Nachdem Ridley Scott mit seinen vorangegangenen Filmen, nämlich "Alien" und "Blade Runner", zwei beängstigend triste und düstere Zukunftsentwürfe abgeliefert hatte, stand ihm offensichtlich der Sinn nach ein wenig Abwechslung: Statt grauen, vom sauren Regen verwitterten Straßenschluchten wie in "Blade Runner" zeigt er in "Legende" von 1985 einen verschneiten Märchenwald mit schwebenden Elfen, freundlichen Zwergen und reimenden Kobolden, in dem ein blutjunger Tom Cruise mit großen, staunenden Augen seinen Weg vom Peter Pan-Verschnitt zum Helden findet. Wie immer bei Scott, kann man sich auch dieses Mal an den aufwändigen Sets und sorgfältig arrangierten Bildern kaum satt sehen, doch die darin verpackte Geschichte bleibt seltsam leblos.
Schon lange plant der Herr der Finsternis (Tim Curry) seine Rückkehr auf den Thron der Welt, von dem ihn Licht und Liebe am Anbeginn der Zeit vertrieben haben. Also schickt er eine Truppe böser Kobolde los, die ihm die Hörner der beiden letzten Einhörner bringen sollen, welche durch ihre magische Natur das Gute in der Welt beschützen. Die scheuen Kreaturen können allerdings nur von einem Wesen mit unschuldigem Herzen aufgespürt werden. Also heften sich die Unholde an die Fersen von Prinzessin Lily (Mia Sara). Die ist auf dem Weg in den Märchenwald, um Jack (Tom Cruise) zu treffen, der die Sprachen der Tiere spricht. Wie versprochen führt er sie zu den Einhörnern – und den Verfolgern gelingt es, eines von ihnen zu töten. Sofort wird es Winter auf der Welt, und die Kobolde nehmen Lily und das letzte Einhorn gefangen, um sie dem Herrn der Finsternis auszuliefern.
An der visuellen Gestaltung kann es jedenfalls nicht gelegen haben, dass Scotts Kunstmärchen an den Kinokassen seinerzeit gnadenlos baden ging. Die Sets des Waldes und der Festung der Fieslinge beeindrucken mit ihrer Detailverliebtheit und schaffen eine überhöhte Realität, die eine geeignete Bühne für die bizarren Kreaturen schafft, die sie bevölkern. Diese stammen von Rob Bottin, der sich ein paar Jahre zuvor mit John Carpenters SciFi-Horror "Das Ding aus einer anderen Welt" einen Namen gemacht hatte. In dieser Produktion konnte er bei der Gestaltung der Fabelwesen offensichtlich munter aus dem Vollen schöpfen: So haben die Kobolde karikaturhafte Gesichter mit langen Hexennasen, und der Herr der Finsternis müsste mit seinen überdimensionierten Stierhörnern im Grunde jeden Moment vorne überkippen. Insgesamt wirkt der Look weniger von alten Legenden inspiriert als von den opulenten Fantasy-Comics der 80er-Jahre, wie etwa "Elfenwelt".
Auf das Drehbuch scheint jedoch weit weniger Sorgfalt verwendet worden zu sein. Es wird zwar durchaus deutlich, dass Scott und Drehuchautor William Hjortsberg den simplen Kern eines zeitlosen Mythos von Gut gegen Böse herausarbeiten wollten. Doch die Künstlichkeit der Geschichte bleibt in jeder Sekunde präsent und kann den Zuschauer nicht berühren. Erschwerend kommt hinzu, dass der Plot ohne Stringenz von Station zu Station holpert und sich die Figuren in einer pseudo-altertümlichen und furchtbar gestelzten Sprache unterhalten.
Fazit: In Ridleys Scotts Karriere gilt "Legende" als eine der ersten Arbeiten, die nicht nur finanziell, sondern auch künstlerisch misslang. An den Schauwerten kann man sich dennoch nach wie vor erfreuen, wenn einen auch die arg ungeschickt konstruierte Geschichte über weite Strecken kalt lässt.