„Mathilde“
(Aleksey Uchitel, Russland 2017)
Wer hat sich überhaupt aufgeregt?
Natalia Poklonskaya, Abgeordnete der Regierungspartei „Einiges Russland“ sieht die verletzlich-menschliche Darstellung des heiliggesprochenen letzten Zaren Nikolaus II. in „Mathilde“ als einen blasphemischen Akt und versuchte, den Film noch vor seiner Veröffentlichung aus dem Verkehr zu ziehen (Poklonskaya las lediglich das Skript und sah bis heute nicht den fertigen Film). Die christlich-orthodoxe Terror-Organisation „Christlicher Staat – Heiliges Russland“ bedrohte derweil die Familien von Schauspielern und Regisseur Aleksey Uchitel. Letzterer bekam im Zuge der Proteste gegen den Film sogar einen Molotowcocktail ins Büro geworfen. Nikolaus-Darsteller Lars Eidinger („Die Blumen von gestern“) wurde ebenfalls Opfer einer Hetzkampagne, er wurde als „schwuler deutscher Pornodarsteller“ und „Satanist“ bezeichnet und hat sich seitdem aus der russischen Öffentlichkeit zurückgezogen.
Was passierte dann?
Obwohl der Verbotsversuch scheiterte und der Film auch in Russland im Kino gezeigt wurde, gewannen die Protestierenden letztlich trotzdem. Beworben wurde das Werk schon gar nicht und spätestens seit Aktivisten einen Anschlag auf ein Lichtspielhaus in Jekaterinburg verübten, traute sich auch niemand mehr ins Kino. Ganz zu schweigen von den Schauspielern, die bereits seit Ankündigung des Films Gewaltdrohungen und politischer Hetze ausgesetzt sind.
Wer tickt hier eigentlich noch ganz richtig?
Gegen einen harmlosen Film zu protestieren ist eine Sache, Gewalttaten zu verüben und Morddrohungen zu schreiben nochmal eine ganz andere Hausnummer. Die Hetzkampagne gegen „Mathilde“ und seine Macher ist in jeder Hinsicht abstoßend.