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3,0
Veröffentlicht am 10. April 2022
Es scheint mir unmöglich, diesen ätherisch-lakonischen Film zu fassen zu kriegen, aber ich will's versuchen. - Gabriel Byrne spielt einen College-Professor namens Samuel O'Shea, der gleich zu Beginn des Films erfährt, dass er nicht mehr unbedingt lange zu leben hat. Seine Reaktion darauf ist nicht, dass er zu trinken beginnt, denn er hat schon vorher getrunken - und er wird den ganzen Film hindurch trinken. Nicht, dass das einen Unterschied machte, denn er wirkt eigenartig klar und besonnen. So entspannt, wie nur einer sein kann, der ein Leben lang meditiert hat, oder dem schon immer alles gleich war. Nicht verzweifelt, sondern leise amüsiert.

Alles, was er erlebt, wen und was er sieht, mit wem er sich unterhält, sehen und erleben wir mit ihm. Und dabei ist nicht immer so ganz klar, ob wir gerade mit ihm fantasieren, halluzinieren, oder ob das gerade wirklich passiert. Braucht der Protagonist Hilfe, oder sind wir es, die zu sehr an der Realität hängen? Nimmt O'Shea Abschied, oder ist das schon gar nicht mehr nötig?

"Ein Film wie ein Song von Leonard Cohen", heißt es in den Ankündigungen. Cohen, der Poet, der Musiker, ist die Inspiration des Regisseurs - eine Platte von Cohen aus dem Jahr 1977 ist hier Titel gebend. Und tatsächlich: Film und Musik schwingen exakt gleich. Es scheint mir angemessen, ja beinahe alternativlos, sich mit derart heiterer Melancholie aus dem Leben zu verabschieden.

Der charmante Gabriel Byrne ist hier sicher die perfekte Besetzung. Er scheint gar nicht zu spielen; er hat sich selbst als Person zur Verfügung gestellt und traumwandelt mit uns durch Montreal, durch Kneipen und an Stränden entlang - zuweilen mit bemerkenswerter Begleitung. M.E. hätte in dem Film kein Wort gesprochen werden müssen, und er hätte genauso gut funktioniert. Was aus der Geschichte mitzunehmen ist, entscheidet sich je nach Lebenssituation und persönlicher Verfassung des Betrachters, und vermutlich entdeckt man - sollte man ihn zu verschiedenen Zeiten ansehen - jedes Mal etwas Neues.

Ehrlich gesagt saß ich im Kino und dachte: ich versteh' nur Bahnhof. Ein guter Grund, ihn mir noch einmal anzusehen. Und vielleicht noch einmal. Schön, dass es solche Filme gibt.

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