Platz 27: „Es war einmal in Amerika“
(Sergio Leone, USA/Italien 1984)
Wenn Sergio Leone in epischen vier Stunden vom Leben, Lieben, Verrat, Hass, Intrigen und immer wieder auch von Mord und Totschlag jüdischer Gangster (der sogenannten Kosha Nostra) zu Zeiten der Prohibition berichtet, ist das nicht nur ein von enormer Detailfreude in Inszenierung, Ausstattung, Plot und Erzählung geprägter Blick auf die ersten Stunden des organisierten Verbrechens in den USA, sondern auch eine filmische Suche nach Prousts verlorener Zeit. Der nicht weniger als grandios zu bezeichnende Schnitt Nino Baraglis, dem ganz nebenbei der Kunstgriff gelingt, vier Stunden Spielzeit im Nu verfliegen zu lassen, montiert hier kunstvoll unchronologisch und von Assoziationen und Gedankenspielen zusammengehaltene Lebensgeschichte des jungen Gangsters Noodles (Robert De Niro) - von seinen ersten kriminellen Gehversuchen bis zum Alkoholschmuggler-Magnat und Mafia-Ausputzer. Dabei sieht man Leones Mammutwerk zu jedem Zeitpunkt die Jahrzehntelange Vorbereitung und die Liebe an, die er in dieses wuchtige und in seiner Opulenz nahezu aus allen Nähten platzende Werk gesteckt hat. Zudem darf man Robert De Niro hier auf der absoluten Höhe seines Könnens erleben. Seine Darstellung macht die höchst problematische und in ihrer Brutalität und ihrem extrem ruppigen Umgang mit Frauen äußerst verachtenswerte Rolle des Noodles überhaupt erst erträglich und verleiht dem ungeschlachten Scheusal eine emotionale Fallhöhe, die sie braucht, um überhaupt unser Mitleid zu verdienen. „Es war einmal in Amerika“ besitzt einen erzählerischen, darstellerischen und inszenatorischen Reichtum, der für zehn Filme reicht. Ein Film, der den Betrachter förmlich unter sich begräbt.