Klonen ist ein Thema, welches zwar durchaus brisant und auch aktuell ist, dennoch gibt es kaum Filme darüber. Das ambitionierte Drama „Blueprint“ ist einer der ersten, der sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzt – Roger Spottiswoodes Action-Variante „The 6th Day“ lassen wir einmal außen vor. Es werden, genau wie in dem gleichnamigen Roman von Charlotte Kerner (1999), viele Fragen darüber aufgeworfen, warum man einen Menschen klont und welche Folgen das für die betreffende Person, den Klon, haben kann. Wie fühlt sich ein Mensch, der ständig das eigene Spiegelbild in älterer Fassung vor sich hat? Warum wollen sich Menschen überhaupt klonen? Fragen wie diese stellt der Film und gibt dem Zuschauer mögliche Antworten, indem er ihm eine Geschichte aus einer möglicherweise nicht allzu fernen Zukunft erzählt.
Die berühmte Pianistin Iris Sellin (Franka Potente) erkrankt an Multiple Sklerose und hat Angst, ihr Leben könne nun schon bald zu Ende sein. Deshalb entschließt sie sich, sich selbst klonen zu lassen, um den Klon, als eine Art zweites Ich, ihr Leben weiterleben zu lassen. Sie findet einen bekannten Reproduktionsmediziner namens Fischer (Ulrich Thomsen), der ihr eine Tochter mit ihrer DNA sozusagen einpflanzt und neun Monate später wird das Kind mit den exakt gleichen Erbanlagen geboren. Siri (Karoline Teska, Nina Gummrich), Iris rückwärtsgelesen, wird von Kindesbeinen an die Musik herangeführt, sie lernt von ihrer Mutter Klavier und spielt nicht zuletzt dank ihrer Erbanlagen hervorragend. Ihre Mutter ist ihr Idol, sie ist „das Leben“ ihrer Mutter, wie Iris ihrer Tochter immer wieder zuflüstert. Noch weiß weder die Öffentlichkeit noch Siri selbst, dass sie ein Klon ist. Dies erfährt sie auf eine Weise, die sie in einen Schockzustand verfallen lässt: Fischer wendet sich gegen den Willen von Iris Sellin und trotz des Klonverbots an die Presse und verbreitet während eines gemeinsamen Konzerts von Iris und ihrem Klonzwilling, dass der erste geklonte Mensch auf der Welt längst existiert. Die Presse stürzt sich natürlich auf diesen Klon. Siri versucht nun mit dem Klonsein umzugehen und will sich schon bald von ihrer Mutter distanzieren, um irgendwie zu einem Individuum zu werden und nicht nur eine Kopie zu sein.
„Blueprint“ beginnt in der Gegenwart des Films, Siri Sellin (Franka Potente) hat sich nach Kanada abgesetzt, um dem ganzen Trubel um sie zu entgehen und nicht immer nur als Klon gesehen zu werden. Hier beginnt eine Liebesgeschichte mit einem Einheimischen, die immer wieder stückweise in den Film eingespeist wird. Die meiste Zeit geht es jedoch um die Vergangenheit im Film, um das Heranwachsen von Siri. Das Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart funktioniert gut, dem Zuschauer werden schon Hinweise gegeben, worauf der Film hinausläuft und man ist gespannt, wie es dazu kommen wird. Der Film hält sich nicht direkt an die Romanvorlage, was ihm jedoch eigentlich gar nicht so schlecht tut. Man kann nicht direkt sagen, dass der Film schlechter oder besser wäre als das Buch, im Prinzip nutzen sowohl Autorin als auch Filmemacher die Möglichkeiten ihres Mediums gut. Der Regisseur Rolf Schübel machte sich bisher vor allem durch Dokumentarfilme und TV-Produktionen einen Namen und gewann mehrere Filmpreise.
Die schauspielerische Leistung vor allem von Franke Potente ist ausgezeichnet, sie bringt die Doppelrolle glaubhaft und überzeugend rüber, keinen Moment zweifelt man an ihrer Kompetenz oder ihrem Talent. Einige Szenen sind wirklich beeindruckend, etwa eine Gegenüberstellung von rebellischer Tochter und inzwischen kranker Mutter. Schübel stellt den Mutter-Tochter-Konflikt in den Mittelpunkt des Films. Auch die anderen Charaktere, die allerdings neben der Doppelrolle von Franka Potente eher zu minder wichtigen Nebenrollen deklassiert werden, sind durchweg gut gespielt. Die Musik ist klassisch gehalten, eine gewisse Vorliebe für instrumentale Musik sollte man mitbringen, es werden allerdings auch Stücke mit Gesang eingespielt. Der Soundtrack untermalt den Film sehr gut. Negativ zu erwähnen wäre die etwas eingeschobene und nicht wirklich komplett überzeugende Liebesgeschichte in Kanada. Man findet diese im Roman nicht wieder und offensichtlich dient sie mehr der Kommerzialisierung des Films, denn der tatsächlichen Bereicherung des Films. Wirklich stören kann einen dies allerdings nicht, zu kurz sind die Szenen, die sich mit dieser Thematik befassen. Zu kitschig wird es auch nicht, höchstens bei einer Stelle mit Rudolf, einer Art Albino-Elch, der sich von Franke Potente füttern lässt. Der Sinn einer solchen Szene wird nicht deutlich.
Insgesamt ist „Blueprint“ wert, gesehen zu werden - schon allein, weil es kaum vergleichbaren Spielfilme zu diesem Thema gibt und Rolf Schübel mit seiner Umsetzung trotz kleiner Schwächen überzeugen kann. Einen weiteren Aspekt bringt „Blueprint“ noch hervor: Wer Franka Potente bisher nicht recht mochte, wird beim Verlassen des Kinosaals wahrscheinlich seine Meinung geändert haben...