In der Netflix-Serie „Queen Cleopatra“ werden Interviews von Expert*innen mit nachgestellten Schauspielszenen verbunden, um die Geschichte der „letzten Pharaonin“ nachzuerzählen – das kennt man aus Erfolgsformaten wie „Terra X“ auf ZDF und ist eigentlich nicht sonderlich spektakulär. Dennoch sorgte die Serie bereits seit längerem für Aufregung. Denn in den nachgestellten Szenen spielt Adele James die ägyptische Legende. Dass die Schauspielerin Schwarz ist, sorgte für einen riesigen Aufschrei.
Insbesondere seit der Veröffentlichung des ersten Trailers Mitte April werden sich rund um die Serie die Köpfe eingeschlagen. Die Kommentare unter Netflix' dazugehörigen YouTube-Videos sind aus gutem Grund längst deaktiviert. Doch ist all das Getöse überhaupt berechtigt? War Kleopatra nicht vielleicht sogar schwarz? Wir erklären euch, was hinter der Aufregung um die wohl meistdiskutierte Netflix-Serie des bisherigen Jahres steckt.
Ein Anwalt will Netflix sogar ganz verbieten
Um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Wellen die Serie schlägt, muss man nur auf einige Reaktionen schauen: Insbesondere aus Ägypten gab es Proteste, die zum Ziel hatten, die Ausstrahlung der Serie zu verbieten. Eine entsprechende Petition machte im Netz die Runde. Den Verantwortlichen hinter der Netflix-Serie sowie dem Streamingdienst wurde darin „Blackwashing“ vorgeworfen.
Ein Anwalt hat in Ägypten sogar eine Klage eingereicht. Diese hat zum Ziel, dass Netflix in dem Land komplett verboten werden soll. Der Streamingdienst habe schließlich an einem „Verbrechen partizipiert“, in dem man die Serie in Gang gesetzt hat. Die Verantwortlichen müssen zur Strecke gebracht werden. Ein ägyptischer TV-Sender kündigte mittlerweile eine eigene Dokumentation an, welche „die Wahrheit“ liefern soll.
Niemand weiß, wie Kleopatra aussah
Doch wie sieht diese „Wahrheit“ aus? Sicher ist: Das weiß niemand wirklich. Denn wie Kleopatra aussah, wird bis zur Erfindung irgendeiner Form von Zeitreisen ein ungelöstes Rätsel bleiben. Selbst ihre angeblich so unglaubliche Schönheit ist umstritten, weil die meisten Quellen dazu nach ihrer Lebenszeit entstanden.
Aus den meist schematischen Darstellungen aus ihrer Zeit lassen sich bestimmte Gesichtszüge (wie die nicht nur durch die „Asterix“-Comics auch einer größeren Allgemeinheit bekannte, wohl etwas größere Nase) folgern. Doch für eine Aussage über die Hautfarbe sind Abbildungen auf Münzen, Statuen etc. nicht geeignet.
Daher war die Frage von Kleopatras Hautfarbe unter Historiker*innen schon lange vor der Netflix-Serie umstritten und ist es noch heute. Bei der Königin wird häufig auf ihre makedonisch-griechische Herkunft verwiesen, die aber schon Generationen in die Vergangenheit reicht. Persischer und eventuell auch syrischer Einfluss sorgten nach überwiegender Meinung für eine etwas dunklere Haut. Viele Forschende glauben aber, dass eine sehr dunkle Hautfarbe in römischen Texten erwähnt worden wäre.
Die Netflix-Kleopatra – näher am Original als die bekannteste Kino-Kleopatra
Natürlich haben sich auch längst die Verantwortlichen hinter der Netflix-Serie zu Wort gemeldet. Im Branchenmagazin Variety veröffentlichte Regisseurin Tina Gharavi einen Artikel, in dem sie auf die Kontroverse eingeht. Darin stellt sie die Frage: „Was stört euch so sehr an einer Schwarzen Kleopatra?“
Dabei wundert sie sich vor allem, dass es den Aufschrei nun plötzlich bei der Netflix-Serie und nur wegen der Schwarzen Hautfarbe gebe. Dabei könnten doch alle Historiker*innen „bestätigen, dass es viel wahrscheinlicher ist, dass Kleopatra wie Adele [James] aussah als wie Elizabeth Taylor.“ Die spielte Cleopatra in einem legendären Kinofilm aus dem Jahr 1963.
Für ein neues Kinoprojekt war vor einigen Jahren Angelina Jolie im Gespräch, aktuell arbeitet Gal Gadot mit ihrer „Wonder Woman“-Regisseurin Patty Jenkins an einem möglichen Film. Dabei seien diese laut Gharavi „alle unglaublich falsch“. Warum regen sich die Leute nicht darüber auf, sondern über James, fragt sie sich.
Vor allem gehe es doch nicht so sehr um die Optik, sondern vor allem um die Darstellung der historischen Figur und ihrer Taten. Als die HBO-Serie „Rome“ eine der intelligentesten, kultiviertesten und mächtigsten Frauen in der Welt als eine „heruntergekommene, zügellose Drogensüchtige“ gezeigt habe, schien es niemanden in Ägypten zu stören, wundert sich die preisgekrönte Dokumentarfilmerin. „Wo war da der Aufschrei?“
"Queen Cleopatra" - ab sofort bei Netflix
Seit dem heutigen 10. Mai 2023 könnt ihr euch ein eigenes Bild davon machen, wie „Queen Cleopatra“ ausgefallen ist. Vielleicht geht die Diskussion dann auch weg von der Hautfarbe der Hauptdarstellerin und beschäftigt sich mehr mit der Frage, ob die Serie interessant und spannend ist, ob sie eigene Ansätze findet und neue Erkenntnisse aufzeigt...
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