Wer sich oft auf Streaming-Plattformen herumtreibt, kennt das Problem: Zahllose Filme stehen auf Abruf bereit, aber bei dem enormen Überangebot fällt es oft schwer, überhaupt eine Wahl zu treffen. Vor allem Indie-Produktionen haben es nicht leicht, sich gegen die große Anzahl an Konkurrenten durchzusetzen, selbst wenn sie eigentlich von hoher Qualität und damit sehenswert sind. Zumindest sehen das die Gründer von „Filmocracy“ so. Die neue Streaming-Plattform, für die derzeit eine Kickstarter-Kampagne läuft, will Streaming mit Gaming-Elementen kombinieren und seine Nutzer dazu animieren, sich Indie-Filme von unbekannten, aber talentierten Filmemachern anzusehen.
Das Design ist dabei an Mobile-Games angelehnt: Jeder Nutzer hat einen Avatar, den er anhand berühmter Filmvorbilder gestalten kann. Für verschiedene Aktionen auf der Plattform gibt es Erfahrungspunkte und die virtuelle Figur steigt im Level auf, was für den Nutzer wiederum neue Features freischaltet. Neben den anderen aus Videospielen bekannten Elementen ist es vor allem die virtuelle Währung „Popcorn“, die den Streaming-Dienst von Netflix, Amazon und Co. unterscheidet. Damit lässt sich nicht nur der persönliche Avatar verschönern, sondern tatsächlich auch echtes Geld verdienen.
Mit Filme schauen Geld verdienen
Das Prinzip funktioniert folgendermaßen: Um Popcorn zu verdienen, müssen die Nutzer Filme bewerten. Anstatt nur eine einzelne Gesamtwertung pro Film abzugeben, gibt es sechs weitere Wertungsskalen für bestimmte Einzelkategorien. Für die Handlung, die Charaktere, die Kameraarbeit, die Schauspieler, die Dialoge und für die Kombination aus Musik und Sounddesign können jeweils ein bis fünf Punkte vergeben werden. Die Bewertungen werden von Filmocracy mit einem sogenannten „Accuracy Score“ (zu Deutsch: Genauigkeitswert) versehen. Je nachdem, wie nah man mit seiner Einschätzung an der Durchschnittswertung liegt, desto besser der Accuracy Score. Diese Maßnahme soll verhindern, dass User einfach blind Wertungen spammen, um so schnell und einfach Popcorn zu verdienen.
Je nach Accuracy Score winkt eine goldene, silberne oder bronzene Schatztruhe, die Preise wie Kinofreikarten oder eben auch Popcorn enthalten. Jeden Monat erhalten die Nutzer mit dem höchsten Accuracy Score und die, die am meisten Popcorn verdient haben, eine Belohnung in Form von Sachpreisen oder Geld. Zehn Prozent der Einnahmen des Dienstes gehen über diesen Weg wieder zurück an die Nutzer. Damit nicht immer dieselben gewinnen, werden die Ranglisten monatlich zurückgesetzt. Zwar kostet Filmocracy selbst zehn US-Dollar pro Monat, doch für Leute, die sehr viele Filme schauen oder mit ihren Wertungen einfach immer ins Schwarze treffen, könnte sich ein Abo dennoch rentieren.
So möchte Filmocracy Indie-Regisseure unterstützen
Doch nicht nur für Konsumenten soll sich Filmocracy lohnen, auch Filmschaffende sollen vom innovativen Modell profitieren. Einerseits müssen diese im Vergleich zu anderen Streaming-Plattformen nicht mit Blockbustern und anderen Produktionen großer Filmstudios konkurrieren, andererseits ist es vor allem die direkte finanzielle Belohnung, die junge Regisseure auf die Plattform locken soll.
50% der Einnahmen von Filmocracy werden nämlich an die Filmemacher ausgeschüttet. Hierbei ist es jedoch egal, ob die Nutzer den Film auch zu Ende ansehen. Entscheidend ist die Anzahl der Minuten, die ein Film gestreamt wird. Aus dem großen Topf erhalten diejenigen am meisten Geld, deren Filme am längsten angeschaut wurden. Neben den 50% für die Filmemacher und den 10% für die Top-Nutzer bleiben der Plattform also gerade mal 40% der Einnahmen übrig. Auch wenn das Konzept von Filmocracy durchaus einige interessante Ansätze bietet, stellt sich die Frage, ob sich der Dienst so auch auf Dauer finanzieren lässt. Auch ob genug Filmfans bereit sind, für eine Plattform voller unbekannter Filme monatlich Geld auszugeben, muss sich erst zeigen.
Aktuell befindet sich Filmocracy noch in der Testphase. Im Juli 2019 soll der Streamingdienst für all diejenigen an den Start gehen, die das Projekt auf Kickstarter finanziell unterstützen. Im August 2019 öffnet sich der Dienst dann für alle, die den monatlichen Beitrag von zehn US-Dollar pro Monat zahlen. Ob Filmocracy auch in Deutschland verfügbar sein wird, können wir noch nicht zu 100 Prozent bestätigen. Wir gehen allerdings stark davon aus, da die Kickstarter-Kampagne international läuft, und es bei dem Indie-Angebot der Plattform keine Rechtsprobleme mit einzelnen Filmen geben sollte. Um sicher zu gehen, haben wir eine Anfrage an die Verantwortlichen gestellt und warten noch auf eine offizielle Antwort.
UPDATE: Wir haben mittlerweile die Bestätigung erhalten, dass Filmocracy weltweit, auch in Deutschland, an den Start gehen wird.