(Noch) kein neues „Game Of Thrones“ und auch kein neues „The Witcher“: So lautete das Fazit unserer Kritik zu den ersten drei Episoden von „Das Rad der Zeit“ im November 2021 (und auch die restlichen fünf Folgen haben daran nichts geändert). Doch seitdem hat sich einiges getan: Mit „House Of The Dragon“ ist ein würdiger „GoT“-Nachfolger erschienen und „The Witcher“ hat durch die Staffeln 2 und 3 viel Publikumsgunst eingebüßt. Wie also schlägt sich „Das Rad der Zeit“ Season 2 im Vergleich?
Um es kurz zu machen: Die zweite Staffel „Das Rad der Zeit“ ist in jeder Hinsicht eine Verbesserung gegenüber der teilweise sehr überhastet und bieder erzählten ersten Staffel. Season 2 sieht besser aus, ist besser geschrieben und inszeniert, und lässt den Darsteller*innen mehr Gelegenheiten zu glänzen. Zumindest in den ersten vier Episoden, die wir vorab gesehen haben, findet „Das Rad der Zeit“ also endlich in die richtige Spur – und zieht problemlos an der kurz zuvor erschienenen dritten Staffel von „The Witcher“ vorbei.
Nach ihrem vermeintlichen Sieg über den Dunklen König (Fares Fares) ist die Gruppe um Moiraine (Rosamund Pike) endgültig auseinandergebrochen. Während die Aes Sedai ihre Zauberkräfte verloren und sich mit ihrem Behüter Lan (Daniel Henney) zurückgezogen hat, lässt sie die anderen glauben, dass der Wiedergeborene Drache Rand (Josha Stradowski) am Auge der Welt gestorben ist. In Wahrheit hat sich dieser jedoch in die Stadt Cairhien zurückgezogen, wo er mit seinen ungewollten Kräften hadert und Trost in den Armen der mysteriösen Selene (Natasha O'Keeffe) findet.
Während Perrin (Marcus Rutherford) gemeinsam mit dem Ogier Loial (Hammed Animashaun) die Jagd auf Bösewicht Padan Fain und das von ihm gestohlene Horn von Valere eröffnet, wurden Nynaeve (Zoe Robins) und Egwene (Madeleine Madden) als Novizinnen in der Weißen Burg der Aes Sedai aufgenommen – nicht ahnend, dass dort auch Mat (in Staffel 2 gespielt von Dónal Finn) gefangengehalten wird. Doch dann stellt sich heraus, dass der Dunkle König keineswegs besiegt wurde und am Horizont taucht eine neue Bedrohung auf...
Kein unnötiger Ballast
Dass uns „Das Rad der Zeit“ Season 2 (bislang) besser gefallen hat als „The Witcher“ Season 3, hat vor allem einen Grund: Den Serien-Verantwortlichen um Showrunner Rafe Judkins gelingt es in „The Wheel Of Time“ (so der Originaltitel), die vielen Figuren und Handlungsstränge zu jonglieren, ohne dass dabei ein Handlungsstrang die anderen ausbremst oder man jedes Mal mit den Augen rollen möchte, wenn wieder Figur X zu sehen ist. Das war bei „The Witcher“ zuletzt ganz anders.
Zwar tritt ausgerechnet der Handlungsstrang von Hauptfigur Rand anfangs noch etwas auf der Stelle und ein, zwei andere Figuren bekommen womöglich eine Szene zu viel, dennoch gelingt dieser schwierige Balanceakt hier größtenteils sehr gut. Das Highlight in den ersten Folgen ist dabei Nynaeve, die in der Aes-Sedai-Festung in die Ränkespiele der Zauberinnen gerät und bei ihrer Prüfung zur Aufgenommenen auch emotional auf die Probe gestellt wird – ein wirklich herzergreifender Moment.
Doch auch der Handlungsstrang um Moiraine und Lan ist äußerst gelungen, obwohl dieser sogar eine Erfindung von Judkins und Co. ist und nicht direkt auf der Buchvorlage von Robert Jordan basiert. Da Moiraine im Finale von Staffel 1 ihre Zauberkräfte verloren hat, muss sie nun etwa selbst das Wasser für ihr Bad heranschleppen und über dem Feuer erwärmen, statt das einfach mit der Einen Macht zu tun – ein schöner Kontrast zur ersten Staffel und ein Ausblick darauf, dass sie sich auch in den neuen Folgen nicht unterkriegen lässt.
Gleichzeitig gelingt es auch, neue Figuren einzuführen oder Randfiguren eine größere Rolle einzuräumen, ohne „Das Rad der Zeit“ aus der Bahn zu werfen. So erweist sich etwa Ceara Coveneys Thronerbin und Novizin Elayne als echte Bereicherung und willkommenes Gegengewicht zur Dynamik zwischen Nynaeve und Egwene, ebenso wie die hellseherische Min (Kae Alexander), die in Staffel 1 nur kurz zu sehen war und in Season 2 nun auf ein Abenteuer mit Mat aufbricht.
Endlich mehr gute Action!
Darüber hinaus kann „Das Rad der Zeit“ in den ersten vier Folgen von Staffel 2 jedoch auch mit einigen wirklich guten Actionszenen überzeugen, was man von Season 1 – mit einer großen Ausnahme – nicht behaupten konnte. Schon in Folge 1 müssen sich Moiraine und Lan etwa einigen Myrddraal stellen, wobei Regisseur Thomas Napper geschickt mit Licht und Schatten spielt, aus denen die augenlosen Handlanger des Dunklen Königs blitzschnell zuschlagen.
Überboten wird diese Szene nur vom Finale der zweiten Folge, in dem Perrin, Logain und die sie begleitenden Soldaten aus Shienar von den Seanchan angegriffen werden, die bereits ganz am Schluss von Season 1 als neue Bedrohung eingeführt wurden. Die Schlacht wird größtenteils aus der Perspektive des über den Boden geschleiften Perrin erzählt, was sich als erstaunlich cleverer inszenatorischer Kniff entpuppt.
Nebenbei gelingt es den Serien-Verantwortlichen hier erstmals ein Gefühl dafür zu vermitteln, dass Loial kein Mensch, sondern ein Ogier ist, wenn er die gepanzerten Seanchan-Soldaten wie Spielzeuge herumwirft.
Fazit: Die ersten vier Episoden von „Das Rad der Zeit“ Staffel 2 sind eine klare Steigerung im Vergleich zu Season 1. Anfang des Jahres hätten wir das kaum für möglich gehalten, doch „Das Rad der Zeit“ ist eine der besten Fantasy-Serien 2023.
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