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    Heute ohne Werbung im TV: Einer der besten Kriegsfilme aller Zeiten
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Pascal liebt das Kino von „Vertigo“ bis „Daniel, der Zauberer“. Allergisch reagiert er allerdings auf Jump Scares, Popcornraschler und den Irrglauben, „Joker“ wäre gelungen.

    Mehrfach oscarprämiert, besetzt mit großen Namen wie Willem Dafoe, Charlie Sheen oder Tom Berenger und noch immer erschütternd: „Platoon“ ist nicht nur einer der härtesten, sondern auch einer der besten Kriegsfilme. Heute Abend im TV.

    MGM

    Nachdem man sich eigentlich einig darüber gewesen ist, dass es nach Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ keine nennenswerte Kriegsfilme mehr geben wird, sollte Oliver Stone die Filmwelt mit Platoon“, der am heutigen 15. April 2024 um 23:10 Uhr im MDR ausgestrahlt wird, Lügen strafen. Zur Belohnung dafür gab es nicht nur den Oscar für den besten Film, sondern auch für die beste Regie.

    Wenn es bei Umfragen darum geht, die besten Kriegsfilme aller Zeiten zu ermitteln, dann landet „Platoon“ regelmäßig auf einem der vordersten Plätze. Vollkommen zu Recht, denn auch in unserer Kritik konnte der brutale Vietnamfilm ganze fünf Sterne für sich verbuchen und gilt somit als eines der größten Meisterwerke des 1980er-Jahre Kinos.

    Darum geht es in "Platoon"

    Der 18-jährige Chris Taylor (Charlie Sheen) hängt seine College-Laufbahn an den Nagel und meldet sich freiwillig für den Fronteinsatz in Vietnam. Hier wird er einem Platoon, also einer Infanterieabteilung von etwa 30 Soldaten, zugeteilt und erhält den Auftrag, den Feind aufzusuchen und zu töten.

    Wie viele seiner Kameraden muss auch Chris schnell feststellen, dass der Krieg nichts Ehrenhaftes mit sich bringt. Stattdessen führen ihn die physischen und psychischen Strapazen dem Wahnsinn immer näher. Nur Sgt. Elias Grodin (Willem Dafoe) scheint Chris' noch eine moralische Stütze in diesem Grauen zu sein. Als dieser jedoch ums Leben kommt, schwört der junge Soldat Rache – denn er weiß, dass Grodin nicht vom Vietcong umgebracht wurde...

    Der Tod der Menschlichkeit

    Eine spürbare Besonderheit an „Platoon“ ist der Umstand, dass Regisseur Oliver Stone autobiographische Bezüge in die Geschichte des Films hat einfließen lassen. Stone selbst diente von April 1967 bis November 1968 und bestand wie Chris auf Fronteinsatz, wofür er mit dem Orden Purple Heart und dem Bronze Star ausgezeichnet wurde. Im Anschluss sollte Stone seine Erfahrungen in „Geboren am 04. Juli“ und „Zwischen Himmel und Hölle“ weitergehend verarbeiten.

    Seine Einstellung zum Krieg jedoch ist keine glorreiche, sondern eine wütende, was sich bereits in Chris' Ankunft in Vietnam niederschlägt. Nachdem er dachte, dem Ruf des strahlenden Patrioten zu folgen, findet er sich inmitten der grünen Hölle vor. Die inneren Monologe, die oftmals das wiedergeben, was zu sehen ist, sind dabei Ausdruck der Überforderung eines Kindes, das zu greifen versucht, was nicht zu fassen ist.

    Oliver Stone zeigt mit „Platoon“ auf schockierend-intensive Art und Weise, wie der Krieg die Seele verroht. So sehr, bis sich die allgegenwärtige Gewalt auch gegen die eigene Einheit richtet. Nicht nur der Vietcong wird als geisterhafte Präsenz im Dickicht gezeichnet, auch die Amerikaner lösen sich im Dschungel langsam auf, verlieren ihr Gesicht, verfallen zu Staub, werden verschlungen, entmenschlichen sich.

    Kontrovers erscheint an „Platoon“ dabei, dass Oliver Stone sich quasi den Mitteln des Action-Kinos bedient und damit auch ein (Sub-)Genre frequentiert, welches in den 1980er-Jahren durch Ikonen wie Chuck NorrisSylvester Stallone oder Dolph Lundgren Hochkonjunktur feierte: Der Söldnerfilm. Stone lässt es sich sogar nicht nehmen, einige Western-Stilismen in das Geschehen einzumischen, was die Antikriegsbotschaft für manche Zuschauer ein Stück weit verwässern könnte.

    "Platoon" erschüttert auch nach mehr als dreißig Jahren noch nachhaltig

    In Wahrheit aber veranschaulicht „Platoon“ in bedrückender Härte, dass es kein Gut und kein Böse im Krieg gibt. Stattdessen vergiften sich die Menschen hier gegenseitig und untereinander. Wenn Chris' eingebläut bekommt, dass er gegen das Böse kämpfen muss, dann ist das letztlich die Anweisung dafür, dass er gegen sich selbst in die Schlacht ziehen wird – und das noch lange nach dem Abrücken aus Vietnam.

    „Platoon“ bietet mit Sicherheit kritische Angriffsfläche, weil er nicht selten auf packende Oberflächenreize baut und damit eine gewisse Nüchternheit ablegt, die ein solches Werk womöglich benötigen würde. Einen patriotischen Film allerdings hat Oliver Stone hier nicht in Szene gesetzt – und seine eindringliche Wirkung verliert „Platoon“ auch nach mehr als dreißig Jahren keinesfalls.

    Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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