Es gibt viele Gründe „Arrival“ zu mögen, auch ohne die Handlung zu verstehen: Sei es die fantastische Kameraführung von Bradford Young oder das oscarprämierte Sounddesign von Sylvain Bellemare. Doch der Film, der am heutigen Sonntag (26. Mai 2019) um 20.15 Uhr bei RTL läuft, bietet noch mehr. „Arrival“ erzählt eine faszinierende Geschichte und hat eine lebensbejahende Botschaft, die sich unter dem verwirrenden Science-Fiction-Geflecht mit seinen unterschiedlichen Zeitebenen versteckt.
Regisseur Denis Villeneuve führt den Zuschauer anfangs bewusst in die Irre, um ihn dann mit einem plötzlichen Twist zu überraschen. Dabei kann man schon mal den Faden verlieren und sich am Ende fragen, was das alles eigentlich soll. Falls ihr nach „Arrival“ mehr Fragen als Antworten habt, erklären wir euch hier die Handlung, das Ende und die Botschaft des Science-Fiction-Films.
Darum geht es in "Arrival"
Fangen wir mit einer kurzen Zusammenfassung des Films an. Das erleichtert uns später die Erklärung. „Arrival“ beginnt mit einer Montage. Darin sehen wir das Leben der Tochter von Dr. Louise Banks (Amy Adams) im Schnelldurchlauf. Wir erfahren, dass Hannah bereits im jungen Alter von etwa zwölf Jahren an einer schweren Krankheit stirbt. Schon hier wird das Publikum gezielt manipuliert.
Der Zuschauer soll denken, dass es sich hierbei um eine Rückblende handelt. Dieser Eindruck wird von der nächsten Szene mit Louise Banks verstärkt, in der sie einsam in einem großen Haus lebt und depressiv zu sein scheint. Tatsächlich ist es aber ganz anders. Was wir als Zuschauer am Anfang zu sehen bekommen, also die Geburt und der Tod von Hannah Banks, passiert in der Filmhandlung erst nach dem Kontakt mit den Außerirdischen.
Die Ankunft der Raumschiffe stellt die Rahmenhandlung dar, die wir hier fortan als Gegenwart bezeichnen. In der Gegenwart wird Dr. Banks, eine renommierte Linguistin, darum gebeten, die Sprache der Aliens zu entziffern. Eine mündliche Kommunikation scheint unmöglich, da Menschen nicht in der Lage sind, das Gedröhne der fremden Spezies zu kopieren. Banks beschließt deshalb, dass ein schriftlicher Austausch höhere Chancen auf Erfolg hat. Gemeinsam mit ihrem Partner Ian Donnelly (Jeremy Renner), zu dem sie im Laufe der Handlung auch romantische Gefühle entwickelt, arbeitet sie mühsam daran, eine gemeinsame Kommunikationsgrundlage mit den Aliens zu schaffen.
Die komplizierte Sprache der Außerirdischen
Nach vielen schlaflosen Nächten und der verzweifelten Suche nach einer Lösung kommt Dr. Banks schließlich auf die entscheidende Idee. Die kreisförmigen Schriftsymbole der Aliens bedeuten, dass sie die Zeit nicht linear wahrnehmen, sondern sich Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft in ihnen vereinen. Die Sätze der Wesen haben kein Anfang und kein Ende, alles ist gleichrangig und existiert zur gleichen Zeit. Falls ihr nun verwirrt seid, dann keine Sorge. Dieses Konzept ergibt mit der beschränkten Wahrnehmung eines Menschen auch keinen Sinn. Doch genau darum geht es in „Arrival“.
Der Film stützt sich auf die sogenannte Sapir-Whorf-Hypothese. Diese besagt, dass die Sprache das Denken formt, wir also die Welt so wahrnehmen, wie es unser Wortschatz und unsere Grammatik erlauben. Als Dr. Banks in „Arrival“ die Sprache der fremden Wesen lernt, erweitert sich ihre Wahrnehmung. Plötzlich kann sie in die Zukunft sehen und so schließt sich der Kreis zu ihrer Tochter. Die Linguistin erblickt nun das, was wir bereits zu Beginn des Films verfolgt haben: Das Leben ihres noch ungeborenen Kindes. Sie beginnt zu begreifen, dass es sich dabei um eine Zukunftsvision handelt.
