Längst sind Zombies auf der Leinwand mehr als schwerfällige, vor sich hin wandernde Kreaturen. Mit Filmen wie Danny Boyles „28 Days Later” oder Zack Snyders „Army of the Dead” wurden sie schneller, blutrünstiger und intelligenter – und so lässt der Zombiefilm im Umkehrschluss inzwischen auch Gedankenspiele über Bewusstsein und Gesellschaft zu.
„The Girl with all the Gifts”, der heute Abend um 22 Uhr auf Tele 5 läuft, setzt noch eins oben drauf: Denn die Protagonistin, selbst ein „Hungry”, wie die Zombies hier genannt werden, ist ein kleines Mädchen – ein freundliches und zuvorkommendes noch dazu. Wenn ihr es heute Abend nicht schafft, könnt ihr den Film im Anschluss in der Mediathek finden oder euch auf Amazon die Blu-ray kaufen, auf der ihr neben Behind-the-Scenes-Material rund 80 Minuten Interviews mit Cast und Crew bekommt:
Mit einem Mädchen durch die Zombie-Apokalypse
Melanie (Sennia Nanua) wird mit anderen Kindern in einer Militärbasis festgehalten. Nur unter vorgehaltener Waffe und im Rollstuhl fixiert dürfen sie zum Unterricht. Melanie ist hochintelligent und freundlich. Vor allem zu ihrer Lieblingslehrerin Helen Justineau (Gemma Arterton) hat sie eine enge Verbindung. Doch ihr liebes Wesen täuscht: Melanie ist infiziert mit einem Pilz, der vor einigen Jahren um sich griff und Menschen zu „Hungries”, zu fleischfressenden Unmenschen, werden ließ. Dr. Caroline Galdwell (Glenn Close) sieht in den Kindern den Schlüssel zur Heilung und führt an ihnen Experimente durch. Als die Militärbasis von Hungries überrannt wird, müssen die letzten Überlebenden sich mit Melanie durch das postapokalyptische London kämpfen…
„The Girl with all the Gifts” basiert auf dem gleichnamigen Roman* von M. R. Carey, der ebenfalls das Drehbuch für Colm McCarthys Verfilmung schrieb. Sowohl Buch als auch Film wurden hoch gelobt. Der große Clou des Stoffs liegt freilich darin, die Zombie-Apokalypse aus der Sicht von Melanie zu erzählen - eine Verschiebung des bösen Monsters hin zu einem Kind – einem eigentlich unschuldigen Wesen.
Dadurch verschiebt sich nicht nur die Perspektive von Opfern zu Infizierten, die Geschichte wird gleichzeitig zu einer Coming-of-Age-Story, die es gerade durch die Verschiebung in sich hat: Denn wenn hier ein kleines Mädchen Soldaten attackiert oder mit blutverschmiertem Gesicht herumläuft, dann ist das ein willkommener und auch unangenehmer Bruch mit unseren Sehgewohnheiten.
Wohlig-schaurige Atmosphäre
Sehenswert ist „The Girl with all the Gifts” aber nicht nur wegen seiner klugen Twists – besonders das Ende lässt einen schwer schlucken – sondern auch seiner Atmosphäre wegen. Eine düster-grüne, treibende Unruhe zieht sich durch den gesamten Film, die unheimlich verstärkt wird durch den wabernden Soundtrack von Cristobal Tapia de Veer. Die Tracks, die entfernt wie Gemurmel klingen, tauchen den ungewöhnlichen Genre-Beitrag in einen beinahe spürbaren Dunst aus Klängen und Geräuschen.
So ist „The Girl with all the Gifts” ein Zombiefilm, der in vieler Hinsicht anders ist und neben Action und kleinen Schockmomenten vor allem zum Nachdenken anregt und, wie Christoph Petersen in seiner FILMSTARTS-Kritik schreibt, auch tief berührt.
Nach Jahrzehnten (!) erscheint die Fortsetzung eines Slasher-Meilensteins ungeschnitten im Heimkino*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.