In der „Star Wars“-Mythologie sind Kyberkristalle ein zentrales Element für die Konstruktion von Lichtschwertern. In der Serie „The Clone Wars“ sahen wir zum Beispiel, wie Jedi-Jünglinge sich mit der Hilfe der Kristalle ihr eigenes Lichtschwert bauen.
Die Kristalle sind ursprünglich farblos, erst durch die Verbindung ihres Trägers zur Macht nehmen sie eine Farbe an (klassisch oft blau und grün). Doch die Sith und andere dunkle Machtnutzer manipulieren diese Kristalle durch einen Prozess namens Bluten.
Beim Bluten eines Kyberkristalls wird dieser durch intensive negative Emotionen wie Hass, Zorn und Leid förmlich gezwungen, sich zu verändern. Dieser gewaltsame Prozess überträgt die dunkle Seite der Macht auf den Kristall, der daraufhin rot leuchtet. Dies ist der Grund, warum die Lichtschwerter der Sith und anderer dunkler Machtnutzer immer rot sind.
Das Bluten: Zuvor in Comics, Romanen und einem Videospiel
In den „Star Wars“-Comics und Romanen spielte das Bluten bereits eine Rolle. So erfuhren wir dort bereits in großer Ausführlichkeit, wie Darth Vader den Kristall eines besiegten Jedi übernimmt und ihn durch den Schmerz und Zorn, die er in sich trägt, zum Bluten bringt. Sehr gut zu sehen ist der Prozess auch im Marvel-Comic „Der Aufstieg Kylo Rens“ von Autor Charles Soule, der auch als Berater an „The Acolyte“ beteiligt war.
Ben Solo schließt hier seinen Wechsel zur dunklen Seite mit dem Bluten eines Kristalls ab. Hier ist aber bereits zu sehen, dass noch ein wenig Licht im Kristall zurückbleibt, etwas von der hellen Seite der Macht erhalten ist. Der Kristall blutet hier auch nicht vollständig, sondern zerbricht durch den Konflikt zwischen dunkler und heller Seite in zwei Teile. Das macht das Lichtschwert instabil, weswegen der sich nun Kylo Ren nennende Sith seine spezielle Waffe bauen muss, in der die Kraft des Kristalls aus gleich drei Seiten entweichen kann.
Kurze bewegte Bilder des Blutens gab es zudem im Videospiel „Star Wars: Jedi Survivor“. In „The Acolyte“ gibt es jetzt das Live-Action-Debüt im Kanon. Der kurze Moment illustriert, wie viel Hass sich in Osha (Amandla Stenberg) angestaut hat. Denn das Besondere in der Serie ist: Sie löst den Bluten-Prozess nicht aktiv aus.
Warum das Bluten in "The Acolyte" so besonders ist
Darth Vader und Kylo Ren wollten die Kristalle bluten lassen. Sie wussten, was sie tun. Osha hat keine Ahnung, womöglich noch nie davon gehört, dass das möglich ist. Mit der kurzen Szene verraten uns die „The Acolyte“-Verantwortlichen daher unglaublich viel über ihre Persönlichkeit. Es zeigt uns, dass ihr Wechsel auf die dunkle Seite keine spontane, unvorbereitete und überstürzte Aktion ist – ganz im Gegenteil.
Der Prozess zieht sich schon seit 16 Jahren und den tragischen Ereignissen auf Brendok hin. Auch wenn sie nicht mehr aktiv wusste, was damals passiert ist, hat sich alles in ihrem Unterbewusstsein angestaut. Das wird uns ja auch über den Verlauf der Serie erzählt. Sie glaubt zwar, dass sie die Jedi aus eigenen Stücken verlassen hat, doch in Wirklichkeit musste sie gehen. Denn die düsteren Gefühle in ihrem Innern hielten sie zurück, machten es unmöglich für sie, eine Jedi zu werden.
Die dunkle Seite der Macht hat sie nach und nach von innen aufgefressen, der Fremde (Manny Jacinto) das nur genutzt. Die Bestätigung, dass Sol (Lee Jung-jae) ihre Mutter (Jodie Turner-Smith) getötet hat und ihre daran anschließende Tat, hat nur den letzten Anstoß zu ihrem endgültigen Wandel gebracht.
Passend zeigt „The Acolyte“ kurz in Großaufnahme, wie der Kristall übernommen wird. Mit der Großaufnahme ruft man uns auch noch mal kurz in Erinnerung, warum ihr Kristall überhaupt in dieser Szene bluten konnte. Kurz zuvor wurde der Griff des Lichtschwerts von Sol ja beschädigt. Der Kristall lag so offen. Nur deswegen hatten er und Osha in dieser Szene überhaupt direkten Kontakt, konnten ihre Gefühle den Kristall übernehmen, begann dieser das Bluten. Normalerweise müssen dunkle Machtnutzer die Kristalle nämlich sonst aus den Schwertern entfernen.
Die Großaufnahme symbolisiert aber nicht nur das beschriebene langsame Auffressen, welches sich in Osha über 16 Jahre ereignet hat, sondern verdeutlicht auch die destruktive Natur der dunklen Seite der Macht.
Der brutale Prozess des Blutens: Die Zerstörung der Natur
George Lucas hat den Zwist zwischen heller und dunkler Seite auch immer wieder – schon weit vor der Öko-Bewegung der Moderne – anhand der Natur beschrieben. Die helle Seite steht im Einklang mit dieser, es gilt die Umwelt mit all ihren Lebewesen zu schützen. Jegliches Zerstören und Töten darf nur der letzte Ausweg sein. Die Jedi nutzen so zum Beispiel auch bevorzugt das bereits natürlich Vorhandene für ihre Tempel. Die dunkle Seite zerstört im Gegenteil die Natur. Das Imperium zeigt zum Beispiel keine Skrupel, ganze Wälder abzuholzen.
Auch die Kyberkristalle sind natürlich. Sie sind quasi lebendig, eigentlich im Einklang mit der Macht, was den Akt des Blutens noch bedeutsamer macht: Es ist ein Akt der Gewalt gegen die Natur und die Macht selbst. Die Kristalle widersetzen sich so auch dem Bluten (was bei Darth Vader schön erklärt wurde). Wie schnell Oshas Kristall geblutet hat, verdeutlicht so zusätzlich, wie massiv all die negativen Emotionen sind, die sich in ihr angestaut haben und nun entladen.
Der zweite große Aspekt der aktuellen Folge von „The Acolyte“ ist die Einführung eines legendären „Star Wars“-Bösewichts: Darth Plagueis. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr im folgenden Artikel:
Darth Plagueis erklärt: Im Finale von "The Acolyte" sehen wir endlich einen legendären "Star Wars"-Bösewicht