Platz 1
„Inherent Vice - Natürliche Mängel“ (Jonny Greenwood)
Würde man Jonny Greenwood nicht als Leadgitarristen und Keyboarder der Rockband Radiohead kennen, brächte man den Briten mittlerweile wohl am ehesten mit den Filmen von Paul Thomas Anderson in Verbindung. Nachdem Greenwood mit seinen Kompositionen zu Andersons „There Will Be Blood“ und „The Master“ bereits zwei Meisterwerke der modernen Filmmusik schuf, knüpft er mit seinem fulminanten Score zu Andersons kryptischen „Meisterwerk des Schrägen“ (--> zur FILMSTARTS-Kritik) an die ungemeine Vielschichtigkeit seines musikalischen Spektrums an.
Erneut gelingt es Greenwood, mit einer gehörigen Portion Mut zur Disharmonie, einen so faszinierenden wie zugleich irritierenden Klangteppich auszubreiten, in dem man sich förmlich verliert. In welcher Filmmusik reißt einen schon mal eine ungestimmte Bratsche völlig unerwartet aus dem Konzept? Und welche Musik zu einem Film über die farbenfrohe Ära der Swinging Sixties hebt sich mit ihren melancholischen, größtenteils klassisch anmutenden Klängen so entschieden vom Schauplatz des Films ab?
Allein für dieses einfallsreiche Spiel mit den Erwartungen, welches Greenwood hier nicht zum ersten Mal mit den Zuschauern und -hörern treibt, hätte das Radiohead-Mitglied einen Oscar mehr als verdient. Dringende Hörempfehlung ist die insgesamt 15-minütige Mini-Suite, die sich aus den drei Stücken „Shasta“, „Shasta Fay“ und „Shasta Fay Hepworth“ ergibt: Wie sich hier verzerrende Gänsehautmomente mit Melodien von poetischer Schönheit abwechseln, ist schlicht und einfach ein Geniestreich sondergleichen!