Wenn Filmemacher und Filmemacherinnen mit aufwendig in Szene gesetzten, gerne auf brutale Details setzende Schlachtsequenzen auffahren, dann wird ihren Kriegsfilmen immer wieder aufs Neue vorgeworfen, sich an Zerstörung und Verderben zu laben. Ja, es sind nicht selten in erster Linie spektakuläre Schauwerte, wenn das Massensterben auf einer Art Abenteuerspielplatz für Erwachsene stattfindet – und genau das darf man mit Fug und Recht hinterfragen.
Es gibt aber Filme, die es in ihrer Anti-Kriegs-Botschaft verweigern, direkt an der Front zu gehen und stattdessen vielmehr die Psychologie ihrer Protagonisten in Augenschein nehmen. So auch „Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence“ aus dem Jahre 1983. Ihr habt den Film bislang noch nicht gesehen? Heute, am 11. November könnt ihr ihn ab 21.40 Uhr bei Arte nachholen - ganz ohne Werbung!
Darum geht’s in "Furyo"
Im Jahr 1942: Der britische Major Jack Celliers (David Bowie) wird in ein japanisches Kriegsgefangenenlager auf Java verlegt. Hauptmann Yonoi (Ryūichi Sakamoto) führt dieses mit eiserner Faust. Der Kommandant, der fanatisch auf Disziplin und Ehre pocht, hat nur Verachtung für die Gefangenen übrig, weil sie sich der Gefangenschaft hingegeben, anstatt Selbstmord zu begehen.
Einer der Gefangenen, der Übersetzer John Lawrence (Tom Conti), der mit den japanischen Traditionen und Sitten vertraut ist, versucht zwischen den Kulturen zu vermitteln und seinen Mitgefangenen die Denkweise der Japaner etwas näherzubringen. Doch dafür wird Lawrence von beiden Seiten mit Missachtung gestraft...
Dieser Film geht unter die Haut
Wer seine Kriegsfilme eher brachialer und mit großen Effekten ausgestattet mag, wird von „Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence“ enttäuscht. Kraftvoll ist Nagisa Ôshimas Werk aber von der ersten bis zur letzten Minute. Nicht nur, weil der Film handwerklich ebenfalls sehr beeindruckend in Szene gesetzt wurde und die bedrückende Stimmung in dem Gefangenenlager, zwischen sengender Hitze, Demütigung und Todesängsten, für die Zuschauer*innen erfahrbar macht.
Seine wahre Stärke entfesselt „Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence“ als subtiles Charakterdrama über Männlichkeit innerhalb von militärischen Kulturen – und hier spiegelt Ôshima die Alliierten mit den Japanern. Nach und nach werden ganz leise unterdrückte Bedürfnisse an die Oberfläche gespült – und „Furyo“ verhandelt die Bedeutung von Stolz, Sühne und sexueller Identität. Gerade im letzten Drittel entstehen dabei unvergessliche, zutiefst berührende Momente purer Wahrhaftigkeit.
Schon gewusst? Einer der besten Kriegsfilme der letzten 20 Jahre hat gleich drei Fortsetzungen, von denen kaum jemand etwas weiß. Um welchen Film es sich handelt, erfahrt ihr im nachfolgenden Artikel:
Einer der besten Kriegsfilme der letzten 20 Jahre hat gleich 3 (!) Fortsetzungen, die kaum jemand kennt