Besonders zwei Arten von Filmen besitzen gute Chancen, bei subjektiver Wahrnehmung zu den Besten überhaupt gezählt zu werden. Jene, von denen man nichts erwartet und die einen dann positiv überraschen. Und jene, von denen man viel erwartet und die selbst dieser gesteigerten Antizipation noch etwas entgegenzusetzen haben, das weit über das Erwartete hinausreicht. 'Little Children' ist ein Werk letzterer Kategorie.
Der Inhalt klingt ein bißchen nach 'Desperate Housewives' und tatsächlich haben Serie und Film Gemeinsamkeiten: das Episodenhafte. Den satirischen Touch. Und eine allwissende Erzählerstimme. Darüber hinaus jedoch stehen beide einander wie Gemälde und Kritzelei gegenüber. Sie sind mit ähnlichen Farben entstanden, doch nur 'Little Children' lässt daraus wahre Kunst werden.
Todd Field's Story ist unendlich facettenreich, was sich schon am Grundton des Films festmachen lässt. Dieser ist nämlich keinesfalls der eines typischen Dramas, vieles spielt sich (vordergründig) auf einer entlarvend-überspitzten Ebene ab. Doch schon die erste Szene, in der ein Nachrichtensender über die Haftentlassung eines Pädophilen berichtet und Interviews mit besorgten Eltern einblendet werden, kontakariert diese in der Folge veranschaulichte Stimmung. Aber insgesamt gliedert sich die Geschichte des 'Perversen' Ronnie als nur eine Nuance in das Gesamtbild des Pseudo-Vorstadtidylls ein, sie ist nicht etwa ihr propagandistischer Aufhänger, zu dem sie leicht hätte verkommen können. Das wahre Drama und die tiefe Tragik der Charaktere findet somit nicht im (allzu) offensichtlichen statt.
Aus der Grundkonstellation des Aufeinandertreffens verschiedener Menschen, die in ihren Leben vor festgefahrenen Situationen stehen und diese mit teils fatalen, teils erschütternden, teils tieftraurigen, manchmal auch humorigen Konsequenzen zu meistern versuchen, entwickelt der Film eine ungeheure Dynamik. Field unterstreicht dies durch einige optische Spielereien und besonders den Erzählerkommentar. Relativ selten meldet sich dieser und berichtet meistens nüchtern über die aktuelle Gefühlslage und inneren Konflikte der jeweiligen Person. Dies widerspricht dem 'Show, don't tell'-Mantra, dadurch gewinnt der Film jedoch die Möglichkeit auf szenische Exposition größtenteils verzichten zu können, er lässt den Erzähler kurz erklären, um sich dann wieder voll der Kausalität im Handeln der Protagonisten widmen zu können. Was zu einem wuchtigen, absolut mitreißenden Ergebnis führt. Wahrlich herausragende darstellerische Leistungen tragen das Konstrukt über die volle Länge und die größtenteils moralisch mindestens fragwürdigen Taten erhalten gerade dadurch eine oft schmerzliche und melancholische Nachvollziehbarkeit, wie sie kaum ein zweiter Film mit ähnlichen Thematiken zu transportieren vermag.
'Little Children' bleibt bei all den tiefgreifenden Entwicklungen, Beziehungen und Komplexität stets auch eines: uneingeschränkt unterhalsam. Keine Längen, einige optimal getimte Schmunzler bis Lacher und eine visuelle Vielfarbigkeit, das alles macht den Film sehr zugänglich und bietet seine immense emotionale Reichhaltigkeit quasi als einen Bonus, dem sich willige Zuschauer annehmen und Unwillige verschließen können und dennoch beiden einen großen Genuss beschert.
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