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    TV-Tipp: Ein dreckiger Mega-Hit vom "Joker"-Regisseur – schon beim Angucken fühlt man sich schmutzig!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    „Joker“-Regisseur Todd Phillips feierte 2009 mit der turbulent-räudigen Komödie „Hangover“ einen gewaltigen Erfolg. Zwei Jahre später ließ er das dort etablierte Wolfsrudel einen zweiten verkaterten Morgen erleben – mit der Extraportion Elend!

    In wenigen Monaten startet die „Joker“-Fortsetzung „Joker: Folie à Deux“ im Kino. Regie führt erneut Todd Phillips, der bei seinem zweiten Gotham-Ausflug an der Genre-Stellschraube dreht: Während das Original ein von Martin Scorsese beeinflusstes Thriller-Drama ist, wird das Sequel ein Jukebox-Musical. Dass Phillips bei der Fortsetzung eines seiner Hits die Filmgattung ändert, dürfte jedoch nicht überraschen.

    Schließlich inszenierte er zuvor die „Hangover“-Trilogie, die mit einer locker-zotigen Komödie voller Las-Vegas-Flair begann und mit einem humorig eingefärbten Entführungs-Thriller endete. Der Mittelteil wiederum ist ein faszinierendes Zwischending – und kann wieder im Free-TV erlebt werden: Sat.1 zeigt am 6. Juli 2024 ab 22 Uhr „Hangover 2“! Ein spätes Abendbrot während des Films würden wir aber nicht empfehlen, auch nicht, wenn ihr ihn als VOD via Amazon Prime Video schaut:

    In Las Vegas ist ihnen ein Junggesellenabschied gehörig entglitten, doch dadurch sind Phil (Bradley Cooper), Doug (Justin Bartha), Stu (Ed Helms) und Alan (Zach Galifianakis) zum Wolfsrudel zusammengewachsen – zu einer Freundesgruppe, die sich zwar regelmäßig in die Pfanne haut, aber in der Not füreinander da ist. Nun steht wieder ein Junggesellenabschied an: Stu heiratet im sonnig-grünen Thailand!

    Aufgrund seines strengen Schwiegervaters pocht Stu darauf, dass es dort gesitteter zugeht als in Las Vegas. Zudem soll auf Stus Geheiß das Wolfsrudel schonend mit seinem künftigen Schwager Teddy (Mason Lee) umgehen. Doch es kommt wie befürchtet: Phil, Alan und Stu wachen in einem heruntergekommenen Zimmer auf. Ohne Erinnerung. Mal wieder...

    "Hangover 2": Noch einmal, jetzt aber dreckig!

    Zweifelsohne: Todd Phillips, Craig Mazin und Scot Armstrong standen nie in Verdacht, mit ihrem „Hangover 2“-Skript einen Originalitätspreis zu gewinnen. Frei nach „Stirb langsam 2“ passiert hier denselben Typen derselbe Mist an einem anderen Ort nochmal. Und gemäß typischer Sequel-Regel wird heftiger geklotzt als im Erstling:

    Ja, den unschönen Morgen danach, den das Wolfsrudel in Las Vegas erlebte, dürfte sich kaum wer wünschen. Allein die Kosten, die damit einhergingen, die von den Chaoten verantwortete Schneise der Zerstörung wiedergutzumachen, sollten noch größere Kopfschmerzen verursachen als die Unmengen an Alkohol, die das Wolfsrudel konsumierte! Aber von der sicheren Position des Kinosessels (oder des heimischen Sofas) aus lässt sich das zotig-schräge Chaos aus „Hangover“ locker-leicht amüsiert verfolgen.

    Nicht mehr so in „Hangover 2“: Hier tut bereits das Zuschauen weh, wenn sich das verkaterte, ranzige, durchgeschwitzte Trio in seiner versifften Ruhestätte erhebt und beäugt, in welchem Chaos es sich befindet. Und spätestens die Entdeckung eines abgetrennten Fingers offenbart: Das lässt sich nicht mehr mit einem Spruch der Marke „Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas“ wegwischen...

    Unsympathisches Wolfsrudel

    Phil, Alan, Stu und der sich mit ihnen aus dem klebrigen Elend zerrende Gangster Leslie Chow (Ken Jeong) waten anschließend durch kryptische Hinweise auf eine Nacht, die einem Sumpf aus Peinlichkeiten, Aggressionen und vollkommen unnötigen Provokationen gleicht. Der Witz besteht viel häufiger als im ersten „Hangover“ aus Schadenfreude und brachialem Schockhumor, und zeigt, dass in diesen Freunden mehr Finsternis steckt als sie sich zugestehen: Das Wolfsrudel gerät aufgrund seiner Verantwortungslosigkeit zunehmend unsympathischer, worüber in Phillips' Skript genüsslich hergezogen wird.

    Phillips' Regieführung unterstreicht dies weiter mit pointierter Gehässigkeit und Freude an schmerzlichen Absurditäten. Das Wolfsrudel äußert sich bei der Aufarbeitung des „Was ist nur passiert?!“-Rätsels zudem nahezu ununterbrochen homo-, trans- und/oder xenophob, was dem Film öfters vorgehalten wird. Zumindest der Verfasser dieses TV-Tipps versteht „Hangover 2“ aber so, dass die verlogenen, alles verurteilenden, selber bloß gottlosen Unfug treibenden Hauptfiguren Ziel des Spotts sind – nicht die Menschen, gegen die sie in ihrem von Katerstimmung angefachten Zorn austeilen.

    Ein Film, nach dem man panisch den Impfausweis sucht!

    Daher macht es diebischen Spaß, dass „Hangover 2“ streckenweise aussieht, als würde man sich unzählige Infektionen einfangen, sobald man nah genug ans Bild rückt: Kameramann Lawrence Sher imitiert in zahlreichen Sequenzen den Look von David-Fincher-Thrillern, gekreuzt mit fiebrigen Horror-Schockern über albtraumhafte Ferien – so siffig, vergilbt und diesig-kränklich ist alles! Und das liegt hauptsächlich am Wolfsrudel:

    Denn oft genug beweisen Sher und Phillips, dass sie es sehr wohl verstehen, ein paradiesisches Thailand zu inszenieren. Diese Lichtmomente, ebenso wie ein herrlich-leichtfüßiger Gastauftritt und dramaturgisch gezielt positionierte Erfolge in der Wolfsrudel-Odyssee, verhindern letztlich, dass „Hangover 2“ allzu zynisch und abstoßend wird. Global ist „Hangover 2“ mit Kinoeinnahmen von 586,76 Millionen Dollar sogar die wirtschaftliche Krönung der Trilogie.

    Der Autor dieses Textes ist da ganz auf der Seite des schnöden Mammons: Er hat an diesem humorvoll aufbereiteten, garstig gefilmten Elendstrip den größten Spaß innerhalb der „Hangover“-Reihe. An einen vierten Teil glaube ich nach heutigem Wissensstand derweil noch weniger als Bradley Cooper:

    Bradley Cooper will "Hangover 4" machen – glaubt aber aus einem bestimmten Grund nicht an das Sequel

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