Mit „Searching“ ist es Regisseur Aneesh Chaganty gelungen, dem Desktop-Thriller eine ansehnliche Popularität einzuräumen. Obgleich das Kinoprogramm daraufhin nicht mit unzähligen gleichgelagerten Filmen verstopft wurde, sollte „Searching“ ein Franchise lostreten. 2023 kam nämlich „Missing“ in die deutschen Kinos, eine Fortsetzung im Geiste, bei der neue Figuren, ein neuer Konflikt und ein neues Mysterium im Zentrum des Geschehens stehen. Verbunden aber sind die beiden sogenannten „Screenlife“-Filme dennoch.
Ihr mochtet „Searching“, habt „Missing“ aber im Kino verpasst? Dann könnt ihr euch heute Abend bequem auf das heimische Sofa schmeißen und Netflix frequentieren. Denn der Desktop-Thriller, der erst Ende Februar 2023 in den deutschen Kinos lief, steht nun auf dem Streamingdienst mit dem großen roten N zur Verfügung. Damit feiert „Missing“, der für den Autor dieser Zeilen zu den spannendsten Filmen des bisherigen Jahres zählt, auch seine Heimkino-Premiere, denn eine Blu-ray- oder DVD-Auswertung ist bislang noch nicht angekündigt.
Darum geht’s in "Missing"
Als ihre Mutter Grace (Nia Long) spurlos verschwindet, während sie mit ihrem neuen Freund in Kolumbien Urlaub macht, wird Junes (Storm Reid) Suche nach Antworten immer wieder durch die Fallstricke internationaler Bürokratie behindert. Obwohl die Agenten Park (Daniel Henney) und Heather (Amy Landecker) der verzweifelten Tochter versichern, alles in ihrer Macht stehende zu tun, bleibt Grace weiterhin verschollen.
Da sie Tausende von Meilen entfernt in Los Angeles festsitzt, setzt June alle ihr zur Verfügung stehenden Technologien ein, um sie zu finden, bevor es zu spät ist. Als sie immer tiefer gräbt, wirft ihre digitale Ermittlungsarbeit mehr Fragen als Antworten auf. Nicht nur die Informationen über den neuen Freund ihrer Mutter (Ken Leung) sind ziemlich beunruhigend. Als June weitere Geheimnisse ihrer Mutter lüftet, muss sie sich fragen, wie viel sie eigentlich über den Menschen weiß, dem sie doch so nahe steht...
Deutlich temporeicher als "Searching"
Die Regisseure Will Merrick und Nick Johnson, die sich bei „Searching“ noch für den Schnitt verantwortlich zeigten, haben ihre Hausaufgaben gemacht und die Stärken des Quasi-Vorgängers genauestens unter die Lupe genommen. Noch deutlicher als „Searching“ funktioniert „Missing“ daher als stilistische Gimmick-Kuriosität und gleichwohl als intimes Drama, in dem die Mutter-Tochter-Beziehung tatsächlich durchaus glaubwürdige Emotionen an die Oberfläche trägt.
Das sorgt dann auch dafür, dass „Missing“ sehr schnell eine brodelnde Eigendynamik erlangt, die größtenteils auf der beängstigenden Erkenntnis basiert, dass es sowie wie Privatsphäre im Internet eigentlich gar nicht gibt. Das Durchforsten von Internetchroniken und Such- wie Chatverläufen durchdringt die Figuren mehr und mehr, um ihr innerstes Wesen offenzulegen. Vor allem in der ersten Hälfte ist „Missing“ hier hochspannend und deutlich temporeicher als „Searching“.
Auch wenn „Missing“ durchweg atemloses Thriller-Kino bietet, bei dem auch die Charaktere nicht zu kurz kommen, darf man es mit der Plausibilität nicht allzu genau nehmen. Irgendwann nehmen die Twists nämlich immer wildere Formen an, was ein wenig forciert wirkt, aber kaum etwas daran ändert, dass „Missing“ zu den spannendsten Filmen des bisherigen Jahres zählt. Nicht zuletzt, weil er es sich nicht nehmen lässt, den ein oder anderen süffisanten Seitenhieb in Richtung True-Crime-Faszination auszuteilen.
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