Achtung: Der folgende Text enthält Spoiler für „Thor 3: Tag der Entscheidung“!
Als im August 2016 die Dreharbeiten zu „Thor 3: Tag der Entscheidung“ in Australien stattfanden, machte im Internet vor allem ein Schnappschuss vom Set die Runde, auf dem Oscarpreisträger Anthony Hopkins als Obdachloser kostümiert einem Fotografen die Zunge rausstreckt:
Das Foto ist in Brisbane entstanden – und im Film doubelt die australische Zwei-Millionen-Stadt die Mega-Metropole New York. Damals wurde eine Szene gedreht, in der Göttervater Odin als verwahrloster Obdachloser durch die Häuserschluchten Manhattans irrt – in der finalen Fassung des Films fehlt diese Szene jedoch.
Dabei ist die Idee eines nordischen Gottes, der sich als eine Art Hobo auf New Yorks Straßen durchschlägt, ja eigentlich schon ziemlich cool, zumal sie auch sehr gut zu dem trockenen Humor von „Thor 3“-Regisseur Taika Waititi („5 Zimmer Küche Sarg“) passen würde – und zwar sehr viel besser als die (ziemlich unspektakuläre) Szene, die nun stattdessen im Film vorhanden ist und offensichtlich nachträglich vor einem Green Screen gedreht wurde:
Thor (Chris Hemsworth) erfährt bei seinem Treffen mit Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) in Manhattan, dass sein Vater nicht länger in New York weilt, sondern inzwischen nach Norwegen weitergereist ist. Loki (Tom Hiddleston) und Thor treffen ihn in der darauffolgenden Szene an einem skandinavischen Fjord, bevor plötzlich auch noch ihre Schwester Hela (Cate Blanchett) auftaucht.
Norwegen statt New York
Nachdem zunächst gemutmaßt wurde, dass es wohl mit den organisatorischen Rahmenbedingungen des Nachdrehs zu tun haben könnte, dass die Szene nun buchstäblich auf einer grünen Wiese angesiedelt ist, hat Waititi inzwischen in einem Interview mit Yahoo Movies erklärt, dass er mit dieser Entscheidung vor allem für einen emotionaleren und ruhigeren Moment sorgen wollte:
„Wir wollten, dass die Szene mit Odin und seinen Söhnen eine stärkere emotionale Resonanz hat“, so der „Thor 3“-Regisseur. „Wir wollten, dass die drei noch einmal einen besonderen Moment haben, in dem Odin Loki als seinen Sohn anerkennt und alle drei zusammen sind.“ Das sei aber in einer heruntergekommenen Gasse in einer hektischen Großstadt wie New York nicht möglich gewesen, weder in einem Film noch im echten Leben.
Außerdem habe der Film bis dahin ein so schnelles Tempo gehabt, dass eine Pause nötig gewesen sei. „Thor war auf Muspellsheim, dann reist er nach Asgard, dann sind sie plötzlich in New York bei Doctor Strange und dann wären sie in dieser Gasse“, so Waititi. „Wir mussten einfach mal für einen Moment entspannen.“
Des Weiteren führte der Regisseur aus, dass die Szenen mit Odin in New York bei den ersten Testvorführungen auf Unverständnis gestoßen seien – und das wohl zu Recht: „Es fühlte sich einfach nicht richtig an, dass Odin verloren in New York herumlaufen soll, als eines der mächtigsten Wesen im Universum.“ Stattdessen habe man sich entschieden, ihm ein würdevolleres Ende zu spendieren.
Hammer Time: Die Todesgöttin an den Fjorden
Das Zusammentreffen von Odin und seinen Söhnen ist jedoch nicht die einzige Szene, die nachträglich geändert wurde. Auch die anschließende Konfrontation mit Hela wurde nach Norwegen verfrachtet – und die ursprüngliche Version dieser Szene ist sogar noch im ersten Teaser-Trailer zu „Thor 3“ zu sehen. Das ist zwar bei Trailern allgemein kein allzu seltenes Phänomen, aber interessant ist es trotzdem. Hier noch mal der fragliche Teaser:
Im Teaser sieht man in Minute 00:15, wie Hela offenbar in einer New Yorker Gasse Thors Hammer Mjolnir festhält und anschließend zerstört. Im Film selbst gibt es exakt dieselbe Szene – nur findet sie nun ebenfalls auf der Wiese in Norwegen statt. Es wurde also offenbar die ursprüngliche Performance von Cate Blanchett genommen und einfach in die nachgedrehte Szene hineingeschnitten. Das merkt man dem finalen Ergebnis übrigens auch an – der Moment fühlt sich im Film einfach nicht so an, als würden sich Thor, Loki und die Todesgöttin tatsächlich direkt gegenüberstehen.
Insgesamt lässt sich also festhalten: Offensichtlich wurde ein ziemlich großer Brocken aus der New-York-Passage des Films herausgeschnitten – und durch einen (notdürftig) zusammengezimmerten Abstecher nach Norwegen ersetzt. Taika Waititis Idee dahinter ist zwar durchaus nachvollziehbar, allerdings macht ihm die wenig überzeugende technische Umsetzung einen Strich durch die Rechnung. Saumäßig Spaß macht „Thor 3“ – egal ob in Norwegen oder New York – aber trotzdem:
Thor 3: Tag der Entscheidung