Das FILMSTARTS-Interview zu „Deadpool“ mit den Machern des Superhelden-Krachers
FILMSTARTS: Erzählt uns etwas über die Bösewichte im Film. Für welche Organisation arbeitet Ajax?
Tim Miller: Das ist so etwas wie die Billig-Variante von „Weapon X“ und sie funktioniert so ähnlich wie ein Hersteller von gefälschten Markenartikeln. Was die Regierung in großem Stil mit bester technischer Ausstattung betreibt, das machen sie auf kleinere, dreckigere Weise. Sie holen sich dafür Leute von der Straße oder kranke Menschen, die keine Hoffnung mehr haben, wie Wade Wilson.
Rhett Reese: Wir haben Ajax und Angel Dust, ein paar andere Figuren haben es nicht in die finale Version geschafft. Zuvor waren beispielsweise Garrison Kane und noch ein anderer Bösewicht dabei, den wir aus Budget-Gründen verloren haben. Beide wurden dann in der Figur von Angel Dust zusammengeführt. Wahrscheinlich ist das auch gut so. Manchmal machen zu viele Bösewichte einen Film unübersichtlich.
Paul Wernick: Wir wollen nicht „Spider-Man 3“ sein. Wie viele Bösewichte gab es da noch einmal? Der dritte Teil hatte wirklich eine Menge…
FILMSTARTS: Und Ajax gegenüber steht Deadpool, der sich an ihm dafür rächen will, dass er zum Mutanten wurde. Pure Rache hört sich nicht nach einem guten Motiv für einen Superhelden an, oder?
Paul Wernick: Es ist zwar eine Rache-Geschichte, aber es steckt noch viel mehr drin. Es ist auch eine romantische Komödie, in der die zwei gebrochenen Seelen Vanessa (Morena Baccarin) und Wade Wilson zueinander finden. Es geht um Liebe, um Rache, um Erlösung…
Rhett Reese: …aber natürlich auch um das gute alte Gut-gegen-Böse. Deadpool ist zwar ein Antiheld und macht auch Fehler, er hat Blut an seinen Händen und ist nicht perfekt. Aber wir haben ihm eine Figur gegenübergestellt, die viel, viel schlimmer ist, und so ist es neben einer persönlichen Rache-Geschichte auch eine Story über einen etwas zwielichtigen Typen, der einen eindeutig bösen Typen bekämpft. Und Deadpool will ja auch ein besserer Mensch werden.
FILMSTARTS: Bisher ist uns von allen Beteiligten viel Begeisterung und Leidenschaft entgegengeschlagen, nicht nur für Filme, sondern auch für Comics…
Tim Miller: Ich bin ein Hardcore-Fan, seit 30 Jahren. Ich liebe die X-Men-Geschichten, vor allem die Dark-Phoenix-Saga. Und ich mag die Marvel-Figuren generell lieber als die DC-Figuren, weil sie einfach menschlicher sind. […] Ich will mir diese Figuren ansehen können und denken: Also wenn ich Superkräfte hätte, dann wäre ich vielleicht so wie die. Deswegen möchte ich, dass in unserem Film alles so geerdet wie möglich ist.
John Kelly: Ich muss zugeben, als ich im Oktober 2014 den Anruf bekam, ob ich diesen Film produzieren will, hatte ich absolut keinen blassen Schimmer, worum es geht. Ich hatte noch nie von „Deadpool“ gehört. Aber dann habe ich das Drehbuch gelesen und fand es sehr witzig. Ich habe mich viel mit der Figur und den Fans beschäftigt und wie sich Deadpool von den anderen Marvel-Helden unterscheidet. Beeindruckt hat mich auch das Engagement von Tim und Ryan. Tim hat ein etwa drei Meter hohes Regal voller Comics, die er alle gelesen hat. Er ist ein riesiger Fan. […] Und Ryan versucht das Ding schon seit rund zehn Jahren auf den Weg zu bringen. Er ist total engagiert und hat wirklich viel Zeit und Energie investiert. Er lebt für diesen Film und beschützt „Deadpool“, damit er auch wirklich so wird, wie ihn die Fans haben wollen.
FILMSTARTS: 2016 kommen drei X-Men-Filme ins Kino, „Deadpool“, „X-Men: Apocalypse“ und „Gambit“. Wie passt „Deadpool“ in das übergeordnete X-Men- und Marvel-Universum? Wurdet ihr angehalten, Zusammenhänge herzustellen? Wir sehen hier auf den Produktionsbildern einen Helicarrier wie bei den Avengers…
Tim Miller: Das ist kein Helicarrier. Das ist ganz offensichtlich kein Helicarrier! Denn das würde die Regeln des Marvel-S.H.I.E.L.D.-Universums brechen, nicht wahr? (zwinkert) […] Um fair zu bleiben, Gefährte solcher Art gibt es ja nicht nur bei den Avengers, es ist also nicht so unnormal, es einzusetzen. Für meinen Teil wollte ich einfach noch einmal verdeutlichen, wie Deadpool zum Rest des Marvel-Universums steht, in dem alles glänzt und großartig ist. Deadpool gehört in eine viel schmutzigere, alltäglichere Welt, dennoch ist er Teil des Marvel-Universums und sein Film gliedert sich da irgendwie ein. Also gibt es im Film auch Verweise, aber eben auf Deadpool-Art. Da ist dann eben ein hässlicher und schmutziger Carrier, der auf dem Schrottplatz darauf wartet, entsorgt zu werden. Er ist nicht das glänzende S.H.I.E.L.D.-Ding, er sieht eher aus wie ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg.
Paul Wernick: Ich würde sagen, „Deadpool“ steht eher für sich, atmet aber den Geist des X-Men-Filmuniversums, wenn das irgendwie Sinn ergibt. Colossus kommt in unserem Film vor, der war ja auch schon in den X-Men-Filmen dabei [gespielt von Daniel Cudmore]…
Tim Miller: Ja, das ist ein weiterer kleiner Hinweis darauf, dass es da noch mehr gibt, dieses X-Men-Universum nämlich, zu dem Deadpool aber einfach nicht gehören will...
Rhett Reese: „Deadpool“ passt insgesamt schon in die übergeordnete Zeitlinie der X-Men-Filme, die Simon Kinberg sich vorstellt, und er achtet darauf, dass am Ende alles passt. Wenn wir da mal mit unseren Ideen aus dem Rahmen fielen, und die Momente gab es, hat er uns darauf aufmerksam gemacht. Insgesamt passen wir also in das übergeordnete Universum, aber die interessante Frage ist vor allem, wie es nach diesem Film weitergeht. Ich schätze, im Falle eines Erfolgs wird „Deadpool 2“ kommen und da wird er dann in das X-Men-Ensemble aus den anderen Filmen eingegliedert.
FILMSTARTS: Ihr arbeitet also bereits an einer Fortsetzung?
Rhett Reese: Wir haben am Ende einige lose Fäden, die man wiederaufnehmen könnte, aber wir werden dann erst entscheiden, mit welchen Elementen wir weiterarbeiten und mit welchen nicht, wenn es soweit ist. Wir haben uns aber auf jeden Fall schon ein paar Gedanken gemacht.
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