+++ Meinung +++
Während man sich bei manchen Filmen nur schwer erklären kann, warum die Menschen ausgerechnet dafür scharenweise in die Kinos strömen, gehen andere, denen man den Erfolg gönnen würde, völlig unter. Aber was hilft es schon, einen guten Film zu machen, wenn ihn niemand sieht?
„Blindspotting“ ist ein solcher Film. In den USA ursprünglich nur an 14 Kinos angelaufen, wurde „Blindspotting“ an seinem zweiten Wochenende dort immerhin in über 500 Lichtspielhäusern gezeigt. Ein Kassenschlager wurde Carlos López Estradas Erstlingswerk trotzdem nicht mehr – daran konnte selbst die Tatsache nichts ändern, dass der Debütfilm seit seiner Weltpremiere beim Sundance Film Festival von Kritikern und Publikum gleichermaßen gefeiert wird.
Hierzulande wurde dem Film aber noch weniger Beachtung geschenkt: Er bekam keinen Kinostart, noch nicht mal für eine Auswertung auf DVD oder Blu-ray hat's gereicht. Umso größer war die Freude beim Autor dieser Zeilen (der längst die UK-Blu-ray des Films besitzt), als er feststellte, dass es diese Perle doch endlich nach Deutschland geschafft hat! Denn:
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Darum geht’s in "Blindspotting"
Collin (Daveed Diggs) und Miles (Rafael Casal) sind seit jeher beste Freunde, die nun mit ansehen müssen, wie ihre alte Gegend im Herzen Oaklands zunehmend zu einem Hipster-Viertel verkommt. Einem solchen Zugezogenen hat Collin auch seine Bewährungsstrafe zu verdanken, die in wenigen Tagen endlich endet. Jetzt nur nicht irgendeinen Scheiß bauen!
Doch dann wird er Zeuge, wie ein weißer Cop (Ethan Embry) einen unbewaffneten Schwarzen auf offener Straße erschießt – und als sein Kumpel dann auch noch mit einer Waffe ankommt, droht sein Leben endgültig aus den Fugen zu geraten…
Buddy-Movie mit Sozialkritik
„Blindspotting“ ist ein wilder Mix aus grundverschiedenen Elementen, die Regisseur Estrada fast schon spielerisch in Einklang bringt. Da sind auf der einen Seite etwa gesellschaftsrelevante Themen wie Gentrifizierung, soziale Missstände und Alltagsrassismus, die nicht nur wahnsinnig kreativ angerissen, sondern vor allem so eindringlich aufgearbeitet werden, dass es einen noch lange nach dem Abspann beschäftigt.
Collin und Miles teilen ihren Unmut über die Veränderungen in ihrem Umfeld stets impulsiv, sei es nun mit den Fäusten oder mit messerscharfen Wortgefechten. Die erinnern stellenweise fast an Rap-Battles, gipfeln aber weniger in blinden Schimpfwort-Tiraden, sondern vielmehr in einem wütenden Aufschrei über gesellschaftliche Missstände und die eigene Machtlosigkeit, diese zu bewältigen.
Neu bei Amazon Prime Video: Ein verstörend-fieser Geheimtipp!Dass diese Gangster-Poesie zwischen Nackentattoos und Grillz aus Chrom auf der einen Seite und erbsengrünen Smoothies und veganen Burgern auf der anderen Seite zwar oft lustig ist, aber nie lachhaft wird, ist nicht nur dem bärenstarken Drehbuch zu verdanken, sondern vor allem auch den wunderbar harmonierenden Hauptdarstellern.
Sozialdrama hin oder her, Daveed Diggs und Rafael Casal verleihen „Blindspotting“ mit ihrer unvergleichlichen Chemie eine Lockerheit, der man sich kaum entziehen kann. Neben Momenten, in denen einem der Atem stockt und die einen vielleicht sogar zu Tränen rühren, hat der Film nämlich vor allem unglaublichen Drive, was „Blindspotting“ zu einem höchst unterhaltsamen Film macht, der einen buchstäblich mitreißt.
Hinweis: Im Prime-Abo enthalten ist lediglich die deutsche Synchronfassung, in die der Humor sowie der Kern der sich reimenden Dialoge aber tatsächlich ziemlich gut transportiert wurden. Zwei Szenen, in denen drauf los gerappt wird, wurden übrigens nicht synchronisiert, sondern lediglich untertitelt (gute Entscheidung!). Wer lieber mit der englischen Version vorlieb nimmt, kann die Originalfassung für nur 99 Cent leihen.*
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