Platz 9: „Chinatown“
(Roman Polanski, USA 1974)
Roman Polanskis hochkomplexer und meisterhaft inszenierter Neo-Noir-Thriller „Chinatown“ ist keiner jener Filme, die einem am laufenden Band Adrenalinstöße durch die Glieder fahren lassen. Polanski legt es nicht darauf an, sein Publikum in den Würgegriff zu nehmen und ihm in dichter Folge kleine Schocks zu verpassen. Stattdessen glänzt Polanski hier als hervorragender Erzähler, dem es gelingt, Robert Townes perfektes Drehbuch mit seiner labyrinthischen Story vom Privatdetektiv Jake Gittes (Jack Nicholson) und seinen Ermittlungen im korrupten und von Mauscheleien geprägten Milieu der Landlords und Wasser-Tycoons im Kalifornien der späten 30er Jahre zu entwirren. Auch wenn sich dabei immer wieder Abgründe am Wegesrand auftun und der Zuschauer mit Genuss den Fährten folgt, die ihm hier gelegt werden, ist es das Schlussdrittel, das einem hier einen Stich ins Herz versetzt und bei dem sich das Tor zu einer Hölle aus Inzest, Mord und nackter Verzweiflung auftut. Auch das gnadenlos-bittere Finale wird noch lange schwer im Magen liegen. Polanski versteht sich perfekt darauf, sein Publikum mit einem klassischen Detektiv-Plot aus der Deckung zu holen und ihm dann unversehens mit Eindrücken aus der zwischenmenschlichen Hölle zu konfrontieren.