Ja, es ist nicht immer ganz einfach mit Baz Luhrmann. Sein ausdrucksstarker, auf außer Kontrolle geratene Farben und Formen setzender Regiestil ist gleichermaßen eindrucksvoll wie anstrengend. Das hat sich zuletzt auch bei einem Biopic „Elvis“ gezeigt, in dem Luhrmann das Leben von Elvis Presley inszenatorisch in einen entfesselten Rauschzustand übersetzte, der die Zuschauer*innen regelrecht dazu gezwungen hat, einfach mitgerissen zu werden. Seine vorherigen Werke, „Romeo & Juli“, „Moulin Rouge“ und „The Great Gatsby“ waren bereits aus einem ähnlichen Holz geschnitzt.
Ein wenig aus der Reihe tanzt „Australia“, das heute, am 6. Juli um 20.15 Uhr auf Disney ausgestrahlt wird. Das überlange Historien-Epos mit Hugh Jackman und Nicole Kidman in der Hauptrolle ist kein atemloses, dafür aber ein durchweg bildgewaltiges Abenteuer. Baz Luhrmanns Können dahingehend, einzigartige Bildwelten zu schaffen, die in ihrer wuchtigen Erhabenheit oftmals dazu imstande sind, einem die Sprache zu rauben, kommt gerade in diesem Fall ungemein virtuos zum Einsatz.
Übrigens: Falls ihr die heutige TV-Ausstrahlung nicht wahrnehmen könnt, den Film ohnehin lieber ohne Werbeunterbrechungen und/oder in der englischen Originalsprache sehen wollte, könnt ihr einfach auf Disney+ ausweichen. Dort steht „Australia“ im Abo zur Verfügung:
Darum geht’s in "Australia"
Australien im Jahre 1939: Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reist die britische Aristokratin Lady Sarah Ashley (Nicole Kidman) von London nach Darwin, um ihrem Mann (Anton Monsted), der sie vermutlich betrügt, den Kopf zu waschen. Sie engagiert den grummeligen Viehtreiber Drover (Hugh Jackman), um sie zur familieneigenen, im nördlichen Outback gelegenen Rinderfarm Faraway Downs zu führen. Dort angekommen, findet Lady Ashley ihren Mann ermordet vor. Es tobt ein erbitterter Farmer-Krieg, in dem der hinterhältige Vorarbeiter Neil Fletcher (David Wenham) gemeinsame Sache mit dem Rinderbaron King Carney (Bryan Brown) macht.
Lady Ashley feuert Fletcher und schafft sich so einen ziemlich gefährlichen Feind. Sie nimmt den heimatlosen Aborigine Nullah (Brandon Walters) bei sich auf und fasst einen kühnen Plan: Sie will einen Treck von 1500 Rindern über Hunderte von Meilen quer durch das unwirtliche Outback nach Darwin treiben, um das Vieh dort zu verkaufen und so Carneys Monopol zu zerschlagen. Sie überredet Drover, das Himmelfahrtskommando anzuführen. Mit einer Handvoll Farmbediensteter starten Drover und Lady Ashley in ein lebensgefährliches Abenteuer...
Herrlich altmodisches Bombast-Kino
Eigentlich wollte sich Baz Luhrmann gerade in die Vorbereitungen für seinen „Alexander“ mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle stürzen, doch aufgrund des Megaflops von Oliver Stones „Alexander“ musste sich Luhrmann ein neues Projekt suchen – und ging zurück zu seinen australischen Wurzeln.
Obgleich sein „Australia“ einen klaren historischen Kontext aufweist, ist der Film doch in erster Linie ein sehr, sehr klassisches Hollywood-Melodram, das in den grandiosen Aufnahmen der einzigartigen Landschaft Australiens schwelgt.
In der offiziellen FILMSTARTS-Kritik gab es für „Australia“ gute 3,5 von 5 Sternen. In seinem Fazit schreibt unser Autor Carsten Baumgardt: „Baz Luhrmanns kühner Versuch, ein monumentales Epos für die Ewigkeit zu schaffen, ist zwar nicht wirklich gelungen, aber dennoch ist ‚Australia‘ ein sehenswertes Abenteuer-Melodram der alten Schule – hemmungsloses Gefühlskino, das sich auf Gedeih und Verderb dazu bekennt. Die unheimlich wuchtige Inszenierung und die superben Bilder entschädigen für die kleineren Schwächen in der Charakterzeichnung.“
Die offizielle FILMSTARTS-Kritik zu „Australia“
Man darf also nicht von einem Meisterwerk wie etwa dem ähnlich gepolten „Giganten“ mit Rock Hudson, Elizabeth Taylor und James Dean ausgehen. Stattdessen ist „Australia“ ein Film, der mit aller Gewalt auf große Bilder und große Gefühle setzt. Das kann man theatralisch und bemüht empfinden. Man kann sich davon aber auch wunderbar einnehmen lassen und über knapp 160 Minuten in einem Hollywood-Epos verlieren, wie es sie in dieser Form heutzutage quasi gar nicht mehr gibt. In der Kritik heißt es diesbezüglich:
„Der unbedingte (Stil-)Wille, großes, altmodisches Breitwand-Kino in überwältigender Farbenpracht auf der Leinwand zu zelebrieren, zieht sich durch den gesamten Film und ist in seiner grandiosen Wucht der größte Trumpf, der alles andere überstrahlt.“
Dadurch, dass Baz Luhrmann sich die Epen der 1940er- und 1950er-Jahre zum Vorbild genommen hat, sieht es mit der Charakterzeichnung – gelinde gesagt – eher eindimensional aus. Das führt zwar dazu, dass die Sympathien eindeutig verteilt sind, das emotionale Maximum kann Luhrmann aus „Australia“ aber nicht herausholen, weil er der Größe der Bilder zu keiner Zeit mit der nötigen Tiefe an Gefühle begegnen kann. Trotzdem steckt „Australia“ voller Charme, Herz und auch Humor. Wem das nicht reicht, kann sich immer noch an den grandiosen Schauwerten erfreuen.
Neuer "Fack Ju Göhte" und weitere Highlights kommen kurz nach Kinostart zu NetflixDies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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