Mich hat in meinem ganzen Leben noch nie ein Film so sehr geflasht (und ich habe als Filmkritiker mit Anfang 30 schon mehr als 10.000 davon gesehen).
Das war im Kino sogar dermaßen überwältigend, dass ich mir nach der eröffnenden Rave-Szene mit ihren extremen Stroboskopeffekten ernsthaft Gedanken gemacht habe, ob ich das Ende des Films überhaupt noch erleben werde (zumal die Kinoverantwortlichen die anfängliche Einblendung sehr ernst genommen haben, man solle den Film doch bitte so laut wie möglich vorführen).
Sich „Der Nachtmahr“ anzuschauen, ist nicht nur eine geistige und emotionale, sondern auch eine körperliche Erfahrung – er fährt wirklich direkt in die Eingeweide (und wühlt da dann ordentlich drin rum)! Und nachdem ich es gestern Abend ausprobiert habe, kann ich nun verkünden: Mit der richtigen Anlage (und verständnisvollen Nachbarn) lässt sich der Effekt tatsächlich auch im Heimkino erzielen!
Zur Deutung des Nachmahrs habe ich schon in meiner 4,5-Sterne-Kinokritik geschrieben: „Ob es sich bei der Kreatur irgendwo zwischen E.T. und einem abgetriebenen Fötus nun um ein tatsächliches Monster oder um die Manifestation einer Psychose, Magersucht oder Depression handelt, ist dabei am Ende herzlich egal: Was zählt, ist der Trip, auf den einen Akiz hier für 88 unvergessliche Minuten mitnimmt.“
Aber wo der Trip für das Publikum nur knappe eineinhalb Stunden dauert, war der Nachtmahr für Regisseur Akiz ein Projekt, das mehr als zehn Jahre seines Lebens dominierte. In der Dokumentation „Der Nachtmahr – und wie er in die Welt kam“ (im limitierten Mediabook mit enthalten) zeichnet Regisseurin Ricki Bornhak nach, wie sich die Horrorgestalt langsam in das Leben ihres Schöpfers hineinfraß und bald sogar zu so etwas wie einem weiteren Familienmitglied wurde.
Zunächst war die Kreatur nicht mehr als eine bewegungslose Skulptur (die Akiz immer weiter perfektionierte, etwa durch das Hindurchschimmern der Adern), bis sich der Regisseur und ein Kumpel schließlich mit einer Lüge Zutritt zu den Muppet-Studios verschafften, um sich dort Ideen dafür zu holen, wie man dem Nachtmahr das Bewegen und Schlurfen beibringen könnte.
Nach und nach verkaufte Akiz immer mehr Dinge aus seiner Wohnung und zog schließlich sogar mit seiner Familie ganz in einen Bus, um weiter an seinem Nachtmahr arbeiten zu können. Und das ist nur der Anfang einer epischen Obsession, aber wir wollen ja auch nicht alles schon an dieser Stelle verraten…
Der Wahnsinn des Films spiegelt sich also auch in seiner Entstehungsgeschichte wider – und das macht ihn nur noch faszinierender. Wer sich Genrefan schimpft, aber „Der Nachtmahr“ nicht gesehen hat (am besten noch mit der Begründung, dass er generell keine deutschen Filme schaut), dem ist auch nicht mehr zu helfen - bzw. doch, denn jetzt gibt es „Der Nachtmahr“ ja zum Glück auf Blu-ray und DVD: