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    Skandalfilm-Klassiker: Das ist der verstörendste Film auf Amazon Prime Video

    Überschreiten Filme Grenzen, kommen sie in Deutschland auf den Index. Während das unter anderem für zahllose Horrorfilme gilt, gibt’s einen der umstrittensten Skandalfilme aller Zeiten dank FSK-16 derzeit sogar im Prime-Abo: „Das große Fressen“.

    StudioCanal

    Für die einen ist er die hässliche Abrechnung mit der Bourgeoisie, für die anderen die Arthouse-Version von „2 Girls 1 Cup“: „Das große Fressen“ galt 1973 als umstrittenster Sieger in Cannes (wo Regisseur Marco Ferreri mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet wurde) und genießt seitdem einen Ruf als Skandalfilm. Aber ist das monströse Gelage wirklich so schlimm? Hat sich die Schockwirkung des Films in den vergangenen 50 Jahren vielleicht etwas gelegt oder gar ganz erledigt? 

    Grenzgänger, die sich eben davon selbst überzeugen wollen, brauchen sich den Film dafür derzeit aber weder gleich anzuschaffen noch auf eine TV-Ausstrahlung zu warten – denn „Das große Fressen“ ist derzeit bei Amazon Prime Video verfügbar.* Und so hab’ auch ich die Gelegenheit genutzt, diese seit jeher heiß diskutierte Bildungslücke zu schließen.

    Denn es ist immer wieder spannend, an seine eigenen Grenzen zu gehen, festzustellen, wie viel man eigentlich ertragen kann (oder will) – und sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Kunst denn nun wirklich alles darf.

    Darum geht's in "Das große Fressen"

    Pilot Marcello (Marcello Mastroianni), Koch Ugo (Ugo Tognazzi), Richter Philippe (Philippe Noiret) und Fernsehredakteur Michel (Michel Piccoli) sind ihres langweiligen Lebens überdrüssig und beschließen kurzerhand, es sich bei einem letzten gemeinsamen Treffen richtig gut gehen zu lassen.

    Die Vier finden sich in einer alten Villa ein, um sich einer übermäßigen Fressorgie hinzugeben. Während Unmengen von Essen für das leibliche Wohl sorgen, sollen Prostituierte die Fleischeslust der Männer stillen. Doch es dauert nicht lange und der maßlose Exzess fordert sein erstes Opfer... 

    +++ Meinung +++

    Maßlos in den Tod: Zwischen Wollust und Völlerei

    Marco Ferreri stellt gleich zu Beginn überdeutlich klar, dass es den „oberen Zehntausend“ in seinem Film richtig an den Kragen gehen wird. Wenn etwa in Vorbereitung auf das Festmahl die „sanftäugigen Rehe“ auf den Hof getragen werden, die „unschuldigen Osterlämmchen im zartesten Alter, die auf Meeresstrandwiesen in der Nähe des Mont Saint Michel grasten“, dann weiß der Zuschauer sofort, wohin die Reise geht. Oder zumindest glaubt er, es zu wissen. 

    Das anfängliche Muschel-Wettschlürfen kann sogar noch ganz amüsant sein, und wer noch nie von Niere a la Bordelaise gehört hat, lernt in „Das große Fressen“ auch noch was dazu. Aber wenn einem der Regisseur mit seinem Film eine Lektion erteilt, dann ist das wohl die, dass weniger manchmal eben doch mehr wäre.

    In diesem Punkt verhält sich der italienische Filmemacher nicht weniger ungezügelt als seine Figuren, sodass dem Zuschauer das Lachen schon mal im Halse stecken bleibt – und sich eben jener immer weiter zuschnürt, bis es sich fast so anfühlt, als wäre es nicht Michel, dem das Kartoffelpüree aus sämtlichen Körperöffnungen zu stehen scheint, sondern man selbst.

    StudioCanal

    Sind die Mäuler und Mägen dann mit den exquisiten Delikatessen vollgestopft, wird erst einmal gerülpst und gefurzt, dass dagegen selbst die obszönste Teenie-Komödie abstinkt – und zwar wortwörtlich.

    Aber wie sonst könnte man den Konsumzwang und die Bourgeoisie demontieren als mit einem maßlosen Gelage, absurd und widerlich, bis sich alle winden, vor Schmerzen schreien und schließlich auch der letzte Rest Leben aus ihren Körpern entfleucht? Egal, denn solange ihr Kopf auf dem güldenen Kissen gebettet ist, ist der Tod nur halb so schlimm gut.

    Schockierend – selbst nach fast 50 Jahren

    Von „Terminator“ über „Mad Max“ bis „Tanz der Teufel“ – viele Filme, die einst als so bedenklich eingestuft wurden, dass sie auf dem Index landeten und damit nicht offen zugänglich gemacht wurden, wurden nach Neuprüfungen einige Zeit später ab 16 Jahren freigegeben. Denn die Sehgewohnheiten veränderten sich in den vergangenen Jahrzehnten ganz gewaltig, vor allem was die Darstellung von Gewalt angeht. Was damals drastisch war, ist heute harmlos.

    Diese Formel mag für viele Action-, Sci-Fi- und sogar Horrorfilme gelten, doch „Das große Fressen“ ist selbst ein halbes Jahrhundert später noch so schockierend wie am ersten Tag. Oder zumindest stelle ich mir das so vor. Ich kannte den Film bis vor kurzem ja noch gar nicht. Aber ihr kennt doch diese Geschichten von Kinovorführungen, bei denen die Zuschauer scharenweise vorab das Weite suchten, kotzend und mit den Händen vor den Augen zusammengeschlagen – genau so ein Film ist „Das große Fressen“.

    Ihr habt eine Schwäche für Skandalfilme oder testet gerne mal eure persönlichen Grenzen? Dann lohnt sich ein Besuch bei Amazons Streaming-Plattform. Dort steht derzeit nämlich „Das große Fressen“ auf der Speisekarte – aber Achtung, ihr habt womöglich eine Weile an dem zu kauen, was euch da aufgetischt wird. Und vom Verdauen will ich gar nicht reden.

    Verstörender Kultfilm neu bei Amazon Prime Video: Ein Must-See für alle, die's vertragen können

    „Das große Fressen“ gibt's natürlich auch auf DVD und Blu-ray*.

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