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3,0
Veröffentlicht am 20. September 2022
In ihrem Debütfilm erzählt Natalia Sinelnikova eine absurd überhöhte und stark stilisierte, ja groteske Geschichte über allgemeine Verängstigung und den Sinn oder Unsinn des Abschottens. Damit ist ihre Arbeit selbstredend eine, die brandaktuell die Gemütslage vieler Menschen angesichts erdrutschartiger Veränderungen in der Welt satirisch widerspiegelt. Die audiovisuellen Mittel ihrer Wahl sind brillant. Unter den streng komponierten, meist statischen Bildern liegt eine erhaben minimalistische Musik, die eine vibrierende Beklemmung erzeugt. Auch stellt sie gut heraus, wie sehr wir uns doch allzu gern auf unsere Fassadentechniken verlassen, während wir innerlich erodieren.

Bedauerlicherweise kann ihre Schauspielführung da nicht ganz mithalten. Wenn von einer hysterischen, isoliert lebenden Hausgemeinschaft erzählt wird, ist die Figurenzeichnung bis in die Komparserie das wichtigste Kapital eines Films (denken wir zum Beispiel an The Killing of a Sacred Deer (Großbritannien, Irland 2017, R.: Yórgos Lántimos), in dem die Angst durch konsequente inszenatorische Kälte erzeugt wurde). In Wir könnten genauso gut tot sein ist die Angst der Einzelnen, die Sinelnikova erzählen will, zwar erkenn- aber weniger spürbar. M.E. wurde hier das Potenzial zu einem wahrlich erschütternden Film verschenkt.

Wir könnten genauso gut tot sein ist ein klaustrophobischer, atmosphärisch bemerkenswerter Film über falsch verstandene Sicherheit, ein bemerkenswerter Ausnahmefilm, dem ich jedoch eine präzisere psychologische Figurenführung sehr gegönnt hätte.

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