Oft tendiert man dazu, einen Film zu missachten, nur weil man ihn missverstanden hat. Auch mir fällt es nicht leicht, einen Film zu bewerten, der Story und Charakterentwicklung weitestgehend ignoriert. Aber ich habe grenzenlosen Respekt vor allen Menschen, die an der Entwicklung von "Aguirre" beteiligt waren._____________ Wie kann man einen Film missachten, dessen Realisierung das höchste Ziel vor den Augen des Filmemachers war? Werner Herzog hat alles aufs Spiel gesetzt, um diesen Film zu drehen und das sieht man auch: Wenn im Film die Spanier einen fast senkrechten Berg hinunterkrabbeln, dann hat das Filmteam das auch getan. Wenn die Expedition auf hölzernen Floßen von den Stromschnellen herumgerissen wird, dann kann man sicher sein, dass Herzog und seine Kameraleute auch auf einem Floß standen. Die Handlung ist eine Abwärtsspirale. Die Männer kommen dem Tod immer näher, je tiefer sie in den Urwald vorstoßen. Wo ist Eldorado? Weiter, immer nur weiter den Fluss entlang. Die Männer werden von der Goldgier angetrieben, aber Aguirre von der Gier nach Ruhm, die ihn vermutlich schon lange vor Einsetzen der Handlung in den Wahnsinn getrieben hat. Er treibt die Flussfahrt voran, die bereits als Hölle begonnen hat und in Tod und Verderben endet. Es ist die extrem hoffnungslose Stimmung, die den Zuschauer mitnimmt, am Ende werden wir sogar Zeugen des geistigen Verfalls: Ein Pfeil durchbohrt den Oberschenkel eines Mannes, er darauf "Dieser Pfeil existiert nicht". Man bekommt ein Segelboot in den Baumwipfeln zu sehen und 100 Äffchen, die auf den Leichen herumhopsen. Am Ende der Reise hat Aguirre die Vision der "reinsten Dynastie", die er zusammen mit seiner eigenen Tochter gründen will, und mir wurde klar, dass der Wahnsinn dieser Figur in Klaus Kinski geboren wurde.___________Gottes Schöpfung war im Urwald nicht fertig geworden, so heißt es im Film. Wo Gott nicht ist, kann Zivilisation erst recht nicht sein. Und ich persönlich wünschte, es würde für immer so bleiben.