In der Filmografie von Hollywood-Legende Martin Scorsese wimmelt es nur so von prämierten Meisterwerken mit Hauptdarsteller Robert De Niro – man denke etwa an „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“ oder „Goodfellas“. Ein Film, der De Niro 1992 seine bereits sechste Oscar-Nominierung bescherte, wird dabei aber häufig übersehen: Im starbesetzen „Kap der Angst“ liefert sich der Superstar in der Rolle eines bestialisch mordenden Ex-Sträflings ein erbittertes Duell mit einem Rechtsanwalt (Nick Nolte).
Fans der gelben Zeichentrickfamilie wissen außerdem: Der packende Psychothriller diente als Vorlage für eine der besten „Simpsons“-Episoden überhaupt! In der grandiosen Folge „Am Kap der Angst“ von 1992 flüchten Homer, Bart & Co. als „Thompsons“ vor Erzfeind Tingeltangel-Bob in ein Zeugenschutzprogramm. Die hochspannende Vorlage von Martin Scorsese, die wiederum ein Remake des Schwarz-Weiß-Klassikers „Ein Köder für die Bestie“ mit Robert Mitchum und Gregory Peck ist, gibt es unter anderem auf DVD und Blu-ray* sowie bereits für einen schmalen Taler als Video-on-Demand, etwa bei Amazon Prime Video:
Darum geht es in "Kap der Angst"
Der Vergewaltiger Max Cady (Robert De Niro) wird nach einer 14-jährigen Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen. Sein Weg führt ihn zu dem Mann, dem er seiner Meinung nach den Aufenthalt im Zuchthaus zu verdanken hat: Rechtsanwalt Sam Bowden (Nick Nolte) war damals sein Verteidiger vor Gericht, ließ aber wichtige Unterlagen zur Entlastung seines Mandanten unerwähnt. Der Jurist sah in dem brutalen Cady, dem zuvor einige Taten nicht nachgewiesen werden konnten, eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Schon nach der ersten Begegnung mit Cady, der Bowden fortan terrorisiert und mit Vergeltung droht, muss der Anwalt um das Leben seiner Frau Leigh (Jessica Lange) und seiner Tochter Danielle (Juliette Lewis) fürchten. Und Cady ist clever: Die Polizei kann die Bowdens nicht schützen, weil die Provokationen des Ex-Knackis nicht strafbar sind und man ihm den Terror nicht nachweisen kann. Als Cady schließlich Bowdens Kollegin Lori Davis (Illeana Douglas) vergewaltigt, beauftragt der Familienvater den privaten Ermittler Claude Kersek (Joe Don Baker) und nimmt das Gesetz in seine eigenen Hände – mit drastischen Folgen...
Packender Film - grandiose Parodie
Wenn man es in eine „Simpsons“-Episode schafft, ist das immer eine Art Ritterschlag – die Serie von Schöpfer Matt Groening begeistert ihre Fangemeinde schon seit Jahrzehnten und erlebte ihre Blütezeit in den frühen 90er Jahren. Neben dem dramatischen Showdown auf einem Hausboot wurden in der einleitend erwähnten Episode aus Staffel 5 auch viele weitere Motive aus „Kap der Angst“ persifliert – sei es die leicht variierte, unverkennbar dröhnende Melodie von Score-Meister Bernard Herrmann, ein schmerzhaftes Versteck unter einem Auto oder auch die vielen Knast-Tattoos auf Cadys Körper (Stichwort: „DIE BART DIE“).
Sollte man wie der Autor dieser Zeilen zuerst die Persiflage geschaut haben und später auf die adrenalintreibende Scorsese-Vorlage stoßen, tut das dem Vergnügen keinen Abbruch. Spoiler gibt es durch die Zeichentrickepisode nur wenige und so manchem „Simpsons“-Fan dürfte erst ein Licht aufgehen, woher die ganzen Anspielungen überhaupt stammen.
Als „Kap der Angst“ 1991 in den US-Kinos startete, stand der Film bereits im Schatten des populären Originals aus den 60er Jahren, das unter Regie von J. Lee Thompson an den Stil von Alfred Hitchcock erinnerte. Mit diesem Schattendasein tut man Scorseses Remake, das ebenfalls auf John D. MacDonalds Roman „The Executioners“ basiert, allerdings Unrecht: Wenngleich Nick Nolte unter seinen Möglichkeiten bleibt, sind neben der mitreißenden Story allein die überragenden Performances von Robert De Niro und Newcomerin Juliette Lewis, die mit dem Film ihren Durchbruch schaffte, das Einschalten wert. Auch sie wurde für einen Oscar nominiert.
Psychoterror mit vollem Körpereinsatz
Während Lewis als unschuldig-neugierige Lolita aus gutem Hause glänzt und sich in einer vor Spannung und subtiler Erotik nur so knisternden Szene mit dem gefährlichen Verführer Cady einlassen darf, überzeugt De Niro in der Rolle des rachedurstigen Psychopathen. Für die Rolle ging der Ausnameschauspieler auch körperlich bis an die Schmerzgrenze: De Niro ließ sich für die Dreharbeiten die Zähne abschleifen und mit vegetarischen Farbstoffen Tätowierungen stechen, die erst Monate später wieder von seiner Haut verschwanden!
Seine steile Spannungskurve generiert der aggressiv geschnittene, stark inszenierte und aufdringlich vertonte Revenge-Thriller in erster Linie aus dem perfiden Katz-und-Maus-Spiel. Der brutale Cady sucht nicht gleich die Konfrontation, sondern schüchtert Bowden mit seinen Psychospielchen so geschickt ein, dass der bald erste Fehler begeht. Dabei sind die Sympathien keineswegs so klar verteilt, wie man zunächst meinen könnte: Bowden ist kein untadeliger Jurist, während der Vergewaltiger auch Sympathiepunkte sammelt – nur um sich im nächsten Moment die Maske vom Gesicht zu reißen und mit seiner Brutalität zu schockieren.
Nach einigen klaustrophobischen Home-Invasion-Momenten (inklusive einer elektrisierenden Perückenszene) steuert der Film schließlich auf seinen bildgewaltigen Showdown auf einem Hausboot zu, bei dem sich die Horror-Elemente endgültig Bahn brechen. Anders als bei den „Simpsons“ bleibt die Kettensäge dabei im Schrank – ansonsten muss sich der von Robert De Niro fantastisch verkörperte Max Cady hier aber keineswegs vor Leatherface & Co. verstecken...
Ausgerechnet bei diesem Publikumshit mit Leonardo DiCaprio bereut es Martin Scorsese, die Regie übernommen zu haben*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.