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    "The Expanse" Staffel 4 neu bei Amazon Prime: Was ist eigentlich mit dem Cliffhanger aus Season 3?

    Wir haben Daniel Abraham und Ty Franck zum Interview getroffen, die unter dem Pseudonym James S.A. Corey die „The Expanse“-Romane schreiben und auch an der Serien-Adaption beteiligt sind. Deren vierte Staffel gibt es nun bei Amazon.

    Amazon

    Als wir ein paar Minuten vor dem Interview für die vierte Staffel „The Expanse“ im Berliner Hotel Radisson Blu am Alexanderplatz eintreffen, erwartet uns eine Hälfte von James S.A. Corey dort bereits: Daniel Abraham, der gemeinsam mit seinem Kollegen Ty Franck unter dem Pseudonym James S.A. Corey die bisher acht Romane der „The Expanse“-Reihe geschrieben hat, hat an einem Tisch in der geschäftigen Lobby des Hotels Platz genommen und versichert uns, dass sein Kollege bald erscheinen wird.

    Nachdem sich Ty Franck dann auch zu uns gesellt hat, stürzen wir uns sofort in das knapp 40-minütige Interview, bei dem es zunächst um die durch Amazon und den Protest der Fans ermöglichte Rettung von „The Expanse“ geht. Doch wir sprechen auch über Abrahams und Francks Lieblingsszenen in den Büchern und der Serie (an der sie ebenfalls als Schreiber und Produzenten beteiligt sind), reden über den neuen Look der Hauptfiguren in der vierten Staffel und erfahren, wie es für die Autoren nach dem Ende der Buchreihe weitergeht.

    FILMSTARTS: Nach der dritten Staffel stand „The Expanse“ kurz davor, abgesetzt zu werden, bevor dann Amazon in die Bresche sprang und die Serie rettete. Was könnt ihr uns darüber sagen, wie dieser Prozess abgelaufen ist?

    Daniel Abraham: Auch für uns hinter den Kulissen war das eine riesige Überraschung. Wir waren sicher, dass die Absetzung von SyFy auch die endgültige Absetzung sein würde. Nur wenige Sachen kommen so von den Toten zurück. Aber wir hatten Glück. Auch die Crew stand weiterhin bereit, so lange es noch eine kleine Hoffnung gab, wir haben also fast niemanden aus dem Writer’s Room und dem Cast verloren. Und auch bei der Produktionsfirma Alcon sind dieselben Leute an Bord geblieben. Als Amazon die Serie übernommen hat, war das ganze Team also noch da und stand bereit.

    FILMSTARTS: Und sie wollten auch gerne weitermachen?

    Daniel Abraham: Es gab für jeden die Möglichkeit, sich nach anderen Projekten umzuschauen, aber das haben nur sehr wenige gemacht.

    Ty Franck: Dieser ganze Prozess findet für die Autoren und Produzenten im Verborgenen statt. Alcon hat mit einer ganzen Reihe möglicher Partner verhandelt, aber wir haben davon nichts gesehen. Wir haben nur Gerüchte gehört.

    FILMSTARTS: Wie unterscheidet sich die Arbeit mit Amazon von der Arbeit mit SyFy?

    Daniel Abraham: Da das Team größtenteils dasselbe ist, hat sich gar nicht so viel verändert. Anstatt Verbesserungsvorschlägen von SyFy kriegen wir nun Verbesserungsvorschläge von Amazon. Der größte Unterschied ist natürlich die Art der Ausstrahlung. Wir müssen nicht mehr an Werbepausen denken. Wir müssen nicht mehr an Sprachzensur denken. Wir haben andere Einschränkungen bei moralischen und ethischen Fragen.

    Ty Franck: Für mich liegt der größte Unterschied im Marketing. Die Streaming-Anbieter vermarkten ihre Serien ganz anders als die Kabelsender.

    FILMSTARTS: Anders? Oder auch größer?

    Ty Franck: Das liegt im Auge des Betrachters. Sie haben auf jeden Fall einen anderen Weg, ihr Produkt dem Publikum nahezubringen. Das war interessant zu sehen.

