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    "Es geht nicht um das Schicksal des Universums": Die "Echo"-Regisseurin über den frischen Ansatz ihrer brutalen Marvel-Serie
    Markus Trutt
    Markus Trutt
    -Redakteur
    Das Mammut-Projekt MCU hat Markus bis heute in seinem Bann, sodass er alles, was Film und Serie dazu hergeben, genüsslich aufsaugt.

    Mit „Echo“ betritt Marvel in mehrfacher Hinsicht Neuland für das MCU. Wir haben mit Regisseurin Sydney Freeland über die Besonderheit ihrer Marvel-Serie, indigene Repräsentation in Hollywood und den One-Shot-Fight gesprochen.

    Die neue MCU-Serie „Echo“ präsentiert uns eine gehörlose Hauptfigur mit indigenen Wurzeln. Das gab es so im MCU noch nie (und dürfte generell in Hollywood ein ziemliches Novum sein). Und auch sonst macht das „Hawkeye“-Spin-off einiges anders. Als erste Serie unter dem neu ins Leben gerufenen Spotlight-Banner stellt sie geerdetere Konflikte anstelle der Rettung der Welt in den Fokus und soll recht losgelöst vom restlichen MCU fungieren. Dabei erinnert sie in ihrer Ausrichtung eher an die früheren Marvel-Serien von Netflix (wie etwa „Daredevil“) und zieht passend dazu zudem den Gewaltgrad im Vergleich zu herkömmlicher MCU-Kost ein Stück weit an.

    Als wir die indigene Regisseurin Sydney Freeland ist genau diese Vorreiterstellung der Marvel-Serie, für die sie vier der fünf Folgen inszeniert hat, Gesprächsthema Nr. 1. Aber auch die besagte „Daredevil“-Serie und die ambivalente „Echo“-Hauptfigur, die sich nach ihrem Dasein als Unterwelt-Chefin mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzt, bleiben nicht unerwähnt...

    FILMSTARTS: Wie bist du mit „Echo“ in Berührung gekommen? Und was hat dich überzeugt, die Serie zu machen?

    Sydney Freeland: Ich wurde auf das Projekt durch „Hawkeye“ aufmerksam. Ich kenne zwei der Regisseurinnen, die an „Hawkeye“ gearbeitet haben, und habe von ihnen 2020 eine Mail bekommen, in der sie mich fragten, ob ich eine gehörlose, indigene Schauspielerin kenne. Sie waren beim Dreh nämlich dabei, die Rolle von Echo zu besetzen. Und ich meinte nur: „Nope, viel Glück!“

    So bin ich zum ersten Mal damit in Berührung gekommen und als „Hawkeye“ dann rauskam und angekündigt wurde, dass [Echo-Darstellerin] Alaqua Cox ihre eigene Serie erhalten wird, war ich total begeistert. Die Chance zu haben, einem solchen Projekt den eigenen Stempel aufzudrücken, war wirklich aufregend. Ich wollte bei der Figur und der Story unbedingt mitmischen, weil man damit so viel machen kann.

    Indigene Repräsentation in Hollywood: "Bisher nur an der Oberfläche gekratzt"

    FILMSTARTS: Wie groß ist dein Einfluss als Regisseurin bei einem Projekt wie „Echo“, das zu so einem großen Gesamtwerk wie dem MCU gehört? Immerhin bist du ja nicht nur Regisseurin fast aller Folgen, sondern auch Produzentin und hast selbst ebenfalls indigene Wurzeln.

    Sydney Freeland: Hier muss ich vor allem Marvel loben. Sie waren unglaublich unterstützend. Man hat bei so einer Produktion natürlich mehr Ressourcen zur Verfügung als bei anderen Projekten mit ähnlichen Themen. Trotzdem stand immer die Repräsentation an erster Stelle. Daher war auch der erste Schritt, als ich an Bord gekommen bin, dass wir die Choctaw Nation mit einbezogen haben, zu der die Hauptfigur unserer Serie gehört.

    Ich selbst bin Navajo und in einem Navajo-Reservat im Südwesten der USA aufgewachsen. Und Choctaw und Navajo sind so verschiedenen wie Portugiesen und Polen. Verschiedene Sprachen, verschiedene Kulturen, verschiedene Traditionen. Wir haben also einen Dialog aufgebaut und Ideen ausgetauscht, da wir alles so authentisch wie möglich darstellen wollten.

    Regisseurin Sydney Freeland bei einem Special Screening von „Echo“ 2023 Getty Images
    Regisseurin Sydney Freeland bei einem Special Screening von „Echo“

    FILMSTARTS: Nach Filmen wie „Killers Of The Flower Moon“ und Serien wie „Reservation Dogs“ und jetzt „Echo“: Würdest du denn sagen, dass die Unterhaltungsbranche endlich auf einem guten Weg, was die Repräsentation von indigenen Menschen angeht? Oder hat man hier noch einen weiten Weg vor sich?

