Fan-Theorien zu bekannten Filmen sind immer so eine Sache. Nur selten finden sich unter den zahllosen Vertretern dieser zerebralen Ergüsse wirklich interessante Ideen an. Die meisten erweisen sich nicht selten als an den Haaren herbeigezogen oder schlichtweg lächerlich. Doch hin und wieder wird eine Neuinterpretation eines bekannten Werks in die Welt gesetzt, die regelrechte Offenbarungen bereithält. Eine dieser spannenden Revisionen haben wir auf dem YouTube-Kanal von Wisecrack entdeckt, der mit einer geradezu erleuchtenden Neuinterpretation des Disney-Klassikers „Der König der Löwen“ aufwartet. Seht hier das Video aus der Reihe EARTHLING CINEMA: Your Favorite Movies Get Probed By Aliens, bevor hier auf die wichtigsten Punkte der Analyse eingegangen wird:
Einführend geht der Sprecher mit den prominenten Augenbrauen auf die Figuren und ihre eigentlichen Beweggründe ein. Seine wortwörtliche Lesweise von Simbas Lied „Ich will jetzt König sein" führt ihn zu der Vermutung, dass der junge Thronfolger den baldigen Tod seines Vaters Mufasa ersehnt, um sich selbst alsbald König über das Reich der Tierwelt nennen zu können. Für das Gelingen dieses unterbewussten Wunsches sorgt bald darauf Simbas Onkel Scar, der Mufasa in einen Moshpit voller Antilopen befördert, wo dieser auch sogleich das Zeitliche segnet. Da Scar aber anstelle von Simba das Erbe Mufasas an sich reißt, sieht sich Simba gezwungen, ein Leben im Exil zu suchen, was angesichts der Freundschaft mit dem schwulen Hippie-Pärchen Timon und Pumbaa gar nicht so übel ist wie erwartet.
Doch das friedliche Leben in der Kommune wird schon bald durch die Präsenz der machtgierigen Löwin Nala gestört, die den friedliebenden Simba dazu ermutigt, die Krone an sich zu reißen. Immerhin ist für sie ein Platz an der Seite Simbas als Königin im Spiel. Als auch noch der Geist von Mufasa selbiges wiederholt, setzt Simba schließlich diesen Plan in die Tat um, was mit dem Tod von Onkel Scar endet. Der Kreis des Lebens wird schließlich mit der Geburt eines neuen kleinen Thronfolgers geschlossen, der womöglich den gleichen Schlamassel auslösen wird, wie einst sein Vater. Aber auch das ist Teil des Lebenskreises.
Nach diesen einführenden Erläuterungen kommt der Sprecher auf den eigentlichen Kern seiner Analyse: „Der König der Löwen“ strotzt nur so vor Querverweisen auf andere kulturelle Erzeugnisse, sei es in der Literatur oder in der Welt des Films. Das fängt an bei dem Anime „Kimba, der weiße Löwe" und geht weiter mit William Shakespeares „Hamlet", an dem sich die Macher des Disney-Films scheinbar reichlich bedient haben müssen. Denn gleich drei handlungszentrale Parallelen existieren zwischen den beiden Geschichten: Der König wird von seinem Bruder ermordet, der Sohn des Königs wird vom Geist seines Vaters heimgesucht und zwei komische Weggefährten unterstützen den Titelhelden auf seiner Mission.
Doch nicht nur auf inhaltlicher Ebene haben sich die schlauen Köpfe hinter „Der König der Löwen“ bei anderen berühmten Werken bedient, auch inszenatorisch weist der Film mancherlei Parallelen zu bekannten Filmen auf. Allen voran ist hier Leni Riefenstahls NS-Propagandafilm „Triumph des Willens" zu nennen, der hierzulande nach wie vor nicht auf legalem Wege erworben werden kann. Wenn Scar die ehemals verhassten Hyänen aufmarschieren lässt und ein Lied von einer neuen Weltordnung anstimmt, erinnern diese Bilder durchaus an Adolf Hitlers Rede beim Reichsparteitag der NSDAP und den marschierenden Heerscharen, die Riefenstahl in ihrem Film festhielt.
Natürlich kann man auch von dieser gewagten Fan-Theorie halten was man will, aber eines ist unbestreitbar: So niveauvoll, tiefschürfend und augenzwinkernd sind nur die wenigsten Theorien. Und das ist uns zumindest eine gebührende Erwähnung wert.