    2019 Amazon.com Inc., or its affiliates

    FILMSTARTS: Ihr habt das Thema Sprachzensur erwähnt. Aber war die Wortwahl von Avasarala nicht schon immer sehr schmutzig?

    Daniel Abraham: Hast du „The Expanse“ denn bei der Ausstrahlung auf SyFy gesehen?

    FILMSTARTS: Nein.

    Daniel Abraham: Genau wie alle anderen. Denn als es bei SyFy gezeigt wurde, wurden bestimmte Sachen gebleept oder neu synchronisiert. Ein Teil des Problems mit SyFy war – und das soll kein Vorwurf an die Leute dort sein –, dass sie es im öffentlichen Fernsehen ausgestrahlt haben und das war der schlechteste Weg, „The Expanse“ zu sehen.

    Ty Franck: Wir sollten auch nicht vergessen, dass wir bei Amazon nun keine strikten Zeitlimits mehr haben. Viele Leute denken, dass das einfach bedeutet, dass die Folgen viel länger werden, aber das ist es nicht mal. Stattdessen müssen unsere Folgen jetzt nicht mehr genau 42,5 Minuten lang sein. Für uns heißt das: Wenn wir eine Folge haben, die knackige 40 Minuten lang ist, dann können wir die so veröffentlichen, ohne noch zweieinhalb Minuten Füller einzubauen. Oder wenn wir eine 50-minütige Episode haben, können wir die auch veröffentlichen, ohne siebeneinhalb Minuten schneiden zu müssen, um die es schade wäre.

    Was ist mit dem Cliffhanger aus Staffel 3?

    FILMSTARTS: In der letzten Szene aus Staffel 3 sehen wir, wie Holden durch einen der Ringe fliegt und dabei scheint etwas auf ihn zu zu rasen. So als würde etwas in den Portalen leben. In den ersten beiden Folgen der vierten Staffel wurde das aber bislang noch nicht aufgegriffen. Was könnt ihr uns darüber sagen?

    Ty Franck: Wir können bestätigen, dass das in der vierten Staffel noch ein Thema sein wird.

    FILMSTARTS: Es gibt in der ersten Folge nämlich einen Moment, in dem Holden wieder durch einen Ring fliegt, was eine Steilvorlage zu sein scheint, doch dann passiert nichts...

    Daniel Abraham: Wir wollen natürlich auch noch nicht alles aufklären. Es gibt neun Bücher. Die meisten Sachen, die in den Büchern oder der Serie vorkommen, spielen später nochmal eine wichtige Rolle.

    2019 Amazon.com Inc., or its affiliates

    FILMSTARTS: Einige Figuren haben in der vierten Staffel einen neuen Look, darunter Naomi und Holden. Wie kam es dazu und wer hat die jeweiligen Looks entworfen?

    Ty Franck: Dominique Tipper hat sich einfach selbst eine neue Frisur verpasst, um den Belter-Haarschnitt aus der letzten Staffel rauswachsen zu lassen. Und sie hat unseren Showrunner Naren Shankar gefragt, ob sie ihre Haare so lassen kann und der fand es super so. Wenn nicht, hätte sie es natürlich auch geändert. Aber wir fanden alle, dass es gut dazu passt, dass sie sich am Ende der dritten Staffel wieder der Rocinante-Familie zuwendet und sich von ihrer Belter-Vergangenheit abwendet. Das passt thematisch dazu. Und Steven Strait wollte einfach einen Bart tragen.

    Daniel Abraham: Allgemein ist die vierte Staffel ziemlich bärtig.

    FILMSTARTS: Das liegt vielleicht auch an diesem Wilder-Westen-Szenario auf dem gesetzlosen Planeten Ilus…

    Ty Franck: Und außerdem ist es dort auch einfach kalt.

    Das sind die Lieblingsszenen von Daniel Abraham und Ty Franck

    FILMSTARTS: Habt ihr ein Lieblingsbuch oder eine Lieblingsszene in einem der Bücher?

