Platz 20
David Lynch, USA / Frankreich 2001
Filme wie Davis Lynchs „Mulholland Drive“ werden nicht deshalb so häufig mit Gedichten verglichen, weil sie im strengen Sinne poetisch wären oder mit besonders sinnlicher Stilistik das Große, Schöne und Ewige beschreiben. Stattdessen unterläuft „Mulholland Drive“ einem Gedicht gleich die Grenzen und Konventionen des Rationalen und Nachvollziehbaren, sodass es sogar unklar erscheint, ob die Frage nach einem tieferen Sinn überhaupt angemessen ist. Folgendes lässt sich sagen: Die ehrgeizige Betty (Naomi Watts) kommt nach Hollywood, um es dort als Schauspielerin zu schaffen und vorerst das Haus ihrer Tante zu hüten. Darin trifft sie überraschend auf die fremde Camilla (Laura Elena Harring), die unter Gedächtnisverlust leidet. Gemeinsam versuchen sie herauszufinden, was geschehen ist. In ihrem Schlepptau folgt ihnen der Zuschauer dabei durch ein seltsames Los Angeles, in dem Frauenleichen in abgeschlossenen Häusern liegen, bedrohliche aber unbekannte Gestalten hinter der nächsten Mauer lauern und zusammen mit den Grenzen der Zeit auch die Grenzen von Liebe, Lust und Hass durchschritten werden. Die Frage nach der echten Realität wird zunehmend obsolet – die Wirklichkeit und Eindringlichkeit der Angst, Wut und Gier sind das Einzige, was noch zählt. Mit „Mulholland Drive“ schuf Lynch sein vielleicht bestes Werk im Bereich des surrealen Spielfilms, bei dem der wahre Thrill weniger auf der mäandernden, bruchstückhaften Handlung basiert, sondern auf der rätselhaften und unheimlichen Figurencollage, die in den dunkelsten und zugleich loderndsten Farben gezeichnet ist.