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    Am Set von "Thor 3: Tag der Entscheidung": Das FILMSTARTS-Interview mit Oscar-Gewinnerin Cate Blanchett

    Bei unserem Besuch am Set des Superhelden-Blockbusters in Australien treffen wir Marvel-Neuling Cate Blanchett, die mit der Todesgöttin Hela die erste Bösewichtin im MCU verkörpert.

    Disney

    Auch wenn Cate Blanchett am Tag unseres Setvisits selbst nicht vor der Kamera steht, nimmt sie sich extra Zeit, um mit uns ein ausführliches Interview zu führen. Völlig cool schlendert die australische Oscarpreisträgerin (ausgezeichnet für „Aviator“ und „Blue Jasmine“) zu uns ins Catering-Zelt, wo sie Erdnüsse knabbert und uns von ihrer neuen Berufung als Todesgöttin erzählt.

    FILMSTARTS: Das hier ist ja nicht nur dein erster „Thor“-Film, sondern dein erstes Marvel-Projekt überhaupt. Wie ist es, nun ein Teil des MCU zu sein?

    Cate Blanchett: Ich war sehr aufgeregt, als ich die ersten Informationen von Kevin Feige darüber bekam, dass es diesmal einen weiblichen Bösewicht geben würde – das gab es ja bisher noch nicht. Das Potenzial, etwas Neues zu machen, war sehr spannend für mich. Und ich habe auch den Eindruck, dass die Figuren in dieser Reihe, selbst Thor, in jedem Film neu erfunden werden. Und dann ist da Hela, die keine sehr bekannte Figur im Comic-Universum ist – das gibt einem erst recht die Möglichkeit, etwas Neues zu erschaffen.

    FILMSTARTS: Hast du dich mit der nordischen Mythologie beschäftigt, um dich auf die Rolle vorzubereiten?

    Cate Blanchett: Gar nicht mal so sehr, ich habe mich eher mit den Comics beschäftigt. Ich lasse mich bei jeder Rolle gerne visuell inspirieren. Bei dieser speziellen Vorbereitung hat es mich besonders fasziniert, wie verschiedene Künstler die Figuren unterschiedlich zeichnen. In manchen Versionen hat Hela zum Beispiel ziemlich wenig an – das ist dann eher das Playboy-Ende des Spektrums. (lacht) Ich bin ganz froh, dass wir nicht in diese Richtung gegangen sind. Ich habe mich außerdem sehr mit der Fan-Base beschäftigt und wollte wissen, was die Erwartungen an die Figur sind, welche Fantasien die Fans haben. Zum Beispiel habe ich mir Schmink-Tutorials auf YouTube angesehen, in denen sich junge Frauen in Hela verwandeln – daraus haben meine persönliche Make-Up-Künstlerin Morag Ross und ich einige Inspiration gezogen. Ich habe versucht, nicht nur die offizielle Version von Hela kennenzulernen, sondern eben auch die Fan-Version.

    FILMSTARTS: Wir haben von VFX Supervisor Jake Morrison erfahren, dass du für Hela auch Motion-Capture-Aufnahmen absolviert hast, denn ihr Kostüm wird im Nachhinein noch mit einigen Spezialeffekten zusätzlich aufgepeppt. Wie war das für dich?

    Cate Blanchett: Ich habe schon zuvor ein wenig Motion-Capture gemacht und bin ein großer Fan von Andy Serkis, der wirklich ein Pionier auf diesem Gebiet ist. Oft wird über die Effekte-Abteilungen und die Darsteller gesprochen, als hätten sie nichts miteinander zu tun. So, wie man manchmal Schauspieler und ihre Stunt-Doubles ganz unterschiedlich behandelt. Aber gerade bei diesem Prozess war es für mich besonders großartig, mit meiner fantastischen Stunt-Frau Zoë Bell zusammenzuarbeiten, die auch eine wunderbare Schauspielerin ist, und mit Jake und dem Spezialeffekte-Team. Es fühlt sich an, als würden wir alle wirklich zusammenarbeiten und gemeinsam eine Figur erschaffen - jeder kann seine Ideen beitragen. All diese Teile gehören dazu und ich liebe es, dass die Arbeit so vielschichtig ist.