    Daniel Abraham: In „Abaddon’s Gate“ gibt es ein Kapitel, das aus der Perspektive von Clarissa erzählt wird, während sie katatonisch ist. Ich weiß nicht, ob noch jemand anderes dieses Kapitel so gerne mag wie ich. Es ist ein 3000 Wörter langes, bewegendes, schwieriges, interessantes Kapitel, in dem die Figur eine echte Entwicklung durchmacht, aber sonst nichts passiert.

    Ty Franck: Ich weiß nicht, ob ich ein Lieblingsbuch oder eine Lieblingsszene habe. Ich mag einzelne Zeilen sehr gerne.

    Daniel Abraham: Vielleicht was von Amos‘ Dialogen.

    Ty Franck: Ich schreibe alle Dialoge von Amos, deswegen tue ich mich schwer, die als meine Lieblingsdialoge zu nennen. Ich mochte schon immer Millers erste Beschreibung von Amos im ersten Buch. Wir haben Amos zuvor nur aus der Perspektive von Holden gesehen und dort sieht er anders aus, als wenn Miller ihn als Polizist zum ersten Mal sieht. Das fand ich immer gut, denn die beiden unterschiedlichen Wahrnehmungen stimmen. Die beiden Point-Of-View-Figuren sehen einfach nur sehr unterschiedliche Seiten desselben Mannes.

    FILMSTARTS: Und wie ist es mit Lieblingsszenen oder Lieblingsstaffeln bei der Serie?

    Daniel Abraham: Über eine Szene haben wir kürzlich gesprochen und die schätze ich sehr: Als Pastor Anna in der dritten Staffel Clarissa im Gefängnis besucht. Wie sie versucht, ihr zu vergeben, es aber nicht kann. „Vielleicht hat sie einen Hirntumor. Hast du einen Hirntumor?“ Ich finde die Dialoge in dieser Szene toll, aber wenn Elizabeth Mitchell diese Szene nicht so perfekt spielen würde, wäre das so eine schlechte Szene. [Wer sich die Szene noch einmal anschauen will: Staffel 3, Folge 12, ab Minute 28:29]*

    Ty Franck: Es ist eine perfekte Mischung. Ich weiß noch, dass ich diesen Dialog geschrieben habe, denn ich saß damals mit Dan Nowak, einem der anderen Chefautoren von „The Expanse“, zusammen und wir haben uns die Aufnahmen von dieser Szene angeschaut. Und er sagte zu mir: „Jetzt weiß ich, worauf du hinauswolltest. Ich fand diese Aussage von Anna furchtbar im Drehbuch. Ich war mir sicher, dass es furchtbar und kitschig werden würde. Aber sie hat es möglich gemacht.“ Elizabeth hat diese Szene genauso gespielt, wie ich mir das vorgestellt habe. Das habe ich ihr natürlich nicht gesagt, denn man sagt Schauspielern nicht, wie sie spielen sollen. Aber sie hat meine Intention genau verstanden und dann perfekt dargestellt. Das ist die tolle Mischung, die man bekommen kann, wenn ein Autor eine bestimmte Sache will und ein Schauspieler und ein Regisseur das genau verstehen.

    Daniel Abraham: Und jeder könnte es dabei versauen.

    Ty Franck: Und man braucht auch einen Cutter, der die Szene versteht. Der sie nicht rausschneidet und den besten Take raussucht.

    Rafy/Syfy

    FILMSTARTS: Wie oft passiert es bei „The Expanse“, dass ein Schauspieler beeinflusst, wie ihr seine Figur schreibt? Kommt es vor, dass ihr einen Part ganz anders plant und euch dann ein Schauspieler überzeugt?

    Ty Franck: Manchmal findet man das großartig, manchmal auch fürchterlich.

    Daniel Abraham: Was tatsächlich häufig passiert, ist, dass man einen tollen Schauspieler bekommt und dann Wege findet, diesem mehr Szenen und mehr Story zu geben.

    Ty Franck: Das nennen wir „jemandem zuschreiben“. Man schreibt einem großartigen Schauspieler also Szenen zu.