Das Ende von "Arrival" erklärt
Die ganze Zeit geht es den Menschen in „Arrival“ darum, herauszufinden, weshalb die Aliens auf der Erde gelandet sind. Doch durch die fehlenden Sprachkenntnisse kommt es zum Missverständnis. Die Kreaturen aus dem All wollen der Menschheit ein Geschenk machen, doch das außerirdische Wort für „Werkzeug“ wird als „Waffe“ fehlinterpretiert, was einige Entscheidungsträger verunsichert. Vor allem der chinesische General Shang (Tzi Ma) drängt auf eine militärische Lösung und möchte die vermeintliche Bedrohung am liebsten vernichten.
Durch eine weitere Vision kann Dr. Banks das aber verhindern. Sie blickt 18 Monate in die Zukunft, wo sie sich auf einer Veranstaltung der Vereinten Nationen befindet. Dort trifft sie auf Shang, der sich dafür bedankt, dass sie ihn damals dazu überredete, die militärische Aktion abzubrechen. Er zeigt ihr seine Handynummer und spricht ihr die Worte zu, die ihn letztlich überzeugten. Dank dem Blick in die Zukunft weiß Dr. Banks in der Gegenwart nun, wie sie den Angriff gegen die Aliens aufhalten kann. Sie kramt General Shangs Nummer aus dem Gedächtnis, ruft ihn an, spricht die besagten Worte zu ihm und ist damit erfolgreich.
Das Schlimmste ist verhindert und die Aliens verlassen die Erde wieder. Das Geschenk, das sie den Menschen überreichten, war ihre Sprache, die es ermöglicht, in die Zukunft zu sehen. Die Motivation der komplexen Kreaturen bestand darin, dass sie in 3000 Jahren die Hilfe der Menschen brauchen werden. Wofür, ist nicht bekannt, doch da sie in die Zukunft sehen können, ist an dieser Vorhersage wohl kaum zu zweifeln.
Der finale Twist und die Bedeutung von "Arrival"
Am Ende von „Arrival“ blickt Dr. Banks erneut in die Zukunft. Ein weiteres Mal verfolgt sie das Leben ihrer Tochter. Nun wird auch aufgeklärt, dass es sich beim Vater von Hannah um Ian Donnelly handelt, den die Sprachwissenschaftlerin erst im Zuge der Alienankunft kennenlernte. Es gibt nun also keinen Zweifel mehr daran, dass die Geschehnisse tatsächlich in der Zukunft spielen und es sich dabei nicht um verdrängte Erinnerungen aus der Vergangenheit handelt.
ArrivalObwohl Banks weiß, dass ihre Tochter nicht lange zu leben haben wird und ihr Tod mit viel Leid einhergehen wird, beschließt sie sich dennoch, das Kind zu bekommen. „Arrival“ zeigt nämlich nicht nur eine glaubwürdige Begegnung zwischen einer Wissenschaftlerin und etwas völlig Fremdem. Denis Villeneuve und sein Drehbuchautor Eric Heissener wollen uns auch eine Lektion mit auf den Weg geben:
Selbst ein kurzes Leben, ist es wert, gelebt zu werden. Obwohl der Tod einer geliebten Person viel Trauer mit sich bringt, ist dieses Schicksal immer noch besser, als wenn sie nie gelebt hätte. Wir sollten glücklich sein für die Zeit, die wir mit unseren Liebsten hatten, anstatt die Sinnlosigkeit des Todes zu verteufeln. Vielleicht ist diese Erkenntnis ein weiteres Geschenk, dass die Aliens in „Arrival“ der werdenden Mutter Louise Banks auf den Weg geben.