    Der erste weibliche Bösewicht im MCU

    FILMSTARTS: Ganz ehrlich: Es macht doch bestimmt Spaß, eine Bösewichtin zu spielen, oder?

    Cate Blanchett: Ja, das ist fantastisch! Und es macht erst recht Spaß, wenn Taika Waititi auf dem Regiestuhl sitzt. Er ist nicht nur unglaublich lustig, sondern auch sehr spielerisch bei allem, was er tut. Natürlich ist bei einem solchen Film der Handlungsstrang streng vorgeschrieben und es gibt ganz klassisch Anfang, Mitte und Ende. Aber dazwischen gibt es viel Raum zum Spielen, zum Ausprobieren. Mit Taika zusammenzuarbeiten und jemanden darzustellen, der so richtig, richtig böse ist, gibt mir die Möglichkeit, die verschiedenen Nuancen der Rolle zu erforschen und so richtig auszukosten. Das ist wahrscheinlich das glücklichste Set, an dem ich je gearbeitet habe, auf jeden Fall aber das spielerischste. Das ist nicht selbstverständlich, denn bei einem so großen Film muss man auch viel Druck aushalten und alle Abteilungen perfekt organisieren. Die Erwartungen sind hoch. Aber Taika lässt sich davon nicht beirren.

    FILMSTARTS: Aber gibt es dennoch Momente im Produktionsprozess, die dich daran erinnern, wie groß das ganze Unterfangen dann doch ist?

    Cate Blanchett: Klar, zum Beispiel, wenn ich an diesem Tisch mit all diesen Journalisten sitze – das passiert auch nicht bei allen Dreharbeiten! Wenn ich mich am Set bewege, bin ich immer wieder erstaunt, wie viele Zelte und Wohnwagen hier herumstehen und wie viele Leute herumwuseln. Und dann gehören ja auch noch Vor- und Postproduktion dazu, auf das Endergebnis bin ich wirklich sehr gespannt.

    FILMSTARTS: Hast du einen Lieblings-Superhelden? Und wer ist dein ganz persönlicher Superheld in deinem eigenen Leben?

    Cate Blanchett: Für mich ist jeder Mensch, der schwierige Umstände überwindet, ein Superheld. Jeder, der sich allen Widrigkeiten zum Trotz seine Hoffnung bewahrt. Was die Comic-Welt betrifft, habe ich eigentlich immer mehr zu den Bösewichten tendiert. Als Kind habe ich die Trickserie mit Batman geschaut, da mochte ich Catwoman besonders gern. Aber so richtig interessiert hat mich dann eben Hela, vor allem auch, weil ich vorher nichts über sie wusste und ich das alles erst erforschen durfte. Und ich denke, dass es bei vielen Heldenfiguren aus den Comics Seiten gibt, die man kaum kennt. Meine Kinder haben die Marvel- und DC-Anthologien über die ganzen Hintergründe der Comics - und wenn man die durchblättert, erfährt man zum Beispiel, dass Captain America früher die Superkraft hatte, Alkohol zu widerstehen. Das ist wirklich interessant und es passte perfekt in die Zeit des Vietnamkriegs. Nach ihrer Rückkehr muss diese Fähigkeit vielen verstörten Veteranen wirklich wie eine Superkraft vorgekommen sein.

    FILMSTARTS: Hela ist die Herrscherin der Unterwelt und kann so sicherlich mit einem großen Heer in die Schlacht gegen Thor ziehen – wird es eine Art Zombie-Armee sein, so wie in manchen Comics?

    Cate Blanchett: Hmmm… ich kann höchstwahrscheinlich sagen, dass sie keine Zombie-Armee hat – unabhängig davon, ob sie eine Armee hat oder nicht. Da werdet ihr wohl noch warten und euch überraschen lassen müssen.