    Daniel Abraham: Das ist zum Beispiel bei der Figur Errinwright passiert. Das war in den Büchern eine ziemlich kleine Figur. Doch dann haben wir Shawn Doyle gecastet und haben dann gesagt: Okay, das ist nun eine große Rolle. Oder Drummer. Auch das war eine kleine Rolle, aber dann haben wir Cara Gee besetzt und jetzt schieben wir ihr gerne Storys zu, weil sie großartig ist.

    FILMSTARTS: War das auch mit Ashford der Fall?

    Daniel Abraham: Nicht ganz. Wir haben David Strathairn natürlich nicht entdeckt.

    Ty Franck: Es war nicht unser Plan, ihm in Staffel 4 so eine große Rolle zu geben. Der Plan war, ihn für sechs oder sieben Episoden in der dritten Staffel Ashford spielen zu lassen. Wir wussten auch noch nicht, was seine Story in Staffel 4 sein würde, denn man bekommt Schauspieler wie David Strathairn nur, wenn man ihnen eine kleine, begrenzte, aber reichhaltige Storyline gibt, bei der sie wissen, dass sie sieben Folgen spielen, eine coole Geschichte erzählen und dann wieder gehen können. Solche Schauspieler kann man nicht binden, weil sie so gefragt sind.

    Nach der dritten Staffel hatten wir dann aber einige interessante Geschichten für Ashford, die wir erzählen könnten. Also haben wir bei David nachgefragt, ob er gerne mehr Ashford spielen würde. Und er hätte nein sagen können, aber er wollte gerne weitermachen. Er hatte zwar einen vollen Kalender, aber das haben wir geregelt bekommen und darum konnten wir ihn zurückgewinnen.

    So geht es nach "The Expanse" weiter

    FILMSTARTS: Ihr habt bereits erwähnt, dass es neun „The Expanse“-Bücher geben wird. Ist danach wirklich Schluss? Oder habt ihr noch Pläne und Ideen für weitere Bücher?

    Daniel Abraham: Oh nein, danach ist wirklich Schluss. Wir haben damals, als wir das zweite Buch geschrieben haben, einen Plan für zwölf Bücher entworfen. Und drei davon waren langweilig, also haben wir sie nicht geschrieben. Und jetzt bringen wir die Geschichte zu Ende.

    FILMSTARTS: Ihr seid unter dem Namen James S.A. Corey aktiv, seid aber zwei Leute. Sorgt das manchmal für Verwirrung oder Verwunderung?

    Ty Franck: Das ist ein Vorteil und kein Nachteil.

    Daniel Abraham: Das ist was Gutes!

    Ty Franck: Weder Daniel noch ich wollen berühmt sein. Wir wollen nicht erkannt werden. Wir wollen nicht die Straße runterlaufen und von Leuten angesprochen werden. Wenn die Leute also ein bisschen verwundert sind: großartig. Und gleichzeitig ist das natürlich kein Geheimnis.

    Daniel Abraham: Es ist ja nicht so, dass wir uns verstecken würden. Und eine weitere Überlegung hinter den Namen ist: Wenn du ein Buch von James S.A. Corey kaufst oder eine Serie basierend auf einem Buch von ihm schaust, weißt du, woran du bist: Eine Space Opera wie die anderen Sachen von James S.A. Corey.

    Ty Franck: Uns wurde von Verlagen etwa auch schon angeboten, als James S.A. Corey eine Fantasy-Reihe zu schreiben. Aber wir haben gesagt: Nein, James S.A. Corey schreibt keine Fantasy, sondern Space Opera.

    FILMSTARTS: Habt ihr denn nach „The Expanse“ noch andere Projekte, egal ob als James S.A. Corey oder unter einem anderen Pseudonym?

    Daniel Abraham: Ja, haben wir. Wir haben eine Space-Opera-Trilogie an unseren Verlag verkauft. Eine ganz andere Space Opera allerdings.

    FILMSTARTS: Ist die im selben Universum wie „The Expanse“ angesiedelt?

    Daniel Abraham: Nein. Nochmal: „The Expanse“ endet nach dem neunten Buch. (lacht)

    Ein Erscheinungstermin für das neunte Buch steht noch nicht fest. Die vierte Staffel „The Expanse“ ist seit dem 13. Dezember 2019 bei Amazon Prime Video* verfügbar.

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