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    Vergessene Welt - Jurassic Park
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Vergessene Welt - Jurassic Park
    Von Christian Horn

    Spätestens seit der Filmstudenten-Diskussion aus Wes Cravens Scream 2 ist allgemein bekannt, dass Fortsetzungen vor allem eines bieten müssen: mehr. Deswegen gibt es in James Camerons Aliens – wie schon der Titel verrät – eine regelrechte Armee außerirdischer Wesen zu sehen und das Schwarzenegger-Modell wird in Terminator 2 vom T1000 spielend überboten (um nur zwei Beispiele zu nennen). Genau dieser Formel folgt auch Steven Spielberg in seiner „Jurassic Park“-Fortsetzung „Vergessene Welt“. Im ersten Teil des Fantasy-Abenteuers sorgten die neuartigen Computereffekte zur Generierung der Dinosaurier für Aufsehen und setzten neue Maßstäbe im Bereich der Special Effects. Also musste im zweiten Teil – gemäß der Regel – mehr davon her. So kommt es, dass gleich eine ganze Horde Raptoren unsere Protagonisten attackiert, und dass nicht nur ein T-Rex alleine für Angst und Schrecken sorgt, sondern gleich zwei Exemplare samt Nachwuchs. Und auch die Anzahl der handelnden Personen hat sich gegenüber dem Vorgänger verdoppelt, was natürlich zu einer höheren Sterberate führt und, noch wichtiger, für mehr Dino-Auftritte sorgt. Während die Urzeitriesen in „Jurassic Park“ nur für etwa acht Minuten auf der Leinwand zu sehen waren, belegen sie in „Vergessene Welt“ etwa die dreifache Minutenzahl.

    Die Story ist als Mittel zum Zweck schnell erklärt: Etwas hat überlebt. Und zwar auf der Nachbarinsel des wahnwitzigen Dinosaurierparks, wo die Dinos frei und ungehindert umherlaufen können. Eigentlich sollten sie ja von alleine sterben; das sah zumindest der „Lysin-Plan“ aus dem ersten Teil vor. Aber, und das wusste Ian Malcolm (Jeff Goldblum; Independence Day) ja schon immer, die Natur findet einen Weg. Und so wachsen auf der Insel Lysin-haltige Pflanzen, die von den Pflanzenfressern vertilgt werden, welche wiederum den Fleischfressern in die Krallen geraten. Gleich zu Beginn macht eine Familie Bekanntschaft mit kleinen, aber höchst unangenehmen Inselbewohnern, die sich über die Tochter der Familie hermachen wollen. Von der schreienden Mutter wird auf den gähnenden Ian Malcolm geschnitten, der in einer U-Bahn-Station vor einem tropischen Werbeplakat wartet. Er ist der wesentliche Protagonist des Films, alleine schon, weil er – abgesehen von ein paar Kurzauftritten – der einzige alte Bekannte aus „Jurassic Park“ ist. John Hammond (Richard Attenborough) beauftragt ihn mit der Leitung eines Expeditionstrupps auf die Insel; ein Jagdtrupp ist nämlich auf dem Weg zur Insel und Hammond fest entschlossen den Fehler aus seiner Vergangenheit wieder gut zu machen. Mit der Öffentlichkeit im Rücken, so glaubt er, kann er seinen Plan durchsetzen, die Insel unberührt zu lassen. Auf der Insel kommt es dann schließlich, wie es kommen muss: Beide Gruppen geraten in Bedrängnis und müssen sich zum Überlebenskampf zusammenschließen. Die Show kann beginnen.

    War der erste Teil noch eher ein Thriller, ist der zweite ein waschechter Abenteuerfilm. Auf der Insel gibt es keine Gehege und im dichten Urwald kann hinter jeder Ecke der Tod lauern. Die resultierenden Actionszenen in „Vergessene Welt“ sind durchaus nett anzusehen. Zum Beispiel, wenn gleich zwei T-Rex einen Wohnwagen angreifen, ihn von der Klippe schubsen und dann zur Krönung einen sympathischen Nebendarsteller in der Luft zerreißen. Oder wenn die Raptoren einen beträchtlichen Teil der Expeditionsteilnehmer in mannshohem Gras dezimieren. Die Effekte halten das hohe Niveau des ersten Teils, überbieten es teilweise und der Spaßfaktor bleibt nicht aus. Vor allem die „Godzilla“-Huldigung am Ende ist ein wahrer Augenschmaus und pures Unterhaltungskino.

    Spielberg ist einer der handwerklich begabtesten Regisseure Hollywoods und beweist das mit „Vergessene Welt“ auf ein Neues, wobei ihm die Fortsetzung das langsame Aufbauen einer Spannungskurve leider verwehrt. Dauerte es in „Jurassic Park“ noch eine ganze Stunde, bis die Dinosaurier von der Leine gelassen wurden, gibt „Vergessene Welt“ ziemlich zeitig Vollgas, was ihn ein wenig seelenlos wirken lässt – eben nicht eine Geschichte mit Dinosauriern, sondern Dinosaurier mit einem Handlungsgerüst. Aber mal ehrlich, wer erwartet beim zweiten „Jurassic Park“ schon eine ausgefallene Handlung? Auf die pure Unterhaltung, die Zerstreuung kommt es bei Blockbustern schließlich an. Und die bietet „Vergessene Welt“ allemal, gewürzt mit ein paar netten Sprüchen, einem gut aufgelegten Jeff Goldblum und einer nicht unbeachtlichen Riege an talentierten Darstellern. Julianne Moore (Magnolia) als Goldblums eigensinnige Freundin und Vince Vaughn in der Rolle eines waghalsigen Fotografen dürften wohl die bekanntesten Gesichter sein, aber auch die anderen Darsteller können überzeugen. Obwohl sie meistens Stereotypen verkörpern und mitunter ziemlich schnell dahingerafft werden, können sie einen Eindruck beim Zuschauer hinterlassen und ein Gefühl für die Figuren vermitteln.

    „Vergessene Welt“ ist klar schlechter als Jurassic Park, aber noch besser als der dritte Teil. Alles in allem ist Spielberg ein annehmbarer Mainstream-Film gelungen, der ein hohes Maß an Oberflächenreizen bietet, dafür aber eine recht belanglose Story ohne wirklich innovative Einfälle erzählt. Die goldene Regel Hollywoods für Sequels hat „Vergessene Welt“ mustergültig umgesetzt und gleichzeitig das weit verbreitete Gerücht bestätigt, dass Fortsetzungen nie an das Original heranreichen können. Womit wir wieder bei der Film-Diskussion aus „Scream 2“ wären.

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