte Briggs ursprünglich die ersten beiden Comic-Bände über die Dark Judges kombinieren: In diesen kommt zunächst Judge Death nach Mega City One, wo er schließlich von Judge Dredd besiegt wird. Aber dann befreien ihn seine Mitstreiter Judge Fear, Judge Fire und Judge Mortis – woraufhin sie gemeinsam ein weiteres Mal angreifen.
Mit Horroreinschlag
Seine Motivation erläutert Briggs dabei folgendermaßen: „Obwohl es eine Comicverfilmung war, obwohl es Science-Fiction war, sollte es auch ein Horrorfilm werden. Genauso wie die Comicvorlage, wenn ihr die kennt. Judge Death steckt seine Hände in Leute und zerquetscht ihnen das Herz. Wir wären weit ins Horror-Territorium vorgedrungen.“
Wir lehnen uns mal aus dem Fenster und prognostizieren rückwirkend: Diese Version des Stoffes hätte Mainstream-Zuschauer womöglich vergrault – aber bei den Fans der „Dredd“-Comics wäre sie bestimmt sehr viel besser angekommen als der Stallone-Film, der dann doch von den meisten Kennern der Vorlage abgelehnt wurde.
Helm oder kein Helm, das ist die Frage
Wie schwierig es war, in den Neunzigern einen richtigen „Dredd“-Film zu machen (damals galten Comics noch als schwierig statt als sichere Bank), zeigt sich schon am Umgang mit der Frage, ob Judge Dredd seinen Helm abnehmen darf. Briggs verrät, dass er das in seiner Version natürlich niemals getan hätte – eben wie in den Comics.
Aber während wir heutzutage etwa durch „The Mandalorian“ wissen, dass man sehr wohl erfolgreich eine Geschichte mit einem behelmten Protagonisten erzählen kann, haben die Produzenten damals überhaupt nicht eingesehen, warum sie viel Geld für einen Star wie Stallone (oder Schwarzenegger) ausgeben sollten, wenn sie dann nicht einmal sein Gesicht zeigen dürfen. Das war einer der Konflikte, der Briggs schließlich den Job gekostet hat.
Stallone statt Schwarzenegger
Sowieso sind die Produzenten damals offenbar nicht nur mit der Vorlage, sondern auch mit ihren Autoren eher rabiat umgegangen: So wurde Briggs während der Arbeit am Skript mit der Info überrascht, dass die Produzenten auch noch einen weiteren Autoren angeheuert haben, um parallel noch ein weiteres Drehbuch zu schreiben – am Ende sollte dann Arnold Schwarzenegger selbst eines davon auswählen.
Kurz nach dem Ausstieg von Briggs verließen dann aber auch Schwarzenegger und der damals vorgesehene Regisseur Tony Scott („True Romance“) das Projekt. Stattdessen kamen Sylvester Stallone und Regisseur Danny Cannon („Ich weiß noch immer, was du letzten Sommer getan hast“) an Bord, die ihre Version von „Judge Dredd“ dann ja auch tatsächlich gemeinsam realisiert haben.
Bei diesem Text handelt es sich um die Wiederveröffentlichung eines früheren Artikels, den wir nun anlässlich der TV-Ausstrahlung von „Judge Dredd“ am 31. Juli 2020 um 22.30 Uhr auf RTL 2 noch einmal angepasst und aktualisiert haben.