    FILMSTARTS: Eine Menge Action wird es aber auf jeden Fall geben. Erzähl uns doch etwas über den Dreh deiner Action-Szenen…

    Cate Blanchett: Oh, die liebe ich ganz besonders! Ich liebe meine Stunt-Frau Zoë und sie leistet wirklich hervorragende Arbeit. Manchmal finde ich Action-Szenen ja eher langweilig und schalte ab. Aber hier steckte so viel Witz und psychologische Tiefe dahinter, und auch hier konnte ich mich beim Dreh wieder voll entfalten und viele eigene Vorschläge einbringen. Am Ende wird vielleicht nicht alles im fertigen Film sein, aber es hat trotzdem unglaublich Spaß gemacht. Es hat mir erlaubt, mehr daraus zu machen, als einfach nur jemandem ins Gesicht zu schlagen. Das war fast ähnlich wie bei dem Dreh einer Kuss-Szene, bei der es Millionen Wege gibt, wie man es machen kann. Und anscheinend gibt es auch Millionen Wege, wie man jemandem ins Gesicht schlagen kann, wie ich nun feststellen durfte. (lacht)

    Warum wollen alle Stars im MCU mitspielen?

    FILMSTARTS: Was ist deiner Meinung nach der besondere Reiz am MCU, dass es so viele bekannte Schauspieler auch deines Kalibers anzieht? Was ist das Erfolgsgeheimnis?

    Cate Blanchett: Was mich persönlich betrifft, ich kann mich für Episches begeistern, und das hier sind ja wirklich große Event-Filme. Aber das Spezifische an Marvel ist die Ironie, die in den Geschichten zum Tragen kommt. Sie nehmen ihre Stoffe ernst, betrachten sie aber gleichzeitig sehr selbstreflexiv und ironisch. Da steckt einfach so eine schelmische und freche Energie drin, eine subversive Ebene.

    FILMSTARTS: Und was zieht dich persönlich immer wieder zu Fantasy-Filmen hin? Man denke an „Der Herr der Ringe“…

    Cate Blanchett: Viele Leute denken immer noch, dass in Fantasy-Filmen mitzuspielen bedeutet, vor einer Bluescreen zu stehen und mit einem Tennisball zu interagieren. Dieser Prozess hat sich sehr entwickelt und das merke ich bei diesem Film ganz besonders. Zudem ist Taika einer dieser Regisseure, die darauf bestehen, so viel „echte Welt“ wie möglich einzubringen. Wir haben zum Beispiel viele Teile von Asgard nachgebaut, ihr habt die Sets ja selbst gesehen. Es wird also ein Hybrid geschaffen zwischen dem, was man bei seiner Arbeit wirklich sehen kann und dem, was der Regisseur und die Spezialeffekte-Leute sich zusätzlich dazu vorstellen – und ein Teil so eines hybriden Prozesses zu sein, ist für mich sehr befriedigend. Für mich gibt es sowieso kein „pures“ Schauspielern, von dem die Leute manchmal reden. Es ist doch immer ein kollaborativer Prozess!

    FILMSTARTS: Du hast jetzt Hela und Galadriel gespielt, starke, popkulturell bedeutende Frauenfiguren. Wie siehst du die Perspektive für Frauenfiguren in der Popkultur?

    Cate Blanchett: Als ich aufwuchs, hatte ich keine Lust auf Barbies, ich war sehr aktiv und wollte was erleben. Aber meine Fantasiewelten konnte ich nur um männliche Helden und Antihelden aufbauen. Das ist natürlich völlig in Ordnung, aber es sollte eben nicht die einzige Möglichkeit sein. Wenn immer nur männliche Figuren die Protagonisten einer Erzählung sind, wird das irgendwann langweilig, für Jungs und für Mädchen. Da ergibt sich also eine ganze Welt an Potenzial, die man dummerweise und lächerlicherweise so lange nicht berücksichtigt hat. Wenn sich Männer und Frauen prügeln können, ergeben sich doch ganz neue Perspektiven für die Dramatik einer Geschichte. Und so langsam scheint man das endlich zu begreifen.

    „Thor 3: Tag der Entscheidung“ startet am 31. Oktober 2017 in den deutschen Kinos – unseren ausführlichen Bericht vom Set könnt ihr hier nachlesen.

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