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    Das Gangsterkino ist ausgelutscht? "Napoleon"-Regisseur Ridley Scott beweist euch auf Netflix das Gegenteil!
    Patrick Kittler
    Patrick Kittler
    Hasst wahrscheinlich einen deiner Lieblingsfilme, empfiehlt dir aber im Gegenzug ein Haufen Meisterwerke.

    An die großen Klassiker des Gangster-Kinos von „Der Pate“ bis „Scarface“ kommt ohnehin niemand mehr ran. Trotzdem finden sich auch weiter Perlen des Genres. Unser Autor Patrick Kittler hat für seinen Streaming-Tipp eine ausgegraben.

    Im Gangster-Genre überhaupt noch zu glänzen und sein Territorium zu behaupten, erscheint mittlerweile eigentlich als ein Akt der Unmöglichkeit. Zu mächtig sind die großen Vorbilder, zu meisterhaft und stilprägend sind ihre Geschichten, sodass jeder Versuch daran anzuknüpfen, wie eine billige Kopie wirken muss.

    Wir alle kennen diese ausgelutschten Gangster-Stories, die versuchen, einen auf „Der Pate“, „Goodfellas“, „Casino“ oder „Scarface“ zu machen und dabei fast zur Parodie verkommen, seien es nun „Legend“, „New Jack City“ oder der in meinen Augen besonders misslungene „Gangster Squad“.

    "American Gangster" aktuell auf Netflix im Stream!

    American Gangster“ kann mit den eingangs genannten Meisterwerken zwar ebenfalls nicht ganz mithalten, aber ist viel besser als die anderen Nachahmer. Denn Ridley Scott hat es mit einem Cast um Denzel Washington, Russell Crowe, Josh Brolin, Idris Elba und Cuba Gooding Jr. geschafft, sich mit der Geschichte um Gangsterboss Frank Lucas und den Cop Richie Roberts deutlich aus deren Sumpf der Gangsterfilm-Mittelmäßigkeit hervorzuheben.

    Davon könnt ihr euch selbst überzeugen. Bei Streamingdienst Netflix gibt es „American Gangster“ aktuell im Abo. Im nachfolgenden will ich euch noch verraten, worum es in Scotts Gangsterfilm geht und warum er sehenswert ist.

    Darum geht es in "American Gangster"

    Im New York der späten 60er-Jahre tritt der Afro-Amerikaner Frank Lucas (Denzel Washington) nach dem Tod seines Mentors aus dessen Schatten und errichtet ein Heroin-Imperium, das die Pole-Position auf dem Markt erlangt. Denn Frank nutzt den Vietnamkrieg, um pures Heroin aus dem asiatischen Land in die USA zu schmuggeln und es dort billiger als die Konkurrenz zu verkaufen.

    Richie Roberts (Russell Crowe), ein ehrlicher, privat aber unzuverlässiger, von seinen Kollegen geächteter jüdischer Polizist, ist ihm auf den Spuren und versucht innerhalb eines korrupten Polizeiapparats den Drogenbaron Frank trotzdem zur Strecke zu bringen.

    Universal Pictures
    Denzel Washington in "American Gangster".

    Statt nun aber erneut den simplen Aufstieg und Niedergang eines Drogenbarons auf den Spuren von „Scarface“ zu inszenieren, bezieht Scotts Film die strukturellen Umstände, die den Drogenmissbrauch und den Handel begünstigen, viel stärker mit ein und höhlt den familiären Kitsch sowie den Traum des über allem stehenden, unschuldigen „Geschäftsmanns“ ordentlich aus. 

    Denn während Frank am Esstisch zu Thanksgiving in einem monströsen Anwesen mit seiner Familie friedliche Gebete spricht, setzen sich währenddessen andere mit seinem Stoff die Todesnadel.

    Doch keiner will so richtig was dagegen unternehmen. Warum auch? Zu gut verdienen alle durch Schmiergelder mit, als dass man diesem Elend ein Ende bereiten wollen würde. Zudem ist eine zugedröhnte, afroamerikanische Bevölkerung nicht in der Lage, an den horrenden sozialen Umständen irgendetwas zu ändern, sodass alles weiterhin seinen gewohnten Gang gehen kann.

    So abgeranzt wie hier war New York selten

    Scott fängt diesen Gulag, der sich New York nennt, in erschreckend ungeschönten Bildern ein, die trotzdem durch diese Ästhetik der Hässlichkeit einen enormen Reiz ausstrahlen: Ein derart abgeranztes New York war wohl selten im Mainstream-Kino zu sehen.

    Washington (sowieso immer dann am besten, wenn er einen Antihelden oder ein Arschloch spielt) und Crowe (in einer seiner besten Rollen!) spielen wie immer ungeheuer charismatisch und mit enormer Präsenz ihre ambivalenten Charaktere. Sie hauchen ihnen viel natürliches Leben ein, bis das Ganze in einer meiner absoluten Lieblingsfilmszenen im Verhörraum mündet. Bei dieser Sequenz gehe ich sogar so weit und behaupte: Sie ist vom Konfrontationsniveau und den Dialogen auf dem Niveau des Aufeinandertreffens von Robert De Niro und Al Pacino in „Heat“.

    Trotz Washington und Crowe im Fokus ist das Highlight des Films aber für mich (wie so oft) Josh Brolin, der trotz sehr weniger Szenen Standards setzt, wie man einen schmierigen, korrupten Cop zu spielen hat. Der heimliche Star dieses alleine aufgrund seines Casts sehenswerten Films.

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