Es gibt Filmgenres, die sind so überflüssig wie ein überfahrener Hering im Frühstücksmüsli. Dazu zählt jene schlicht nicht tot zu bekommende Gattung von Klamauk- und Ekel-Komödien, die seit den Gebrüdern Farrelly, die erstmals 1998 mit „Verrückt nach Mary“ die Grenzen des guten Geschmacks zu feindlichen Linien erklärten, im Kino um Lacher buhlen. Während sich die bekannten Claqueure der Grossout-Comedy à la Keenen Ivory Wayans oder der immer noch nicht gänzlich mumifizierte David Zucker mit Machwerken wie „White Chicks“ oder „Scary Movie 3“ gegenseitig auf der nach oben offenen Röchel-Skala zu übertreffen versuchen, fischen nebenbei noch untalentiertere Mitläufer des ebenso unlustigen wie unästhetischen Blödel-Wahns wie Steven Brill in der trüben Komödien-Suppe. Der beglückte die Welt unter anderem mit den beiden vergleichsweise harmlosen Adam-Sandler-Vehikeln „Little Nicky“ und „Mr. Deeds“. In seinem neuesten Oevre „Trouble ohne Paddel” schickt Brill drei Jugendfreunde ins tiefste amerikanische Hinterwäldlerland auf die Suche nach gelungenen Kalauern – allerdings ohne auch nur den Hauch einer Chance.
Stilistisch und qualitativ könnte man „Trouble ohne Paddel“ problemlos in die Ecke der Teenie-Klamauk-Orgien packen, auch wenn die drei Hauptdarsteller dieses Alter bereits deutlich hinter sich gelassen haben. Der Film beginnt mit einem nostalgischen Flashback auf zurückliegende Kindertage, als die vier Freunde Dan, Jerry, Tom und Billy jede freie Minute miteinander verbrachten. Runde zwanzig Jahre später treffen sich Dan, Jerry und Tom, inzwischen alle Anfang Dreißig, bei der Beerdigung von Billy, der bei einem Unfall starb, wieder und beschließen überwältigt von Kindheitserinnerungen, sich per Kanu auf die Suche nach der in den Wäldern von Oregon verschollenen Beute eines Jahrzehnte zurückliegenden Bankraubes nebst Leiche des dazugehörigen Bankräubers zu machen. „Billys Tour“, wie sie die Bootsfahrt nennen, war jahrelang von ihrem gerade unter die Erde gebrachten Jugendfreund ausgetüftelt, organisiert und vorbereitet worden, und nun soll das geheimnisumwitterte Kindheitsprojekt zum Gedenken an den Verstorbenen endlich in die Tat umgesetzt werden. Dumm nur, dass die drei weder mit den Stromschnellen noch der eigenen Unfähigkeit zum sinnentnehmenden Lesen von Karten gerechnet haben, und sich alsbald fernab jeglicher Zivilisation „Without A Paddle“ (so der Originaltitel) mittendrin im schönsten Waldschlamassel wiederfinden.
So einfach werden sich die Produzenten das gedacht haben: Man nehme drei aus diversen Nebenrollen leidlich bekannte Darsteller der B-Movie-Kategorie, schicke sie auf Schatzsuche in die Wälder Oregons und lasse sie dabei von einer Absurdität (knurrende Rehe, überfürsorgliche Bärenmamas, durchgeknallte Hinterwäldler und haarige Waldnymphen) in die Nächste stolpern, und fertig ist das kassenträchtige Klamauk-Adventure. Von wegen: „Trouble ohne Paddel“ kann sich zu keinem Zeitpunkt entscheiden, ob es humorvolles Abenteuer-Movie, vulgäre Grossout-Comedy oder wamherzige Coming-Of-Age-Komödie sein will.