    Sydney Freeland: In Hollywood kratzen wir hier bisher nur an der Oberfläche. Wir haben einen wichtigen ersten Schritt gemacht, indem wir nun einige Inhalte haben, die von Menschen mit indigenen Wurzeln angeführt werden, etwa auch „Rutherford Falls“ oder „Prey“. Filme und Serien, die die indigenen Völker, die sie darstellen, stark involviert haben. Es gab also tolle Schritte nach vorn, aber es gibt noch so viel mehr Raum, um das auszubauen.

    Die erste Spotlight-Serie

    FILMSTARTS: „Echo“ ist das erste MCU-Projekt, das nun unter dem sogenannten Spotlight-Banner veröffentlicht wurde. Stand das schon früh im kreativen Prozess fest oder wurde das erst später entschieden?

    Sydney Freeland: Die Entwicklung des Spotlight-Banners ist jenseits meiner Gehaltsstufe. Ich kann also nicht genau sagen, wann und wo das kreiert wurde. Es war etwas, das sich organisch während des Prozesses ergeben hat. „Echo“ sollte von Anfang an eine geerdete Serie sein, in der wir uns ganz der brutalen Natur der Figur widmen. Und auch hier hat Marvel das ermutigt und gesagt, dass das Interessanteste an ihr ist, dass sie eine Schurkin in „Hawkeye“ war. Und es gibt so viele graue Schattierungen bei ihr. Wie tickt sie psychologisch, was sind ihre Gedanken, was ist ihre Motivation? Das sind weniger erforschte Gebiete, vor allem bei jemandem, der indigen und gehörlos ist. Das war für mich persönlich besonders spannend.

    FILMSTARTS: Apropos geerdete Gewalt. Haben euch hier die Marvel-Serien von Netflix wie etwa „Daredevil“, die genau das großgeschrieben haben, vielleicht ein wenig als Inspiration gedient?

    Sydney Freeland: Die Serie selbst und ihr Ton haben sich in erster Linie aus der Story ergeben. Als Regisseurin schaue ich mir zuerst an, wie die Geschichte aussieht, die wir erzählen wollen. Und in diesem Fall war es einfach ein bodenständiger Street-Level-Ansatz. Wir haben es nicht mit dem Schicksal des Universums zu tun. Die Konsequenzen hier sind nicht kosmisch, sondern familiär und menschlich. Das hat auch unseren visuellen Stil und unsere Herangehensweise bestimmt. Davon abgesehen bin ich aber in der Tat ein riesiger Fan der „Daredevil“-Serie. Ich darf das im MCU wahrscheinlich nicht sagen, aber ich liebe die Netflix-Serien, genau wie das MCU.

    Echo
    Echo
    Starttermin 2024-01-10 | 42 min
    Serie: Echo
    Mit Alaqua Cox, Chaske Spencer, Tantoo Cardinal
    User-Wertung
    3,2
    Auf Disney+ streamen

    FILMSTARTS: Und wenn man schon vom Teufel spricht: Gleich in der ersten Folge gibt es eine großartige Kampfszene mit einem besonderen Gastauftritt, die zumindest wie ein One-Shot wirken soll? Ist sie das wirklich und wie habt ihr das auf die Beine gestellt?

    Sydney Freeland: Ja, wir haben einen sehr spaßigen Cameo in der ersten Folge. Und ja, es ist eine One-Shot-Sequenz, aber wir waren nicht in der Lage, es auch wirklich als echte One-Shot-Szene zu filmen. Wir haben es in einzelnen Abschnitten gedreht und dann digital zusammengefügt, sodass man beim Schauen des Resultats hoffentlich nicht so genau sagen kann, wo die Nähte sind. Das war das Ziel. Aber auch hier ergab das Ganze vor allem aus Story-Sicht und dem Punkt, an dem sich Maya zu diesem Zeitpunkt befindet, Sinn. Es hat zu ihrer Entwicklung beigetragen.

    Die besagte Szene haben wir auch immer als „die Geburt einer Bösewichtin“ bezeichnet. Das ist der Moment, in dem Maya ihr Bösewichtdasein beginnt. Das gab für uns alles vor – von der Art und Weise, wie wir es gedreht haben, bis hin zu allem, was wir wie zu sehen bekommen, aber auch gerade nicht zu sehen bekommen. Das Konzept dahinter war: Sie geht als Kind hinein und kommt als Killer wieder raus.

    Nicht abschalten! "Echo" hat eine Post-Credit-Szene, die die meisterwartete Marvel-Serie vorbereitet – und auch "Spider-Man 4"?

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