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    FILMSTARTS-Meinung zum Start von "Wonder Woman": Endlich hat mal wieder jemand richtig Bock, ein Held zu sein

    Ganz egal ob bei Marvel oder DC – die meisten aktuellen Kino-Superhelden sind keine strahlenden Vorbilder, sondern vielmehr innerlich zerrissene Grübler. Auch deshalb bringt Wonder Woman jetzt so viel frischen Wind in das Genre!

    Warner Bros.

    Als Jerry Siegel und Joe Shuster in den 1930er Jahren mit Superman den ersten populären Superhelden der Comic-Geschichte erschufen, dauerte es nicht lange, bis jedes Kind (und insgeheim wohl auch so mancher Erwachsener) genauso sein wollte wie der Mann aus Stahl – ein strahlender selbstloser Held, dessen größte Schwäche eben nicht das Kryptonit ist, sondern dass er wirklich jeden Hilfsbedürftigen retten will, selbst wenn ihn das im Kampf mit dem Bösewicht in eine schlechtere Lage bringt.

    80 Jahre später legt der von Henry Cavill verkörperte DC-Superman im Finale von „Man Of Steel“ eine halbe Stadt in Schutt und Asche – Tausende Menschen sterben, aber der Held interessiert sich offenbar nur für das Duell mit seinem Widersacher und nicht für das Leid der ameisenkleinen Metropolis-Bewohner am Boden.

    Wir wissen nicht, wie viele Kinder heutzutage noch so sein wollen wie dieser Superman…

    Und es grübeln ja nicht nur die DCEU-Helden Batman und Superman, vielmehr gehört es im zeitgenössischen Superheldenfilm offenbar inzwischen zum guten Ton, dass die zweifelnden Helden entweder nur widerwillig agieren oder zumindest gar nicht so genau wissen, was nun eigentlich das Richtige bzw. Gute ist. Denn so lustig viele Marvel-Filme auch sein mögen, auch Iron Man, Captain America und selbst Thor sind alles andere als strahlende Helden.

    Disney

    So muss sich Thor in seinem ersten Soloabenteuer erst vom arroganten Prinzen zum selbstlosen Helden wandeln und ringt seitdem mit seiner doppelten Verantwortung als Thronfolger von Asgard und Beschützer der Erde. Und in „The First Avenger: Civil War“ geht es vor allem um die Frage, wer mit welchen Mitteln und unter welchen Bedingungen überhaupt wen retten kann, darf und soll, nachdem die Weltenrettung zuvor in „Avengers: Age Of Ultron“ zahllose zivile Opfer forderte.

    Nicht dass wir uns falsch verstehen: Solche (inneren) Konflikte können sehr spannend sein. Aber wo es in den 1930er Jahren ausschließlich mit strahlenden Helden losging, sind inzwischen gefühlt nur noch Zweifler und Zyniker übriggeblieben. Die beste Lösung läge wohl wie sooft irgendwo in der Mitte.

    Warner Bros.

    Und wohl auch deshalb hat uns in den vergangenen Jahren kaum ein Superheldenfilm so sehr mitgerissen und überwältigt wie nun eben „Wonder Woman“. Denn ausgerechnet Warner Bros. und DC, die für ihre düsteren Antihelden in „Man Of Steel“, „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ und „Suicide Squad“ zuletzt wiederholt viel Kritik einstecken mussten, präsentieren mit Gal Gadots Diana nun plötzlich eine selbstbewusste Heldin voller Optimismus, Herzensgüte und Selbstlosigkeit: Ohne zu zögern stürmt sie aus dem Schützengraben aufs offene Feld, um ein Dorf voller Unschuldiger zu retten, selbst wenn sie damit ihre eigentliche Mission gefährdet (eben genau wie einst Superman).

    Wonder Womans Verhalten ist übrigens nie naiv – vielmehr setzt sie ein wichtiges Zeichen, geht als leuchtendes Beispiel voran, ist eben eine echte Heldin und damit ein Vorbild, zu dem man unbedingt aufschauen darf.

    Offenbar trifft Regisseurin Patty Jenkins mit dieser Heldin genau den Nerv der Zeit: Nicht nur wir sind begeistert, auch bei den US-Kritikern hat „Wonder Woman“ voll eingeschlagen und die Publikumsstimmen im Internet sind bislang ebenfalls fast ausschließlich positiv, wenn nicht sogar restlos euphorisch.

    Das liegt neben allen Qualitäten des Films sicherlich auch daran, dass die Fülle an düsteren, zerrissenen Helden wie jeder einseitige Trend inzwischen zu einer gewissen Übersättigung geführt hat. Und vielleicht hat es auch damit zu tun, dass sich die Welt außerhalb des Filmbusiness seit „The Dark Knight“ so sehr verändert hat. In Zeiten von Terrorgefahr, Rechtspopulismus und allgemeiner Verunsicherung sehnen sich viele Zuschauer womöglich einfach nach echten Helden, die nicht auf Teufel komm raus mit Ambivalenzen aufgeladen werden.

    Diesem Deutungsansatz hat sich übrigens auch Regisseurin Patty Jenkins selbst kürzlich in einem Interview angeschlossen. Aber wie dem auch sei: Wir würden uns freuen, in Zukunft neben den grüblerischen Anti-Helden wieder auch mehr optimistische Helden à la Wonder Woman zu sehen zu bekommen. Die Mischung macht’s.

    Wonder Woman“ läuft seit dem 15. Juni in den deutschen Kinos.

     

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