Er ist wohl eine der letzten großen Hollywood-Ikonen: Clint Eastwood. Nicht nur als Schauspieler hat er Geschichte geschrieben und das Western- wie Action-Genre gleichermaßen maßgeblich durch Filme wie „Zwei glorreiche Halunken“, „Erbarmungslos“ oder „Dirty Harry“ mitgestaltet. Auch als Regisseur zählt Eastwood zu den ganz Großen der Branche und hat gerade nach der Jahrtausendwende jede Menge Highlights (z. B. „Mystic River“ oder „Million Dollar Baby“) abgeliefert.
Dass Clint Eastwood aber auch im wirklich (!) hohen Alter einfach nicht müde wird, weiter Filme zu drehen und dabei teilweise auch noch die Hauptrolle zu übernehmen, ist beachtlich. Seinen bis dato letzten Film „Cry Macho“, ein Neo-Western, der gleichzeitig auch ein Actionfilm und darüber hinaus ein recht ungewöhnliches Alterswerk ist, könnt ihr nun im Abo von Netflix streamen.
Darum geht's in "Cry Macho"
Galveston, Texas, Ende der 1970er-Jahre: Mike Milo (Clint Eastwood) war einst ein angesehener Rodeo-Star, muss diesen Job aber nach einem schweren Unfall an den Nagel hängen. Seitdem arbeitet er als Pferdezüchter und kommt damit eher schlecht als recht über die Runden. Als Mikes ehemaliger Boss Howard Polk (Dwight Yoakam) ihm einen lukrativen Auftrag anbietet, lehnt der in die Jahre gekommene Cowboy trotz einiger berechtigter Bedenken nicht ab.
Er soll nach Mexiko reisen und dort Howards 13-jährigen Sohn Rafo (Eduardo Minett) einfangen. Dieser lebt bei seiner alkoholsüchtigen, wohlhabenden Mutter Leta (Fernanda Urrejola) und ist auf die schiefe Bahn geraten. Mit seinem gefiederten Haustier Macho tritt der Teenager in illegalen Hahnenkämpfen an. Howard Polk will indes seinen Sohn entführen, um bei seiner Ex-Frau ein Lösegeld zu erpressen. Doch es läuft nicht alles nach Plan...
Faszinierend, seltsam, schön
In der offiziellen FILMSTARS-Kritik gab es für „Cry Macho“ gute 3,5 von 5 möglichen Sternen. Unser Autor Jochen Werner schreibt in seinem Fazit: „Ein ungewöhnliches und durchaus seltsames Alterswerk, das man ein bisschen gegen den Strich lesen muss, um seine Schönheit zu entdecken. Wenn man sich darauf einlassen kann, wird man allerdings im Übermaß belohnt.“
Obwohl der Film als große Verfolgungsjagd angelegt ist, legt Clint Eastwood hier überhaupt keinen Wert darauf, „Cry Macho“ als dynamischen Genrefilm zu inszenieren, sondern konzentriert sich voll auf seine Charaktere. Da ist es dann irgendwie gar nicht so verwunderlich, sondern durchaus auf charmante Art und Weise amüsant, dass sich die Verfolger von Eastwood und seinem Schützling immerzu mit einfachsten Mitteln abschütteln lassen und sich zwischendurch auch immer mal wieder ausgiebige Pausen genehmigen.
Um aber wirklich Zugang zu „Cry Macho“ zu finden, darf man sich nicht daran halten, was der Film erzählt oder wie er es erzählt, sondern muss einen Blick dafür haben, was er eben nicht erzählt, nämlich zwischen den Bildern und Worten: „Das macht aus Eastwoods 40. Regiearbeit einen ungemein flüchtigen, geradezu jenseitigen Film – und in mancher Hinsicht auch, das ist nicht von der Hand zu weisen, einen ziemlich bizarren Film.“
Bizarr auch deshalb, weil Eastwood einfach so überdeutlich in die Jahre gekommen ist, dass ihm die Rolle hier nur in der Theorie auf den Leib geschneidert ist. In seiner Gebrechlichkeit verteilt Eastwood immer noch Fausthiebe, reitet auf wilden Pferden staubige Straßen entlang und schmeichelt Frauen, die locker seine Enkelinnen sein könnten. Damit bleibt Eastwood auch weiterhin in der Rolle des Actionhelden, mit er einst bekannt und berühmt wurde.
Am Ende muss man „Cry Macho“ aber durchaus Respekt zollen: „Der kleine, gebeugte, zerbrechliche Greis auf der Leinwand muss nichts mehr beweisen und muss hier auch keine Rolle mehr glaubhaft spielen. Es genügt Eastwood völlig, sie zu verkörpern, ebenso wie der Film seine Konflikte nicht mehr wirklich erzählt, sondern sie eher in den Raum stellt und sie vom Geschehen gemächlich umspülen lässt.“
"Du hältst die Schlange auf": So unangenehm war Hugh Jackmans erste Begegnung mit Clint EastwoodDies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.