„Alien“-Regisseur Ridley Scott erzählt von Lug und Trug innerhalb eines familiengeführten Modeunternehmens – basierend auf wahren Ereignissen, aber auf skurrile, filmische Art aufgezogen. Das klingt nicht gerade nach etwas, das im heutigen Kinogeschäft was reißt, aber wurde zumindest in Deutschland zu dem Überraschungshit 2021: Über 1,12 Millionen Menschen schauten sich „House Of Gucci“ im Kino an – und oft genug platzten die Säle sprichwörtlich vor guter Laune, weil das zahlende Publikum den Film regelrecht abfeierte, während sich die Fachpresse kaum zu Lobhuldigungen hinreißen ließ.
Wer solch eine Kinovorführung erlebt hat und dieses Gefühl zu sich nach Hause holen möchte, oder aber die Kriminal-Dramödie im Kino verpasst hat und jetzt endlich wissen will, was es damit auf sich hat, kann den Film nun ganz bequem im Prime-Abo ohne Zusatzkosten streamen: Ab dem 4. August 2023 ist „House Of Gucci“ bei Amazon Prime Video im Preis inbegriffen.
Übrigens: Scotts ungeheuerlich amüsanter Mode-Kriminalfilm wurde im Vorfeld in zahlreichen Kategorien als Anwärter auf eine Academy-Award-Nominierung gehandelt, und holte sich letztlich immerhin eine Oscar-Nominierung für's beste Make-up. Bei den BAFTAs, dem britischen Pendant zum Oscar, reichte es für Nominierungen für das beste Make-up, Lady Gaga als beste Hauptdarstellerin und als bester britischer Film des Jahres.
Gewonnen hat der Film bei diesen Preisen zwar am Ende nichts, dafür gab es aber an anderer Stelle einen Sieg, und das ist besonders amüsant: Gleichzeitig zu den angesehenen Oscars und BAFTAs war „House Of Gucci“ 2022 nämlich auch bei den Anti-Oscars, der sogenannten Goldenen Himbeere, zweimal nominiert - in den Kategorien Schlechtester Nebendarsteller (Jared Leto) und Schlechtestes Leinwandpaar (Jared Leto und entweder sein Latex-Gesicht, seine Klamotten oder sein Akzent). Über den Preis „freuen“ durfte sich dann am Ende Jared Leto als Schlechtester Nebendarsteller.
Das ist "House Of Gucci"
Italien in den 1970er-Jahren: Obwohl sie aus einfacheren Verhältnissen stammt, erweckt Patrizia Reggiani (Lady Gaga) auf einer Party die Aufmerksamkeit von Maurizio Gucci (Adam Driver), einem der Erben der legendären Dynastie für Luxusmode. Während sein traditionsbewusster Vater Rodolfo (Jeremy Irons) wenig für die potentielle Schwiegertochter in spe übrig hat, kann Maurizios geschäftiger Onkel Aldo (Al Pacino) mehr mit Patrizia anfangen, die viele Ideen hat und Guccis Ruf jederzeit mit Eifer verteidigt. Weitere Rollen in diesem Machtspiel spielen der ebenso risikofreudige wie schräge Paolo (Jared Leto) und Tele-Wahrsagerin Giuseppina (Salma Hayek)...
Es ist nicht zu viel verraten, dass die Querelen innerhalb der Firma sowie der Familie Gucci alsbald brutal eskalieren. Diese True-Crime-Story erzählt Ridley Scott jedoch nicht nüchtern nach, wie etwa in seinem ebenfalls auf wahren Begebenheiten beruhenden „Alles Geld der Welt“. Stattdessen lässt sich der Regisseur vom „glitzernden Glamour des Namens Gucci anstecken“, um aus der positiv gestimmten FILMSTARTS-Kritik zu zitieren.
Neben dem Look wird vor allem das freidrehende Ensemble gelobt, vom „eine gewohnt starke Leistung“ abliefernden Adam Driver bis hin zu der Schar an Co-Stars in absurd überzeichneten Rollen und mit breiten Dialekten. Das hat fast schon Methode, da die Nebendarsteller*innen somit das von Drivers Rolle empfundene Gefühl unterstreichen, er gehöre aus einem unerklärlichen Grund nicht dazu...
Das Jared-Leto-Paradoxon
Der Tonfall, den Ridley Scott in „House Of Gucci“ anvisiert, mag generell nicht zwingend dem entsprechen, was sich Leute vorab versprochen haben – doch wie die Publikumsreaktionen zeigen, traf er mit seiner im mehrfachen Wortsinne bunten Art einen Nerv. Das Paradebeispiel schlechthin dafür, wie unterschiedlich man „House Of Gucci“ sehen kann, ist unbestritten Jared Leto, der unter massivem Make-up vergraben den lauten, schrillen Paolo Gucci spielt.
Leto brachte „House Of Gucci“ nicht nur die beiden bereits erwähnten Razzie-Nominierungen samt einem Gewinn ein, er wurde auch in einigen Kritiken als die Achillesferse des Films herausgestellt.
Gleichwohl erhielt Leto viel Lob für seine Performance – und wurde unter anderem von der US-Schauspielgewerkschaft Screen Actors Guild als bester Nebendarsteller nominiert. Weitere positive Nominierungen erhielt Leto unter anderem bei den AARP Movies for Grownups Awards, wo er dann auch gewann, den Broadcast Film Critics Association Awards und den Satellite Awards.
Um auf unsere Filmkritik von Chefredakteur Christoph Petersen zurückzukommen: Leto kapert den Film geradezu „und bereitet mit seiner gnadenlos-depperten Trottel-Performance den Boden für eine mit ganz viel Luxusseife eingeschmierte True-Crime-Räuberpistole“. Und das ist denkbar positiv gemeint!
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Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.