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    Lieber Frankie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Lieber Frankie
    Von Alina Bacher

    Schön zu wissen, dass es auch in Zeiten, in denen auf unseren Kinoleinwänden ein wahrer Wettkampf um die teuersten und aufwändigsten Hollywood-Blockbuster tobt, auch kleine, eher unspektakulär wirkende Filme eine Chance bekommen. Mit ihrem Debütspielfilm „Lieber Frankie“ beweist Regisseurin Shona Auerbach, dass genau diese kleinen Filmproduktionen mit einfühlsamen Geschichten dem Kino wieder etwas von seinem eigentlichen Charme zurückgeben. Das fanden auch die Besucher der Filmfestspiele in Cannes. Dort wurde „Lieber Frankie“ als einer der überraschenden Publikumshits überschwänglich umjubelt. Fast ein Jahr später kommt nun auch das deutsche Kinopublikum in den Genuss des Filmjuwels.

    Der neunjährige, gehörlose Frankie (Jack McElhone) und seine Mutter Lizzie (Emily Mortimer) führen ein ziemlich unstetes Leben. Ständig ziehen sie von einem schottischen Städtchen ins nächste. Nicht leicht für den kleinen Frankie. Kaum hat er in seiner neuen Heimat Freunde gefunden, muss er schon wieder weiter. Das einzige, das Frankie immer wieder Hoffnung gibt, sind die Briefe seines Vaters, einem Matrosen auf dem Frachtschiff HMS Accra. Obwohl Frankie seinen Vater noch nie getroffen hat, baut er zu ihm, dank den Briefen aus aller Herren Länder, ein inniges Verhältnis auf. Was Frankie nicht weiß: Die Briefe stammen von seiner Mutter, die ihm auf diese Weise verheimlichen möchte, dass Frankies Vater ein gewalttätiger Schläger ist und sie ihn deswegen verlassen hat. Als dann eines Tages tatsächlich die HMS Accra in Frankies kleinem Heimatort vor Anker geht, steht Lizzie vor einer schwierigen Wahl: Entweder erzählt sie ihrem Sohn die traurige Wahrheit oder sie findet einen Mann, der ihr Spiel für einen Tag mitspielt und dem kleinen Frankie der Vater ist, den er aus den Briefen kennt.

    Mit viel Zärtlichkeit und Poesie erzählt Shona Auerbach in ihrem ersten Spielfilm „Lieber Frankie“ eine rührende Geschichte, ohne dabei in Kitsch oder Pathos abzudriften. Statt dem Zuschauer mit erhobenem Zeigefinger Sozialkritik einzutrichtern, zaubert der Film mit seinem liebenswürdigen Humor jedem ein Schmunzeln aufs Gesicht. Leichtfüßig schwebt die Geschichte dahin und nimmt mit wunderschön fotografierten Aufnahmen der schottischen Meeresküsten die Zuschauer mit in die kleine Welt des tauben Frankie. Man kann das Meeresrauschen förmlich hören, das Salz auf den Lippen brennen spüren, wenn man Frankie und seinen „Vater“ am Strand um die Wette laufen sieht.

    Obwohl die Handlung leicht vorhersehbar ist und an manchen Stellen fast zu klischeehaft wirkt, macht es trotzdem Spaß, den Schauspielern in ihren Rollen zuzusehen. Besonders überrascht hat Gerard Butler, der zuletzt als mysteriöses Phantom in der Joel Schumachers „Das Phantom der Oper“ zu sehen war. Während er in der Musicalverfilmung zumindest sein Gesangstalent unter Beweis stellen durfte, zeigt der gebürtige Schotte in der Rolle des „gekauften“ Vaters, dass er auch als Schauspieler überzeugen kann. Emily Mortimer, die dem eifrigen Kinogänger vielleicht aus „The Kid“ mit Bruce Willis bekannt ist, ist für die Rolle der alleinstehenden Mutter die absolute Traumbesetzung und überzeugt bereits nach den ersten Filmminuten. Wahrlich ergreifend spielt auch der junge Jack McElhone. Seine Darstellung des gehörlosen Frankies ist so gut gelungen, dass er im Casting bereits seine tauben Mitstreiter ausstechen konnte und auch im Film steht er seinen erwachsenen Kollegen in nichts nach.

    Auch wenn die Dialoge eher spärlich ausfallen, erzählt die Geschichte doch um einiges mehr als manch anderer Film. Besonders die Szene zwischen Lizzie und ihrem „Kaufvater“ im Türrahmen macht das deutlich. Es fällt kein einziges Wort und trotzdem ist jedem klar, was die beiden gerade denken. Ein kleiner Wehrmutstropfen: Besonders zu Beginn des Films ist das Erzähltempo schleppend, doch nur so kann sich die Story langsam und sanft entfalten. Über die etwaigen Längen trösten aber die wunderschönen Landschaftsaufnahmen hinweg, die allesamt einem Bildband über Schottland entnommen sein könnten.

    Das kleine, liebenswerte Herzschmerz-Drama ist genau das Richtige für verregnete Apriltage oder auch als Muttertagsgeschenk. Wer allerdings im Kino lieber sein Hirn abschalten will und auf monumentale Unterhaltung wartet, sollte einen anderen Film wählen, denn entspannt verlässt man nach „Lieber Frankie“ den Kinosaal sicher nicht, sondern mit ein paar Tränchen im Augenwinkel und einem Schmunzeln auf den Lippen. Doch genau das ist es, das diesen Film auszeichnet. Gott sei Dank gibt es alle Jahre wieder diese kleinen Filmjuwelen, die das Herz eines Kinogängers höher schlagen lassen!

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