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    Ella - Verflixt und zauberhaft
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Ella - Verflixt und zauberhaft
    Von Christoph Petersen

    Nach einer Rolle in der Familienserie „Sechs unter einem Dach“ wurde Schauspielerin Anne Hathaway beim Casting zu Plötzlich Prinzessin vom Fleck weg für ihre erste Kinohauptrolle besetzt - aber nicht etwa, weil das Vorsprechen an sich die Macher so sehr überzeugt hätte, sondern weil Anne auf eine ungeheuer niedliche Weise von Stuhl gefallen ist. Ob diese Anekdote nun der Wahrheit entspricht oder nur ein einfacher Publicity-Gag ist, macht eigentlich keinen Unterschied, auf jeden Fall bringt sie die Qualitäten von Anne Hathaway auf den Punkt: Nicht prestige- oder preisträchtige Rollen haben ihren Erfolg begründet, sondern die unglaubliche Ausstrahlung und Natürlichkeit, mit denen sie in den Plötzlich Prinzessin-Teilen trotz ihres eindimensionalen Charakters groß auftrumpfen und den Zuschauer für sich einnehmen konnte. Ob sie als ambitionierte Schauspielerin nach den Rollen als Jake Gyllenhaals Südstaatenbraut in Brokeback Mountain oder als Gangsta imitierende Reichentochter in Havoc weiterhin soviel Erfolg haben wird, steht in den Sternen. Aber zumindest sollte man sich die Chance nicht entgehen lassen, in der romantischen Märchenkomödie „Ella“ noch ein vielleicht letztes Mal die alte Anne bewundern zu können.

    Kurz nach ihrer Geburt bekommt Ella (Anne Hathaway, Plötzlich Prinzessin 2, Nicholas Nickleby) von ihrer Patentante, der durchgeknallten Fee Lucinda (Vivian A. Vox, Boat Trip, Kill Bill Vol. 1), ein ungewöhnliches Geschenk: absolute Gehorsamkeit. Fortan muss Ella jeden Befehl ausführen, egal wer ihn erteilt. Nach dem Tod ihrer Mutter muss Ellas Vater die schreckliche Dame Olga (Joanna Lumley) und ihre beiden schrecklich dummen Töchter Hattie (Lucy Punch, Being Julia) und Olive (Jennifer Higham) ins Haus holen, um weiter die Miete bezahlen zu können. Als die bösen Stiefschwestern Ellas Geheimnis entdecken und rücksichtslos ausnutzen, wird es Ella endgültig zuviel. Sie macht sich auf, ihre ihre Patentante zu finden, um das nervige Präsent endlich wieder loszuwerden. Auf ihrer Reise begegnet sie dem Teenieschwarm-Prinzen Char (Hugh Dancy, King Arthur, Basic Instinct 2), der sich sofort in Ella verliebt, weil sie als einzige nicht kreischend hinter ihm her rennt. Ella kann mit dem naiven Prinzen, der alle Staatsgeschäfte seinem hinterhältigen Onkel Edgar (Cary Elwes, Saw) überlässt, aber wenig anfangen. Erst nach und nach kommen sie sich näher, lösen sowohl Ellas als auch die Probleme des Königreiches und verhindern ein finsteres Komplott, das den beiden fast das Leben kostet…

    In erster Linie ist „Ella“ ein sehr unterhaltsam, äußerst phantasievoll und ungewöhnlich intelligent erzähltes romantisches Märchen. Dabei tragen die karikierten, überhöhten und parodierten Märchenelemente erheblich mehr zur Qualität des Films bei als die eigentliche Liebesgeschichte zwischen Ella und ihrem Prinzen, die lediglich durchschnittliches Genre-Niveau erreicht. Aber man hat eh nicht mehr genügend Aufmerksamkeit für die Romanze über, vielmehr muss man sich schon genug konzentrieren, um die ganzen kleinen Anspielungen am Rande und die herrlichen Anachronismen im Hintergrund auch wirklich alle mitzubekommen – es ist einfach urkomisch, wenn die alte Holztreppe unerwartet zu „rollen“ anfängt oder der attraktive Prinz á la Tokio Hotel vor seinem kreischenden Girlie-Fanclub zu fliehen versucht. „Ella“ ist so sehr mit kleinen Einfällen voll gestopft, dass es nicht sonderlich stört, die oberflächliche Liebesgeschichte nur als unterstützendes Beiwerk zu betrachten.

    “Stinking Brothers Grimm!“ Es ist die sehr offensiv in den Film eingebettete politische Komponente, die „Ella“ nicht nur sympathisch, sondern wirklich sehenswert macht. Die Märchenwelt in „Ella“ ist von Vorurteilen und Apartheid durchzogen, Elfen ist es zum Beispiel per Gesetz verboten, einen anderen Job als Sänger oder Tänzer auszuüben, den Riesen wurden ihre Felder enteignet, auf denen sie nun als Sklaven schuften müssen. Schon in einer der ersten Szenen des Films setzt sich Ella gegen die Vertreibung der Oger ein, leitet nur wenig später eine Demo gegen den so genannten „Ogricide“ (angelehnt an Genocide = Völkermord). Dabei trifft der Film mit seiner Faschismussatire genau den richtigen Ton – er ist verspielt genug, so dass auch das junge Zielpublikum ohne Probleme mit der Kritik umgehen kann, lässt auf der anderen Seite aber auch die gebotene Ernsthaftigkeit in den fraglichen Momenten nie vermissen.

    Als zusätzlichen Bonus gibt es noch einige gelungene Kurzauftritte: „Monthy Python“-Urgestein Eric Idle macht als Erzähler auf schneidigen Märchenonkel, „Emergency Room“-Neuling Parminder Nagra (Kick It Like Beckham) würzt den Film noch mit einer treffenden Rassismusproblematik und „Germany´s Next Topmodel“-Moderatorin Heidi Klum hat als – wie könnte es anderes sein – Riesin trotz gewaltigem Größenunterschied eine Affäre mit einem juristisch veranlagten Elf. So bietet „Ella“ sowohl für Fans der leichten Kost, als auch für all diejenigen, die sich nicht dafür zu schade sind, auch in einem Kinderfilm nach Substanz zu suchen, beste Unterhaltung.

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