Das kanadische Parlament, also quasi der Bundestag des nordamerikanischen Landes, hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit Netflix beschäftigt. Einstimmig votierten die Abgebordneten dabei für einen Antrag, dass Netflix noch ein letztes Mal aufgefordert wird, bestimmte Szenen unter anderem aus dem Film-Hit „Bird Box“ zu streichen und zudem eine Entschädigungszahlung an die Menschen aus dem Ort Lac-Mégantic in Québec zu zahlen. Die Aufforderung hat allerdings keine Konsequenzen, sollte Netflix ihr nicht folgen. Doch was ist genau passiert?
Reales Unglück für fiktiven Weltuntergang
In „Bird Box“ geht die Welt quasi unter, nachdem mysteriöse Monster dafür sorgen, dass sich Menschen nach ihrem Anblick das Leben nehmen. Um diesen Weltuntergang zu illustrieren, braucht es Bilder. In einer Szene sieht die von Sandra Bullock gespielte Hauptfigur, dass sich auf aller Welt Unglücke ereignen. Die dabei in einem Fernseher laufenden Szenen wurden nicht extra gedreht. Wie es bei Filmproduktionen üblich ist, wurden diese von einem sogenannten Stock-Footage-Händler eingekauft. Dort findet man passende generische Aufnahmen, wie zum Beispiel startende Flugzeuge, die man einfach einkaufen und dann einbauen kann.
Allerdings stammen diese Bilder von einem realen Unglück: 2013 kam es in Lac-Mégantic zu einem schweren Eisenbahnunfall, bei dem ein mit Rohöl beladener, führerloser Güterzug entgleiste. Die Ladung geriet sofort in Brand. Mindestens 47 Menschen starben, zahlreiche Gebäude wurden zerstört. Die gesamte Innenstadt von Lac-Mégantic brannte. Viele Bewohner sind auch heute noch traumatisiert.
Netflix will Film nicht ändern
Dass Netflix diese Szenen in „Bird Box“ und übrigens auch noch in der dritten Staffel der Serie „Travelers – Die Reisenden“ nutzte, brachte dem Streamingdienst direkt nach der Filmveröffentlichung Kritik ein. Bereits damals kamen aus Kanada Forderungen, den Film zu ändern. Auf wiederholte Ersuche des kanadischen Parlaments selbst reagierte Netflix noch nicht, doch schon vorher stellte der Streamingdienst klar, dass man keine Änderungen an einem fertigen Produkt machen werde.
In einem Brief an den Kulturminister von Quebec entschuldigte sich der Streamingdienst zudem und teilte laut dem Hollywood Reporter mit, dass man „verstehe, dass viele sich frustriert und traurig fühlen, wenn sie Bilder dieses tragischen Ereignisses sehen“, lehnte aber jeglichen Änderungswunsch ab. Netflix stellte zudem klar, dass man nicht wusste, woher die Bilder stammen und auch intern daran arbeiten werde, dass sich dies nicht mehr wiederhole.
„Bird Box – Schließe deine Augen“ steht seit dem 21. Dezember 2018 auf Netflix bereit. Der Streamingdienst bezeichnet den Film selbst als großen Hit und behauptet, dass es der meistgeschaute Film innerhalb der ersten Woche gewesen sei. Aus dem Film entstand die Challenge, sich wie die Protagonisten mit verbundenen Augen zu bewegen, was solche Umtriebe annahm, dass sogar Netflix selbst davor warnte.