Fantasy genießt gerade Hochkonjunktur: Zahlreiche Filmfans frönen während der Feiertage ihrer Leidenschaft für magische Welten, zauberhafte Kreaturen und überlebensgroßen Heldenmut. Das TV-Programm richtet sich nach dieser Sehnsucht aus: Heute Abend zeigt ProSieben ab 20.15 Uhr den größten aller Fantasy-Filme – „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“.
Mit der Fernsehausstrahlung erwarten euch inklusive Werbung über vier Stunden Fantasy-Unterhaltung, mit großartigen Spezialeffekten, packender Bildsprache und einem berührenden Ausgang. Falls ihr aber die ultimative Version dieses Films sehen wollt, solltet ihr zur Extended Edition greifen, die unter anderem via Amazon Prime Video verfügbar ist und fast 4,5 Stunden geht – ohne Werbung!
Mit elf Oscar-Nominierungen, die allesamt in einen Gewinn mündeten, zog „Die Rückkehr des Königs“ mit zwei weiteren Mammutfilmen gleich: Das „Herr der Ringe“-Finale teilt sich den Academy-Award-Rekord für die meisten Trophäen eines einzelnen Films mit „Ben Hur“ und „Titanic“. Somit bekamen die Gefährten quasi ein letztes, losgelöstes „Hurra!“ spendiert, nachdem ihr Milliarden-Dollar-Erfolg im Kino mit jedem weiteren angetäuschten Ende ruhiger wurde.
"Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs": Der ideale Abschluss
Nachdem „Die Gefährten“ die „Herr der Ringe“-Trilogie mit ehrfürchtigem Staunen eröffnete, legte „Die zwei Türme“ mit fescher Action nach. Regisseur/Autor Peter Jackson und seine Schreibpartnerin Fran Walsh hätten sich theoretisch damit zufrieden geben können, nach all dem einfach eine riesige Eskalation zu bieten: Einführung, Dramatisierung, Knalleffekt.
Aber die Filmschaffenden bewiesen größere Ambitionen, und machten somit aus „Dem Film mit dem Ende“ ein stark erzähltes, eindrucksvoll gefilmtes Epos, das außerdem die beiden Vorgängerfilme furios, smart sowie gefühlvoll zu Ende denkt: Kennenlernen, neue Erfahrungen sammeln, Wiedervereinigung und sich erhärtende Erkenntnisse. „Die Rückkehr des Königs“ vereint den staunenden Blick des Erstlings mit der ebenso rasanten wie kolossalen Action aus „Die zwei Türme“. Darüber hinaus wird die zuvor aufblitzende Nachdenklichkeit konsequent zu einem bittersüßen Kummer weiterentwickelt:
Denn „Die Rückkehr des Königs“ endet nicht einfach mit dem Bezwingen des Konflikts. Das wäre kurzfristig befriedigend, und hätte der Filmwelt jahrelange Witze über die Kaskade an vermeintlichen Schlussmomenten erspart. Allerdings wäre dieser audiovisuell herausragende, ästhetisch mächtige Kampf um das Schicksal Mittelerdes so emotional deutlich schmächtiger geraten. Glücklicherweise haben Walsh und Jackson die Essenz der von Weltkriegsveteran Tolkien geschriebenen Vorlage verstanden: Sie betonen in „Die Rückkehr des Königs“, dass ein siegreich geschlagener Krieg kein Schlusspunkt ist. Sondern eine Zäsur.
Das auf das berauschende Spektakel folgende, zunehmend ruhiger werdende Ende ist dazu da, die vorhergegangene, unvergleichliche Abenteuerreise zu überdenken. Es lässt uns an Perspektive gewinnen. Die Abfolge an mehrmals den Einsatz eines Abspanns vortäuschenden Schwarzblenden macht die Gefühlswelt der Figuren greifbar. Immer wieder blitzt der Gedanke auf: „Und das war's! Jetzt haben wir unseren Frieden in der Welt, den wir teuer erkämpft haben!“ Gefolgt von: „Oh. Nein. Da tut sich noch was.“
Wir haben zusammen mit Frodo (Elijah Wood) neue Orte kennengelernt, an der Seite von Gandalf (Ian McKellen), Legolas (Orlando Bloom), Éowyn (Miranda Otto) und Konsorten Erfolge genossen. Und schmerzliche Verluste hingenommen. Wir haben miterlebt, wie kräftezehrend all dies für unsere liebgewonnenen Figuren ist. „Die Rückkehr des Königs“ lässt das nicht als eindrucksvolle, leichte Unterhaltung (für uns) und wohlverdienten Erfolg ohne bitteren Beigeschmack (für die Figuren) dastehen. Die ausgedehnten, sich stapelnden Schlusssequenzen offenbaren den Preis des erzählten Krieges.
Viele Filmabenteuer verändern ihre Figuren, doch „Der Herr der Ringe“ laugt sie aus. Somit zeigen Jackson und Walsh mit ihrer Adaption des Literaturklassikers nachdrücklicher die seelischen Kosten militärischer Konflikte auf, als es viele „echte“ Kriegsfilme vermögen. Und das ausgerechnet im Fantasygenre, dem ignorante Stimmen gerne vorwerfen, bloßen Eskapismus darzustellen. Es kommt nicht von ungefähr, dass „Der Herr der Ringe“ erst literarisch und dann auch filmisch eine völlig neue Hingabe für dieses Genre wachgerufen hat.
Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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