Ab und zu sorgt Sam Raimi mit Superheldenfilmen wie „Spider-Man“ oder „Doctor Strange In The Multiverse Of Madness“ für klingelnde Kinokassen. Doch viele Filmfans denken bei ihm vor allem an spritzendes Blut sowie deformierte Körper: Mit Filmen wie „Tanz der Teufel“ wurde Raimi zum viel beachteten Horror-Regisseur, dessen Arbeiten lange Zeit für hitzige Debatten über zumutbare Gewalt sorgten, aber zugleich von Genrefans für ihren subversiven Unterhaltungsfaktor zelebriert wurden.
Ähnlich verhielt es sich mit dem 2015 verstorbenen Filmemacher Wes Craven: Der Schöpfer der „Nightmare On Elm Street“-Reihe und Regisseur der ersten vier „Scream“-Teile hatte regelmäßig arge Probleme mit dem Jugendschutz. Doch während manche Stimmen seinen Werken Gewaltverherrlichung vorwarfen, hatten andere genüsslichen Spaß mit ihnen.
Insofern dürfte es nicht überraschen, dass sich diese aus ähnlichem Holz geschnitzten Kreativen viele Jahre lang einen Spaß erlaubt und liebevoll übereinander hergezogen haben. Auch wenn wirklich aufmerksam sein musste, um dieses Easter Egg zu bemerken...
Alles begann mit einem zerrissenen Poster!
Das Kinojahr 1977 hinterließ riesige Spuren in der filmischen Popkultur: Nicht nur, weil die „Star Wars“-Saga ihren Anfang nahm. Sondern auch eine jahrzehntelange Abfolge an neckischen Referenzen im Horrorkino: Wes Craven veröffentlichte den Schocker „Hügel der blutigen Augen“ alias „The Hills Have Eyes“ und ließ Genrefans wild mutmaßen.
In einer Szene ist nämlich ein zerrissenes Poster zu sehen, auf dem ein weißer Hai abgebildet ist. Fans sahen dies als Cravens Versuch, sein Revier zu markieren: Steven Spielbergs Horror-Blockbuster „Der weiße Hai“ sei Schnee von gestern, das wahre Grauen folge jetzt erst. Es ist nicht belegt, ob Craven dies wirklich intendierte – bekannt ist aber, dass Sam Raimi die Szene so verstand und sich davon inspiriert fühlte:
1981 eröffnete Raimi mit „Tanz der Teufel“ das „Evil Dead“-Franchise und zeigt an einer Kellerwand im Hintergrund ein arg zerstörtes „The Hills Have Eyes“-Plakat. 2007 erläuterte Raimi seine Gedanken im Gespräch mit Esquire: „Ich fand, es sei lustig, in ,Evil Dead' ein ,The Hills Have Eyes'-Poster in seine Einzelteile zu zerlegen, um Wes zu sagen: ,Nein, das hier ist echter Horror, Kumpel!'“
Im Fernsehen ging es weiter!
Raimi war es wichtig, im selben Interview zu betonen, dass es als liebenswerter Seitenhieb gemeint sei. Craven erwiderte Raimis freundliche Attacke in „Nightmare – Mörderische Träume“ (mittlerweile besser bekannt unter dem Originaltitel „A Nightmare On Elm Street“): Um nicht einzuschlafen und somit ein potentielles Opfer für den Traumkiller Freddy Krueger zu werden, schaut sich Protagonistin Nancy im Fernsehen einen Horrorfilm an.
Kino-Meisterwerk als Notlösung: Dieser gefeierte Psychothriller sollte eigentlich nur ins FernsehenDoch der Schocker hat nicht die Wirkung, die sich die von Heather Langenkamp gespielte Heldin erhofft – immer wieder nickt sie beim Anschauen ein. Und der Nancy derart langweilende Film ist natürlich: „Tanz der Teufel“! Raimi erwiderte das wenige Jahre später in „Tanz der Teufel II“: In der als Hauptschauplatz dienenden, schaurigen Waldhütte wird Freddy Kruegers ikonischer Klingenhandschuh an der Wand ausgestellt – als wäre es eine Jagdtrophäe.
Craven ließ es sich nicht nehmen, darauf wieder zu antworten: Im Slasher-Meilenstein „Scream“ schlägt der von Jamie Kennedy gespielte Filmfan Randy während einer Party mehrere Filme vor – darunter „Tanz der Teufel“. Doch die Partymeute lehnt den Film zugunsten von John Carpenters Klassiker „Halloween“ ab
Und es endete mit einem Poster!
Mit „Scream“ nahm der Schlagabtausch ein vorläufiges Ende. Jedoch kehrte Sam Raimi noch einmal zu diesem Running Gag zurück, nachdem das „Scream“-Mastermind viel zu früh verstarb. Somit wollte Raimi dem Filmemacher, zu dem er nicht nur kollegialen Respekt, sondern auch eine reale Freundschaft entwickelte, auf seine Weise Tribut zollen.
Der Schluss dieses langen, freundlichen Zwists erfolgt in der vorletzten Episode der zweiten Staffel von „Ash Vs Evil Dead“. Darin spaziert der von Bruce Campbell gespielte Titelheld an einem Kino vorbei. Dort hängt ein Poster aus – das Poster zu Cravens „Hügel der blutigen Augen“. Der Zustand: makellos.
Trotz Oscar-Stars: Dieses Sequel zu einem legendären Horror-Meisterwerk ist total gefloppt und ziemlich unbekannt