Kurt Cobain - Sänger, Kultikone, Musiklegende. Kaum ein anderer Rockstar der 90er hat eine gesamte Generation junger Menschen so geprägt, wie der Leadsänger der US-amerikanische Grunge-Band Nirvana. Millionen kleideten sich wie er, rockten wie er und lebten wie er. Doch Sex, Drugs and Rock’n’Roll gemischt mit dem plötzlichen Ruhm setzten der Legende Kurt Cobain ein viel zu frühes Ende. Im April 1994 nahm sich der Musiker nach einer Überdosis Heroin mit einer Schrotflinte das Leben. Bis heute kursieren die wildesten Gerüchte über den Tod der Ikone. War es wirklich Suizid, oder ein getarnter kaltblütiger Mord? In „Last Days“ lässt Indie-Regisseur Gus Van Sant all die Spekulationen bei Seite, und zeigt die letzten Tage eines drogensüchtigen, gescheiteren Rockstars. Inspiriert von Cobains Biographie, aber eben keine detailgetreue Wiedergabe. Mit wenig Schnickschnack und noch weniger Handlung legt der Film nicht viel Wert auf Dialoge (die Hauptfigur stammelt lieber unverständliche Wortfetzen vor sich hin) und folgt lieber mit langsam-verschwommener Kameraführung dem Rockstar Blake in den Freitod. Auch wenn Van Sant seinem Stil treu bleibt, ist „Last Days“ leider grenzenlos langweilig. Wer verwirrende auf Filmkunst mit einer netten Szeneanordnung steht, der wird seinen Gefallen finden. Alle anderen werden sich bei „Last Days“ eher zum Wachbleiben zwingen müssen.
Der Rockstar Blake (Michael Pitt) haust mit seinen Bandkollegen auf der Suche nach Inspiration zu neuen Songs in einem entlegenen Haus. Doch weder seine Freundin, noch seine Musik scheinen Blake noch zu interessieren. Er lebt jeden Tag vor sich hin, ständig auf Drogen irrt er durch die Wälder ohne sich wirklich ausdrücken zu können. Immer, wenn der Alltag versucht ihn einzuholen – sei es durch Vertreter an der Haustür oder durch seine Freunde – flüchtet Blake und versteckt sich. Er kapselt sich zunehmend von seiner Außenwelt ab. Bis zum bitteren Ende, als er sich in einem Geräteschuppen das Leben nimmt.
Über Geschmack lässt sich streiten, und so auch über Gus Van Sants Indie-Streifen „Last Days“. Bei den Vorführungen im Rahmen des Münchner Filmfests reagierte das Publikum gespalten auf den Film. Zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt war wirklich jede Meinung vertreten. Wer spannende Unterhaltung erwartet hatte, wurde mit Langeweile und Gähnorgien bestraft, doch wer Gus Van Sants Filme kennt, der war begeistert. Dass die Handlung sehr spärlich ausfällt, versteht sich bereits aus der Inhaltsangabe. Was allerdings überzeugt, ist Van Sants schlichter, aber eindrücklicher Stil. Die kurze Story wird nicht chronologisch, sondern in verschiedenen Sequenzen aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt. Jedes Mal erfährt der Zuschauer etwas Neues und betrachtet die Dinge in einem anderen Licht. Weder großartige Lichtspiele, noch rasante Kamerafahrten oder andere „Effekthascher“ sind in „Last Days“ zu finden. Van Sants Minimalismus in der Inszenierung schafft Längen, über die weder die Kameraführung, noch die herausragende Schauspielleistung von Michael Pitt hinwegtäuschen können.
Dass der 24-jährige Michael Pitt sich eigentlich als Model für Emporio Armani sein Geld verdient, sieht man ihm in „Last Days“ nicht mehr an. Zerrüttet, mit zerzausten Haaren, eingefallenem Gesicht und zerschlissenen Klamotten mimt er das Kurt-Cobain Double Blake. Obwohl er nur in Wortfetzen stottert, drückt Pitt damit soviel mehr aus, als manch anderer Schauspieler. Als einziger Hauptdarsteller des Films legt er eine eindrucksvolle One-Man-Show aufs Parkett. Seine Schauspielkollegen in den Nebenrollen hatten da einen leichteren Job. Ihre Rollennamen sind gleich ihren echten Vornamen. Wie es sich für einen echten Indie gehört, sind die Schauspieler alle eher unbekannt. Bis auf Asia Argento (Land Of The Dead) und Lukas Haas (Mars Attacks) sind die Gesichter meist fremd.
Mit Filmen wie „Good Will Hunting“ und Forrester machte sich der US-Amerikaner Gus Van Sant im Mainstream-Kino einen Namen. Doch auch im Indie-Bereich legt der 53-Jähirge immer wieder wahre Schmuckstücke vor. 2003 räumte er mit dem Drama Elephant bei den renommierten Filmfestspielen in Cannes gehörig ab. Gleich drei Auszeichnungen konnte er verbuchen. Auch „Last Days“ lief dieses Jahr in Cannes, ging allerdings trotz zweifacher Nominierung nur mit einer Trophäe nach Hause. Allerdings war es nicht der Film selbst, der gewann, sondern das Sound-Design. Ob Van Sants Regiestil in „Last Days“ nun preisverdächtig, innovativ und einfach nur möchte-gern-intellektuell ist, bleibt jedem selbst überlassen. Auch wenn die Kameraführung mit ihren unscharfen Bildern in „Last Days“ wohl als Beruhigungs- und Schlafmittel sicher rezeptpflichtig sein könnte, trifft der Stil das Thema des Films auf den Punkt. Der Weg von der Drogenabhängigkeit in den Selbstmord ist nun mal nicht hektisch und spannend, sondern schleppend, verstörend und gänzlich ohne Glanz und Gloria.
Obwohl „Last Days“ vom Leben eines Rockmusikers handelt, verzichtet Van Sant auf einen ohrenbetäubenden Soundtrack. Die wenigen Stücke, die den Film untermalen, stammen teilweise tatsächlich aus der Feder des Hauptdarstellers und geben „Last Days“ nicht nur eine persönliche Note, sondern zusätzlich sehr viel Authentizität. Auch wenn der Film über lange Strecken langweilig vor sich hin plätschert, gibt es immer wieder kleine Szenen, die verständlich machen, warum der Film der Cannes-Jury gefallen hat. Besonders Blakes Todesszene sei hier ans Herz gelegt.
„Last Days“ ist einer der Filme, über sich durchaus streiten lässt. Zwischen künstlerisch anspruchsvoll und einfach nur übertrieben langweilig liegen bekanntlich Welten. Doch bei Gus Van Sants Werk wird jeder Zuschauer seine eigene Meinung haben. Auch wenn Gus Van Sant in seinen beiden Vorgängern Elephant und „Gerry“ eindeutig eine bessere Leistung abgeliefert hat, ist „Last Days“ für Van-Sant-Fans auf jeden Fall sehenswert. Wer allerdings auf eine spannende Kurt-Cobain-Biographie wartet, der sollte besser die Finger von dem Film lassen, und sich stattdessen ein paar Nirvana-Alben anhören.