Die meisten Action-Fans dürften Paul Greengrass vor allem für seine Beiträge zur „Jason Bourne“-Saga kennen, schließlich setzte er mit „The Bourne Ultimatum“ nicht nur den besten Teil der Reihe, sondern auch einen der stärksten Actionfilme seit der Jahrtausendwende in Szene. Und dass seine Agenten-Reißer nicht zuletzt auch von ihrem Realismus leben, kommt nicht von ungefähr. Denn der Brite hat ein Faible für erfahrbares, authentisches Kino – und entwickelte sich so nicht ganz zufällig auch zu einem wahren Spezialisten für Verfilmungen wahrer Ereignisse.
In „22. Juli“ rollt er die Geschehnisse vom 22. Juli 2011 auf, an dem Anders Breivik auf der norwegischen Insel Utøya ein verheerendes Blutbad anrichtete, und in „Captain Phillips“ erzählt er den Piratenangriff auf die Maersk Alabama vom April 2009 nach. Der vielleicht intensivste und spannendste Film von Paul Greengrass ist aber wohl „Flug 93“, in dem er die Ereignisse vom 11. September 2001 aus der Sicht des titelgebend Linienflugs der United Airlines schildert – den ihr jetzt komplett kostenlos auf YouTube findet:
Verleiher Studiocanal hat den Film selbst auf dem hauseigenen Kanal hochgeladen und damit allen frei zugänglich zur Verfügung gestellt – und wir können nur empfehlen, diese Gelegenheit zu nutzen, um „United 93“ (so der internationale Titel des Films) spätestens jetzt nachzuholen. Aber schnallt euch besser an, dieser Film ist wahrlich nichts für schwache Nerven…
Darum geht's in "Flug 93"
Für die Crew und Passagiere des Fluges United Airlines 93 beginnt der 11. September 2001 wie ein ganz normaler Tag. Das ändert sich allerdings kurz nachdem der Vogel in der Luft ist – und eine Gruppe von islamistischen Terroristen die Maschine in ihre Kontrolle bringt.
Die Menschen an Bord wissen gar nicht, wie ihnen geschieht – erfahren dank geheimer Telefonate mit ihren Angehörigen aber immerhin, dass es bereits Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon gab. Die Erkenntnis, dass auch ihr Flieger Werkzeug für einen Anschlag zu sein scheint, entfacht unter den ihnen schließlich eine Debatte – die zu einer folgenschweren Entscheidung führt…
Packend, authentisch und unglaublich emotional
„Flug 93“ ist ein beklemmendes Stück filmischer Geschichtsaufarbeitung, das man gesehen haben sollte – und das auch noch lange nach dem Abspann an einem nagt. Schließlich haben wir es hier nicht mit einem klassischen, fiktiven Hollywood-Drama zu tun, sondern mit einer Nacherzählung höchst dramatischer Ereignisse.
Wohl so ziemlich jeder dürfte noch ganz genau wissen, was er gerade tat, als die in Rauch und Flammen aufgehenden Twin Towers plötzlich überall auf den Fernsehbildschirmen zu sehen waren. Und vor Augen geführt zu bekommen, was die direkt betroffenen Menschen an jenem Tag durchmachen mussten, geht auch heute noch durch Mark und Bein.
Was das Ganze zu einer emotionalen Achterbahnfahrt macht, zu einer kaum auszuhaltenden Tour de Force, sind dabei die vielen Entscheidungen der Macher, auf Authentizität zu setzen. Denn zum Cast gehören nicht etwa reihenweise große Stars (die Greengrass sicher vor seine Kamera bekommen hätte), sondern tatsächliche Piloten, Flugbegleiter*innen sowie Fluglotsen, die zum Teil auch am 11. September im Dienst waren – und für ihre Rollen auch keine Dialoge strikt auswendig lernen mussten, sondern Raum zur Improvisation bekamen. So sollte das Publikum das beängstigend-beklemmende Gefühl bekommen, selbst mit an Bord zu sein. Und dieser Plan ging unserer Meinung nach voll auf!
In der FILMSTARTS-Kritik gab es für den zweifach oscarnominierten Film (in den Kategorien Bester Film und Bester Regisseur) so auch die vollen fünf Sterne und eine uneingeschränkte Empfehlung – für ein im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubendes Erlebnis, das einem Schlag in die Magengrube gleichkommt.
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