Es ist immer wieder ungemein interessant, sich ein wenig umfangreicher mit dem Schaffen etwaiger Action-Darsteller*innen zu beschäftigen. Auf Sylvester Stallone trifft das natürlich auch zu. Neben Arnold Schwarzenegger ist er DIE prägende Muskel-Ikone des 1980er-Jahre-Kinos und hat die Welt gerade mit seinen testosterongeschwängerten Auftritten in der „Rambo“-Reihe und Co. in Atem gehalten. Sieht man aber einmal über die Klassiker hinweg, die ohnehin jede*r kennt, dann lassen sich auch im Schaffen von Sylvester Stallone echte Perlen entdecken.
So zum Beispiel auch der urbane Action-Thriller „Nachtfalken“, der ein Jahr vor dem ersten „Rambo“ erschienen ist und damit noch nicht dem Druck unterlag, Sylvester Stallone unbedingt als gnadenlose Ein-Mann-Armee in Szene zu setzen. Stattdessen baut Regisseur Bruce Malmuth („Hard To Kill – Ein Cop schlägt zurück“) auf Atmosphäre und Lokalkolorit, um es an den richtigen Stellen dann auch mal entsprechend krachen zu lassen. Momentan könnt ihr „Nachtfalken“ bei Freevee, dem kostenlosen Streamingdienst von Amazon schauen.
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Darum geht’s in "Nachtfalken"
Deke DaSilva (Sylvester Stallone) und Matthew Fox (Billy Dee Williams) sind aus einem anderen Holz geschnitzt als die meisten Cops. Ihnen macht nämlich niemand so schnell etwas vor. Sie haben genug Erfahrung, um zu wissen, wie man in den Straßen von New York City Anfang der 1980er-Jahre überlebt. Doch jetzt stehen sie vor einer ihrer größten Herausforderungen: Eine Spezialeinheit erbittet ihre Hilfe dabei, den Top-Terroristen Wulfgar (Rutger Hauer) zur Strecke zu bringen.
Dieser hat gerade in London ein verheerendes Attentat ausgeführt und ist momentan auf dem Weg nach New York, wo er schon den nächsten Anschlag plant – zur Seite steht ihm dabei seine Komplizin Shakka (Persis Khambatta). Nach einer Geiselnahme von UN-Delegierten gelingt dem Terroristen auf spektakuläre Weise die Flucht, aber die Jagd hat erst begonnen. Deke und Matthew heften sich an Wulfgars Fersen – doch die Zeit wird immer knapper...
Kein Nonsens, sondern schroffes Genre-Kino
Aus heutiger Sicht tut es ungemein gut, sich einen Film wie „Nachtfalken“ zu Gemüte zu führen. Denn anstatt auf tumbe One-Liner, ein Meta-Augenzwinkern oder sonstige Sperenzchen zu setzen, ist der Action-Thriller von Bruce Malmuth ganz und gar Kind seiner Zeit. Das bedeutet: Hier geht es roh, rustikal und reduziert zur Sache. Kein Wunder, dass „Nachtfalken“ nicht an die großen Action-Spektakel erinnert, sondern sich eher im Dunstkreis von ungefilterten Genre-Brettern wie „French Connection“, „Dirty Harry“ oder „Wie ein Panther in der Nacht“ aufhält.
Während „Nachtfalken“ inhaltlich eher konventionelle Bahnen einschlägt und sich dabei auf das Duell zwischen Sylvester Stallone und Rutger Hauer konzentriert, funktioniert der Großstadt-Thriller vor allem über seine stimmungsvolle Inszenierung. Das New York City, in dem „Nachtfalken“ angesiedelt ist, ist eine Metropole, die in Gewalt und Armut versinkt. Das authentische Lokalkolorit erinnert an Klassiker wie „Taxi Driver“ oder Paul Schraders „Hardcore“. Die Hochhausschluchten der oft besungenen Weltstadt sind hier ein von Tristesse vollkommen infizierter Moloch, dem niemand so wirklich entkommen kann.
Der Thrill der Geschichte entlädt sich daher auch sehr klassisch, denn Bruce Malmuth möchte keinen atemlosen Adrenalinkracher hier verantworten, sondern setzt auf einen gediegenen, aber niemals drögen Spannungsaufbau. Die Hetzjagd nach dem wahnsinnigen Terroristen ist durchgehend spannend, die Action-Momente, bestehend aus Schusswechseln, körperlichen Auseinandersetzungen und Explosionen, werden wohldosiert in das Geschehen eingebaut. „Nachtfalken“ ist im besten Sinne produktionsökonomisch, weil er effektiv das Wesentliche in Augenschein nimmt und damit kein Gramm Fett zu viel auf den Rippen trägt.
Sylvester Stallone ist in der Hauptrolle noch weit davon entfernt, jene machoide Abrissbirne darzustellen, die er in derben Kloppern wie „Die City-Cobra“ später verkörpern sollte. Sein Deke DaSilva erinnert durch die traurigen Augen, seine Verletzlichkeit und die professionelle Verbissenheit eher an Rocky Balboa, obgleich er das gleiche Vietnam-Trauma wie John Rambo teilt. Über Stallones zurückgenommenes Spiel wird die Geradlinigkeit der Inszenierung umso deutlicher: Weniger ist manchmal eben einfach mehr. Und um Atmosphäre zu erzeugen, muss man nicht brachial nach vorne preschen. Das hat der herrlich düstere „Nachtfalken“ wunderbar begriffen.
Sylvester Stallone in Quentin Tarantinos "Pulp Fiction"? "Rambo"-Star räumt mit fast 30 Jahre altem Gerücht auf*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.