Meinhard tanzt
aus „Western“
Lieblingsszene von Christoph Petersen
Meinhard ist neben Isabelle Hupperts Michèle in „Elle“ auch meine Lieblingsfilmfigur 2017 – ein deutscher Cowboy, gespielt von dem Laiendarsteller Meinhard Neumann, gecastet auf einem Pferdemarkt und gesegnet mit einer Ausstrahlung, auf die Clint Eastwood zu seinen besten Zeiten neidisch gewesen wäre. In „Western“ hat es den Ex-Soldaten auf eine Baustelle nach Bulgarien verschlagen. Seine Kollegen suchen den Streit mit den Einheimischen, nur Meinhard nähert sich den Bewohnern des nahegelegenen Dorfes an. Er findet ein vermeintlich wildes Pferd, wird zum Retter in einer brenzligen Situation und schwingt sich zumindest in den Augen des Kinopublikums langsam zu einer mythisch überhöhten Anti-Helden-Figur auf (da sind wir wieder bei Eastwoods namenlosem Fremden, aber bei dem Schnurrbart ja auch kein Wunder).
Doch Regisseurin Valeska Grisebach findet den Topos des raubeinig-mythischen Westernhelden wahrscheinlich genauso langweilig wie ich – und so wird Meinhard in einer der letzten Szenen des Films von der Dorfjugend zurechtgestutzt, ein einziger Schlag und die deutsche Eiche sackt wie ein nasser Sack in sich zusammen. Aber das muss so sein, nicht mal Meinhard selbst, der sich nach seiner Einmischung in einen Mafia-Disput wahrscheinlich selbst schon zwischenzeitlich für eine Art Superheld gehalten hat, murrt hier auf. Stattdessen kehrt er wortlos auf das Dorffest zurück und tanzt – als ein Tänzer unter vielen, vollkommen befreit von der erdrückenden Last des Einsame-Reiter-Mythos, der da gerade wie ein Kartenhaus in sich zusammengekracht ist.