Die überdeutlichen Anleihen, die Steven Brill mit der Schatz- und Leichensuche seiner drei irgendwo im pubertären Frühstadium stehen gebliebenen Protagonisten bei Klassikern wie Rob Reiners „Stand By Me“ und Richard Donners „Goonies“ nimmt, sind ebenso platt, überflüssig und peinlich wie das konfus zusammengesponnene Drehbuch mit seiner ganzen Palette unausgegorener Second-Hand-Kalauer aus dem Resteverkauf zurückliegender filmischer Komödienstadl, angefangen von den unvermeidlichen Schwulenwitzchen über die Genre-übliche Anhäufung menschlicher und tierischer Exkremente bis hin zu völlig deplatzierten „Matrix“- und „Star Wars“-Zitaten. Auch wenn die Gags nicht gar so grell daherkommen wie bei den Kollegen Farrelly, genießbarer sind sie dadurch auch nicht: Während die Farrellys im Skurrilen das Menschliche entdecken und bei aller Derbheit meist darauf bedacht sind, Außenseitern und Freaks ihre Würde zurückzugeben (speziell zuletzt in „Unzertrennlich“), schwelgt Steven Brill einzig im Vulgären. Seine Gags sind weder tabubrechend provokant, noch haben sie Herz, sondern sind nur einschläfernd langweilig und seelenlos dahererzählte Geschmacklosigkeiten. Und das Motiv vom männlichen Befreiungsprozess drei in der Pubertät Hängengebliebender ist ohnehin nur Staffage für Steven Brills geisttötend eintönige Nullpointen-Parade.
Auch die Darsteller können da kaum etwas retten: Seth Green, seit seinen Zeiten als Werwolf Oz in der TV-Serie „Buffy“ zur kommerziellen Erfolglosigkeit verdammt, könnte wenigstens noch als Neuröslein-beladener Jung-Akademiker ein paar Sympathiepunkte machen, würde er seinen asthmatischen Angsthasen Dan nicht von Anfang so enervierend übertrieben inszenieren. Matthew Lillard, neben Jim Carrey Hollywoods Fratzenschneider vom Dienst, nervt als surfender Sunnyboy Jerry mit Veranlagung zur Dauer-Hysterie nicht mehr und nicht weniger als in jedem anderen Film auch. Da mutet es schon fast skurril an, dass MTV-Epigone Dax Shepard als Tunichgut, Herumtreiber und Allzeitversager Tom seiner Figur wenigstens einen Ansatz von Glaubwürdigkeit zu verleihen vermag.
Am schlimmsten wiegt jedoch, dass sich Steven Brill mit den beiden schießwütigen und dynamitfischenden Wildecker-Herzbuben-Anwärtern Dennis und Elwood (!), die nach dem versehentlichen Abfackeln ihrer Marihuana-Plantage in der zweiten Hälfte des Films unablässig Jagd auf das Dilettanten-Trio machen, allen Ernstes an einem filmischen Meilenstein wie „Deliverance“ vergreift: John Boormans furios inszenierter Alptraum von 1971 ließ vier Freizeit-Abenteurer (Jon Voight, Burt Reynolds, Ned Beatty, Ronny Cox) bei einer Kanu-Fahrt auf dem Chattooga ins Fadenkreuz mörderischer Hinterwäldler geraten und etablierte sich zu einem Kultklassiker mit Auswirkungen bis ins zeitgenössische Horror-Kino („Wrong Turn“, „Cabin Fever“).
Dass sich ausgerechnet „Deliverance“-Hauptdarsteller Burt Reynolds in „Trouble ohne Paddel“ für ein unterirdisch peinliches Cameo als bärtiges Rübezahl-Duplikat hergibt, soll wohl erst recht den Anspruch als Parodie des Boorman-Klassikers untermauern, vervollständigt jedoch nur das traurige Nonsens-Ensemble. Gute Laune hat man nach Steven Brills Kalauer-Trip durch die Wälder, Gewässer und Kothaufen Oregons nicht. Die dürfte nämlich die gleiche Richtung genommen haben wie das titelgebende Paddel: Abwärts in die Tiefe, gluck, gluck, gluck...